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Der Gegenstand und das Denken über den Gegenstand

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Zeit und Recht

Part of the book series: Forschungen aus Staat und Recht ((STAAT,volume 100))

Zusammenfassung

Nach dem II. Weltkrieg war das Studium generale eine europaweite Leitvorstellung für wissenschaftliche Bildung. Aus dem Zusammenbruch der totalitären Herrschaft des „Dritten Reiches“ erwuchs damals eine neue Freiheit des Denkens. Sie weckte in uns Studierenden einen unbändigen Wissensdrang und ein schier grenzenloses Erkenntnisstreben. Für einige Zeit schien dieser Drang aus ideologischen Engen in die große Weite des Geistes auch zu bleibenden organisatorischen Formen zu führen. Das Studium generale sollte an den Universitäten institutionalisiert werden. Versuchsfeld war das von der schicksalsgeprüften Kriegsgeneration an den österreichischen Universitäten gegründete Österreichische College. Alljährlich fanden im Gebirgsdorf Alpbach internationale Begegnungen statt. Dort wurden unter den Leitideen des Studium generale Hochschulwochen veranstaltet. In Verbindung mit Vorträgen und in Arbeitskreisen vollzogen sich in der Naturlandschaft der Tiroler Berge völkerverbindende und kulturoffene wissenschaftliche Gespräche zwischen Lehrenden und Lernenden aus allen Wissensbereichen. Ihre Zielsetzung war die gegenseitige Aufschließung der universitären Fachbereiche in die Vielfalt und Komplexität des erfahrbaren Wissens durch ein universell angelegtes, interdisziplinäres Erkenntnisbemühen.

De nobis ipsis silemus: De re autern, quae agitur, petimus:ut homines earn non Opinionem, sed Opus esse cogitent; ac pro certo habeant, non Sectae nos alicuius, aut Placiti, sed utilitatis et amplitudinis humanae fundament a moliri.

Baco de Verulamio, Instaurano magna

Über uns selbst wollen wir schweigen. Zur Sache aber, die hier abgehandelt wird, bitten wir zu bedenken, daß es uns nicht etwa um eine bloße Meinung, sondern um ein Werk geht. Man möge es für gewiß halten, daß wir weder irgendeiner Schule noch einem Dogma dienen wollen, sondern dem Nutzen und dem Ansehen der Grundanliegen menschlicher Existenz (FRANCIS BACON, Vorwort zur Instaurano magna; sinngemäße Übertragung in die deutsche Sprache durch den Autor).

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Notes

  1. Zur Vorstellung von einem derartigen Studium generale siehe Schrödinger, Die Natur und die Griechen (1954/1987). Zum menschlichen und wissenschaftlichen Ambiente der Internationalen Hochschulkurse im damaligen Alpbach anschaulich Feyerabend, Zeitverschwendung (1995) insbes 97 ff, 102 f, 111 ff, 139 f, 147 f. Erwin Schrödinger war zur Zeit meiner Teilnahme an den Internationalen Hochschulwochen in Alpbach von 1950 bis 1956 neben Max Hartmann, Friedrich A. v. Hayek und Karl Popper eine der wissenschaftlichen Leitfiguren der allgemeinbildenden, fachüberschreitenden Gespräche in Alpbach. Wortkarg und bescheiden verkörperte er in seiner Altersreife den ruhenden Gegenpol zu dem jugendlich ungestümen Paul Feyerabend, der den redegewandten Karl Popper mit großer Leidenschaft immer wieder von neuem zu wissenschaftlichen Streitgesprächen öffentlich herausforderte. Wolfgang Stegmüller, der sich über das Sein des Seienden belustigte, wurde damals bereits als ein künftiger Großer der analytischen Philosophie angesehen. Hans Albert, der jetzige wissenschaftliche Betreuer der wissenschaftlichen Seminare in Alpbach, qualifizierte im Jahr 1956 in einem Seminar über Legalität und Revolution, das Friedrich Nowakowski unter meiner Mitwirkung veranstaltete, die allgemeinen Wertbegriffe des Rechts aus einer gegenstandsfernen Sicht als Leerformeln. Er glaubte mit Ernst Topitsch allen Ernstes, in Hans Kelsen einen großen Ideologiekritiker erkannt zu haben.

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  2. Siehe dazu meine sachfragenbezogenen methodologischen Abhandlungen in: Orientierungen im öffentlichen Recht (1979); Theorie und Methode in der Rechtswissenschaft (1989); Studien zum Verfassungsrecht (1991).

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  3. Siehe dazu die näheren Ausführungen unten im fünften Abschnitt.

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  4. Dieser Charakteristik bedient sich auch A. Kaufmann, Problemgeschichte der Rechtsphilosophie, in: Kaufmann — Hassemer (Hg), Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart6 (1994) 150 ff.

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  5. Kant, Kritik der reinen Vernunft, Werkausgabe III, 187 (Hervorhebung von Kant).

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© 1995 Springer-Verlag Wien

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Winkler, G. (1995). Der Gegenstand und das Denken über den Gegenstand. In: Zeit und Recht. Forschungen aus Staat und Recht, vol 100. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-6609-3_1

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