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Strukturgenetische Rekonstruktion der Wissenschaftsgeschichte

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Vom Ursprung zum Prozeß

Part of the book series: Reihe Theorie des sozialen und kulturellen Wandels ((WANDEL,volume 1))

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Zusammenfassung

Jede Soziologie der Erkenntnis ist heute auf die Geschichte rückverwiesen, wenn sie an das Wissen unserer Zeit anknüpfen will. Zu diesem gehört die in der Anthropologie formulierte Erkenntnis, daß die geistig-kulturellen Lebensformen des Menschen auf dem Boden und im Anschluß an eine naturale Ausgangslage sich entwickeln. Eine naturalistische Theorie des Geistes muß aber die Einsichten der modernen Biologie aufnehmen, wonach der biologische Ausgangslage des Menschen ebensowenig Geist eignet wie der übrigen Natur. Geist, Wissen und Erkenntnis sind Resultate eines konstruktiven Aufbauprozesses, dessen natürliche Voraussetzungen das Entwicklungsresultat gerade noch nicht in sich enthalten. Das Resultat kann nicht anders denn als emergente, an die Natur anschließende Organisationsform des Lebendigen verstanden werden.1 Dieser Prozeß findet in jeder Ontogenese statt, vermittelt ist er über die aktiven Auseinandersetzungen des Organismus mit seiner physikalischen und sozialen Außenwelt.

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Literatur

  1. Deshalb verschränkt Plessner die beiden Seiten der Natur-Kultur-Differenz in seinem anthropologischen Grundgesetz der „natürlichen Künstlichkeit“, vgl. H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, S. 309 ff. Zum Verhältnis zwischen dem naturgeschichtlichen Abbau rigider Wahrnehmungs-und Verhaltensschemata und der Entwicklung geistig-kultureller Lebensformen als deren Substitut vgl. G. Dux, Die Logik der Weltbilder, S. z6 ff.

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  2. Vgl. zum folgenden G. Dux, Die Logik der Weltbilder; dens., Die Zeit in der Geschichte, S. 23 ff.; ders., Die ontogenetische und historische Entwicklung des Geistes.

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  3. Assimilation bezeichnet die Anwendung eines bestehenden Wahrnehmungs-, Hand-lungs-oder Erkenntnisschemas auf einen Gegenstand, Akkommodation hingegen die Modifikation eines solchen Schemas im Zuge der Anwendung auf Gegenstände. Äquilibration kennzeichnet keinen statischen Gleichgewichtszustand, sondern einen dynamischen, stets neue Formen von Gleichgewicht erzeugenden Prozeß. Die Gleichgewichtsrelation wird dabei dreifach erzeugt: zwischen den Schemata und der Außenwelt (bzw. zwischen Assimilation und Akkommodation), zwischen den Schemata selbst, und zwischen Differenzierung und Integration der Schemata. Vgl. Kapitel vtt, 3.

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  4. So aber E. Durkheim, Die elementaren Formen des religiösen Lebens; L. Lévy-Bruhl, Das Denken der Naturvölker; ders., Die geistige Welt der Primitiven.

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  5. Vgl. G. Dux, Die Logik der Weltbilder, S. 76 ff.; ders., Die ontogenetische und historische Entwicklung des Geistes.

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  6. Erstere werde ich gelegentlich auch als „logisch-mathematische Kognition“, letztere als „physikalische Kognition” bezeichnen.

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  7. Vgl. zu dieser Unterscheidung G. Dux, Die Zeit in der Geschichte, S. z9; ders., Die ontogenetische und historische Entwicklung des Geistes, S. i8o ff.

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  8. Vgl. J. Piaget/R. Garcia, Understanding Causality, S. zr f., 64.

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  9. Diese Position vertritt Piaget ab der mittleren Werkphase, mit der das überragende Interesse an formallogischen Strukturen einsetzt, vgl. J. Piaget, Psychologie der Intelligenz, S.53 f.; J. Piaget/R. Garcia, Understanding Causality. Das Frühwerk kennt Gegenbeispiele, vgl. J. Piaget, The Child’s Conception of Physical Causality.

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  10. Vgl. zum Beispiel C. Lévi-Strauss, Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft, S. 148 ff.

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  11. Vgl. R. Case, Neo-Piagetian theories of child development; ders./W. Edelstein (Hg.), The New Structuralism Cognitive Development; P. R. Dasen/A. de Ribaupierre, Neo-Piagetian theories; V. L. Shulman u. a. (Hg.), The Future of Piagetian Theory; R. H. Wozniak/ K. W. Fischer (Hg.), Development in Context.

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  12. Vgl. für die relativistische Position: M. Cole u. a., The Cultual Context of Learning and Thinking; ders., An ethnographic psychology of cognition; S. Scribner, Modes of thinking and ways of speaking; S. Buck-Morss, Sozio-ökonomische Verzerrungen in Piagets Theorie; R. Horton, African traditional thought and Western science. Differenzierte empirische Befunde zeigen eher eine universale Entwicklungslinie der Subjektgenese, die allerdings nicht notwendigerweise von allen Subjekten vollständig durchlaufen wird. Insbesondere in relativ einfachen Gesellschaften ist stoppt die Entwicklung früher. Überdies weisen die theoretischen Begründungen für den Kulturrelativismus erhebliche Inkonsistenzen auf. Vgl. zur Kritik: P. R. Dasen, Concrete operational development in three cultures; ders., „Strong“ and „weak” universals; J. W. Berry u.a.,Cross-Cultural Psychology; Ch. R. Hallpike, Die Grundlagen primitiven Denkens; G. Dux, Die Zeit in der Geschichte.

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  13. Vgl. J. Piaget/A. Szeminska, Die Entwicklung des Zahlbegriffs beim Kinde.

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  14. Vgl. G. Dux, Die Logik der Weltbilder.

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  15. Vgl. J. Piaget, Sociological Studies.

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  16. Vgl. J. Piaget, Das Erwachen der Intelligenz beim Kinde; ders., Der Aufbau der Wirklichkeit beim Kinde.

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  17. Vgl. J. Piaget, Nachahmung, Spiel und Traum.

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  18. Vgl. J. Piaget, Urteil und Denkprozeß des Kindes.

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  19. Vgl. J. Piaget, Psychologie der Intelligenz, S. 38 ff.

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  20. Vgl. J. Piaget/B. Inhelder, Von der Logik des Kindes zur Logik des Heranwachsenden. as Vgl. J. Piaget, Der Strukturalismus.

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  21. Vgl. J. Piaget, Biologie und Erkenntnis, S. 17 ff.; R. Selman, Die Entwicklung des sozialen Verstehens, S. 71 ff., T. Sutter, Die „Logik der Entwicklung“; U. Wenzel, Die Rekonstruktion historischer kognitiver Strukturen.

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  22. J. Piaget, Biologie und Erkenntnis, S. 18.

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  23. Vgl. etwa die Analyse der Zeitvorstellungen unter operationalem und materialem Gesichtspunkt G. Dux, Die Zeit in der Geschichte.

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  24. Vgl. J. Piaget/R. Garcia, Understanding Causality, S. r ff., rzr ff. Kritisch hierzu G. Dux, Studien zur vorindustriellen Kausalität.

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  25. Vgl. etwa A. Colby/L. Kohlberg, Das moralische Urteil; R. L. Selman, Die Entwicklung des sozialen Verstehens. Kritisch hierzu, mit weiteren Literaturangaben, H. Joas, Praktische Intersubjektivität, S. 16z f.; M. Miller, Kollektive Lernprozesse, S. zog ff.

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  26. Vgl. als neuere Beispiele R. Case/W. Edelstein (Hg.), The New Structuralism in Cognitive Development; W. Edelstein/S. Hoppe-Graff (Hg.), Die Konstruktion kognitiver Strukturen.

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  27. M. Mead, An investigation of the thought of primitive children with special reference to animism; R. W. Russell/W. Dennis, Studies in animism; W. Dennis/R. W. Russell, Piaget’s questions applied to Zuni children; W. Dennis, Animism and related tendencies in Hopi children; ders., Animistic thinking among college and university students; ders., Animistic thinking among college and highschool students in the Near East; I. Huang/ H. W. Lee, Experimental analysis of child animism; G. Jahoda, Child animism.

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  28. Vgl. hierzu ausführlicher U. Wenzel, Kulturvergleichende Kognitionsforschung.

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  29. Die operationale Logik gilt Piaget nicht bloß als Ausdruck interiorisierten individuellen Handelns, sondern zugleich als Gleichgewichtsform sozialer Interaktionen. Die Logik ist „gleichzeitig individuell und sozial“, J. Piaget, Notwendigkeit und Bedeutung der vergleichenden Forschung in der Entwicklungspsychologie, S. 65. Vgl. hierzu R. Döbert, Die Entwicklung und Überwindung von „Universalpragmatik” bei Piaget.

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  30. Daneben - bzw. davor - sind für Piaget stets auch die Faktoren der biologischen Reifung zu beachten.

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  31. Vgl. J. Piaget, Notwendigkeit, S. 64 f.

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  32. Vgl. ebd., S. 70.

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  33. Der, wie unten deutlich werden wird, noch drastischer ausfällt, weil auch die volle Entwicklung der konkret-operationalen Kompetenzen nicht in allen Gesellschaften nachgewiesen werden kann.

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  34. J. Piaget, Die intellektuelle Entwicklung im Jugend-und im Erwachsenenalter.

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  35. Gerade so verfahren ja auch die von Piaget untersuchten Jugendlichen, vgl. J. Piaget/ B. Inhelder, Von der Logik des Kindes zur Logik des Heranwachsenden.

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  36. M. Cole u. a., The Cultural Context of Learning and Thinking, S. 233 (im Original hervorgehoben). Die Deutung wird im wesentlichen auch in neueren Publikationen der Experimental Anthropology aufrechterhalten, vgl. etwa D. Newman u. a., The Construction Zone, S. 123.

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  37. M. Cole, An ethnographic psychology of cognition, S. 473.

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  38. Ebd., S. 481.

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  39. Vgl. Sutters Kritik an der Verwendung des Begriffspaares Performanz/Kompetenz in den moraltheoretischen Untersuchungen Kohlbergs. T. Sutter, Moral aus der Perspektive der Amoral, S. 53 f.

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  40. Vgl. zum folgenden M. Chandler, Alternative readings of the competence-performance relation.

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  41. Ebd., S. 12.

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  42. Siehe hierzu ausführlicher unten, Kapitel vit.

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  43. Auch außerhalb der kulturvergleichenden Forschungsliteratur mehren sich seit einigen Jahren Arbeiten, die nach Maßgabe der als Typ (3) beschriebenen Konzeption des Begriffspaares Kompetenz/Performanz darauf abzielen, sogenannten „early competencies“ zu entdecken, d.h. die von Piaget beschriebenen kognitiven Strukturierungen bereits bei wesentlich jüngeren Kindern zu verorten. Vgl. neben vielen anderen R. Baillargeon, Object permanence in three and a half-and four and a half-month-oldinfants; ders. u. a., The acquisition of physical knowledge in infancy; S. A. Gelman/ Ch. W. Kalish, Categories and Causality; A. M. Leslie, A theory of agency; E. Spelke u. a., Early knowledge of object motion; dies. u. a., Infant’s knowledge of object motion and human action. Um mich auf die kulturvergleichende Kognitionsforschung konzentrieren zu können, gehe ich auf diese Strömung hier nicht näher ein. Die meisten der in diesem Abschnitt diskutierten theoretischen und methodologischen Kritiken am Theorietyp (3) lassen sich aber auch an der „early competence”-Bewegung substantiieren, vgl. hierzu J. Montangero, A constructivist framework for understanding early and late-developing psychological competencies; E. Schröder/W. Edelstein, Intrinsic and external constraints an the development of cognitive competence. Die im Rahmen der „early competencies“-Schriften vorgetragene These, wonach schon weit früher als dies in Piagets Studien der Fall zu sein schien, hochentwickelte Kompetenzen entstehen, ist zum Teil auf methodisch höchst fragwürdige Versuchsanordnungen zurückzuführen, bei denen mit suggestiven Stimuli gearbeitet wird (prägnantes Beispiel hierfür sind die Forschungen Subbotskys, vgl. E. Subbotsky, Foundations of the Mind; M. Cole/E. Subbotsky, The fate of stages past.) Seriösere Studien haben m. E. allenfalls belegen können, daß Kompetenzen sich bereits etwas früher zeigen, wenn man die Kriterien zu ihrer Feststellung drastisch senkt. Es war im Genetischen Strukturalismus nie zweifelhaft, daß den in den typischen Experimenten gemessenen Kompetenzen eine Entwicklung vorangeht, die zu diesen Kompetenzen führt. Mit veränderten Experimenten mißt man im günstigsten Fall diese Entwicklung, also nichts weiter als die unvollständigen Vorläufer und Anfänge bestimmter kognitiver Strukturen. Die Annahme von „intuitive theories”, die dem Kind angeblich schon im Alter von zwei bis drei Monaten ein im wesentlichen mechanistisches Kausalmodell zur Verfügung stellen, wird hierdurch jedenfalls nicht belegt.

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  44. Vgl. P. R. Dasen, Cross-cultural aspects of Piaget’s theory.

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  45. Vgl. ebd., S. 169.

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  46. So deutet auch P. Greenfield, Cross-cultural research and Piagetian Theory, den Effekt von Trainingsprozeduren.

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Wenzel, U. (2000). Strukturgenetische Rekonstruktion der Wissenschaftsgeschichte. In: Vom Ursprung zum Prozeß. Reihe Theorie des sozialen und kulturellen Wandels, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11781-0_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-11781-0_2

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