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Der feministische Diskurs der siebziger und achtziger Jahre

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Soziale Ungleichheit und Geschlecht

Part of the book series: Reihe „Sozialstrukturanalyse“ ((SSA,volume 13))

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Zusammenfassung

Bisher wurde ausgeführt, daß die Soziologie bis in die achtziger Jahre durch einen Hintergrundkonsens geprägt ist, der ‚soziale Ungleichheit‘ im wesentlichen als erwerbsarbeitsvermittelte, vertikale Strukturierung innerhalb von westlichen Industriegesellschaften begreift. Selbst die Infragestellung dieses vertikalen Paradigmas durch die Argumentationen von Offe und Habermas bleibt, wie im letzten Kapitel gezeigt wurde, durch ein unzulängliches Verständnis von Gesellschaftsstruktur und Geschlechterverhältnis gekennzeichnet. Damit erscheint die bereits bei den soziologischen Klassikern angelegte Geschlechtsblindheit nachhaltig tradiert.

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Literatur

  1. Weitere einflußreiche Diskussionsstränge sind die Diskussion um Gewalt und Sexualität, der auch in sozialhistorischer Perspektive geführte Täter-Opfer-Diskurs, der philosophische und soziopolitische Diskurs um Differenz und Gleichheit sowie erkenntnis-und wissenschaftstheoretische Kontroversen. Vgl. für verschiedene Schwerpunkte feministischer Theorieentwicklung seit Anfang der achtziger Jahre u.a. die Veröffentlichungen in der Reihe Forum Frauenforschung, Schriftenreihe der Sektion Frauenforschung in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, die Schwerpunktthemen in den Zeitschriften Feministische Studien, Zeitschrift für Frauenforschung und Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis.

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  2. Unberücksichtigt bleiben insbesondere Ansätze des sog. sozialistischen Feminismus. Sie sind in der deutschen Diskussion nicht so prominent wie in der angloamerikanischen Debatte, gleichwohl auch hierzulande durch kontinuierliche Diskussionszusammenhänge und theoretische Weiterentwicklung gekennzeichnet (vgl. insbesondere die Arbeiten der Argument-Frauengruppe bzw. Haug 1996 sowie Arbeiten aus dem Kontext der Sozialistischen Studiengruppen SOST und aus dem Institut für Marxistische Studien IMSF).

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  3. Vgl. von Werlhof 1978; Kontos/Walser 1979; Mies 1980; kritisch: Beer I983a, 1990: 47ff.; für die anglo-amerikanische Diskussion Benhabib/Cornell 1987: 2ff.

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  4. Die sog. radikalfeministischen Ansätze entwickeln Vorstellungen von Frauenunterdrükkung wesentlich an der Analyse von Sexualität (und Generativität) und Gewalt (vgl. Firestone 1976 (amerik. Original 1970); Brownmiller 1980 (engl. Original 1976)).

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  5. Neben der dualen Konzeption von,Kapitalismus und Patriarchat’ gibt es weitere dualistische Konzeptionen. So konzipiert Delphy,Familie und Erwerbssphäre’ als zwei Systeme, die durch unterschiedliche Produktionsweisen gekennzeichnet sind (Delphy 1977; zur Kritik vgl. Beechey 1987: 102ff. sowie Lewis 1985). Weitere Konzeptionen heben auf die Trennung von,Öffentlichkeit und Privatsphäre’ ab und setzen diese tendenziell mit geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung gleich (zur Kritik vgl. Pateman 1989: 118ff.).

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  6. Vgl. Barrett 1983; Hausen 1986; Gerhard 1991; Knapp 1992.

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  7. Vgl. etwa zur,politökonomischen Bestimmung von Hausarbeit und Frauenunterdrückung’ Rohwer 1985; Heise 1986; Sozialistische Studiengruppen (SOST) 1984; Flessner u.a. 1989; Herkommer/Mühlhaus 1992.

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  8. Der französische Anthropologe Meillassoux untersucht in seiner Studie die Gesetze der Produktion und Reproduktion bestimmter bäuerlicher Subsistenzgemeinschaften als sog. integrale Gesellschaften (Meillassoux 1976). Er formuliert die These, daß diese heute als solche nicht mehr bestehen, sondern im Weltmaßstab zunehmend der kapitalistischen Produktionsweise subsumiert werden. Dabei werden die,Ressourcen’ dieser nichtkapitalistischen häuslichen Produktionsweise im Sinn einer fortgesetzten ursprünglichen Akkumulation für den Kapitalismus genutzt: In Form von Arbeitsemigranten in den Metropolen und in Form von Produktionsaufnahmen in der Peripherie, so daß es zu einem Mechanismus imperialistischer Überausbeutung komme. Senghaas-Knobloch überträgt diesen Ansatz auf die Analyse der,Reproduktionsbedingungen metropolitaner Gesellschaftsformationen’ (Senghaas-Knobloch 1976: 545) und stellt insbesondere die Rolle der unentgeltlichen weiblichen Haus-und Familienarbeit als Alimentierung kapitalistischer Produktionsverhältnisse heraus.

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  9. So geht Senghaas-Knobloch in Anlehnung an Marx davon aus, daß es im entfalteten Kapitalismus zu einer Restitution der eigentlich in Auflösung begriffenen bürgerlichen Familie komme, und daß die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, wie sie sich in der Zuweisung der Familienarbeit an Frauen ausdrücke, ein,Erbe’ vorkapitalistischer Gesellschaftsformationen sei (vgl. fir eine differenziertere Bestimmung vorkapitalistischer Familienformen insbesondere Rosenbaum 1982).

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  10. Vor allem dieser Strang der deutschen Frauenforschung hat in die internationale bzw. englischsprachige feministische Diskussion Eingang gefunden (vgl. u.a. Connell 1990: 516). In der deutschen Frauenforschung war und ist der Ansatz wegen seiner politökonomisch gewalttheoretischen Ausrichtung wie auch seiner totalisierenden Perspektive umstritten (vgl. u.a. Beer 19836; Knapp 1987; Kulawik/Sauer 1996). Zugleich ist er mit seinem unmißverständlichen Anspruch auf Parteilichkeit der Forschung und Verbindung von Theoriearbeit und politischer Praxis einflußreich. Dies läßt sich insbesondere an der anhaltenden Diskussion um Maria Mies’ methodische Postulate zur Frauenforschung (Mies 1978; Wiederabdruck 1984; 1994) ablesen (vgl. zur Kritik insbesondere U. Müller 1984; Becker-Schmidt 1985; Beer 1987; Thürmer-Rohr 1992). Die,Botschaft’ dieses Ansatzes mündete nicht zuletzt in die Gründung einer der ersten deutschen feministischen Zeitschriften, der,Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis’. Der Ansatz findet im Zuge der Ökologie-und Globalisierungsdiskussion auch weiterhin Aufmerksamkeit (vgl. von Werlhof u.a. 1996).

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  11. So definiert sie den weibliche Lebenszusammenhang vorrangig durch die Verwiesenheit auf den Bereich der,individuellen Reproduktion’. Weibliche Erwerbsarbeit spielt hier nur in Form der,typisch weiblichen Berufstätigkeiten’ eine Rolle. Diese werden als objektiv entwertet und zugleich auch subjektiv, durch geschlechtsspezifische Arbeitsweisen gekennzeichnet, begriffen. Dem entspricht, daß Prokop das zeitgeschichtliche empirische und statistische Material zur Erwerbsbeteiligung von Frauen zwar im Sinn einer Gleichzeitigkeit von Familien-und Erwerbsorientierung interpretiert, letztere jedoch als vorrangig durch den weiblichen Lebenszusammenhang geprägt begreift (Prokop 1976: 45). Mit ähnlichem theoretischen Hintergrund interpretiert zur gleichen Zeit eine Forscherinnengruppe des Frankfurter Instituts für Sozialforschung das Arbeitsbewußtsein von Industriearbeiterinnen als,familienbezogenen Instrumentalismus’ (vgl. Eckart/Jaerisch/Kramer 1979). Es gibt jedoch auch andere Akzentuierungen (vgl. U. Müller 1985). Zu vorsichtigeren Interpretationen auf der Basis differenzierterer und umfassenderer Analysen zur Frauenerwerbsarbeit kommt eine zur selben Zeit am Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen durchgefiihrte Studie (vgl. Lappe/Schöll-Schwinghammer 1978).

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  12. Es geht also um Unterschiede in der Schwerpunktsetzung und nicht um eine wechselseitige Ausschließlichkeit der Argumentationen. So hat insbesondere Ostner in einem komprimierten Beitrag zu der Anfang der 80er Jahre neu ansetzenden soziologischen Ungleichheitsdiskussion die Spezifik moderner Ungleichbehandlung der Geschlechter auch unter dem Gesichtspunkt der,Rekonstruktion patriarchaler Fürsorge’ diskutiert (vgl. Ostner 1983: 282ff.).

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  13. Vgl. Flax 1990; Gildemeister/Wetterer 1992; Becker-Schmidt 1996a; Knapp 1997.

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  14. So sieht Hagemann-White in der deutschen Rezeption von Chodorow und Gilligan, wie schon früher in der deutschen Rezeption amerikanischer Forschung zu Geschlechtsunterschieden, einen Hang zur Überbetonung und Essentialisierung der Differenz. Der in diesen Arbeiten auch nahegelegte kritische Gedanke der (kulturellen) Konstruktion von Differenz werde dagegen kaum aufgegriffen (Hagemann-White I 984b, 1988). Ostner konstatiert, daß in der Kritik am Konzept,weibliches Arbeitsvermögen’ neben berechtigten Einwänden dessen erkenntniskritische Absichten ignoriert oder aber mißverstanden worden seien (Ostner 1991: 198).

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  15. Die folgende Darstellung bezieht sich im wesentlichen auf: Ilona Ostner, Beruf und Hausarbeit. Die Arbeit der Frau in unserer Gesellschaft, Frankfurt a. M./NewYork 1978. In dieser Arbeit wird, anders als in einzelnen Artikeln und kürzeren Monographien (vgl. insbesondere Beck-Gemsheim 1976; Beck-Gemsheim/Ostner 1978) die Gesamtargumentation systematisch und mit sozialhistorischen und theoretischen Bezügen entfaltet. Berücksichtigt werden weiterhin die theoretisch-methodischen Präzisierungen, die etwa ein Jahrzehnt nach der Formulierung des Ansatzes als Reaktion auf Kritik vorgebracht wurden. Sie betreffen insbesondere den methodischen Status des Konzepts,weibliches Arbeitsvermögen’ als Idealtypus und hypothetisches Konstrukt sowie die analytische Trennung von Arbeitsfonn, Arbeitsvermögen und Geschlecht (vgl. Ostner 1990, 1991 und 1992).

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  16. Der Rekurs auf Simmel erfolgt in den ursprünglichen Arbeiten eher implizit. Er bezieht sich auf zwei Aspekte: Zum einen sollte der kritische Impetus der kulturwissenschaftlichen Tradition, der sich gegen die Fiktion einer Einheitswissenschaft richtet, aufgegriffen werden: nämlich als Kritik an einer Mainstream-Soziologie, die mit der Erwerbsarbeit nur mehr eine Form gesellschaftlicher Arbeit kennt. Zum anderen ging es um Simmels Theorie der Geschlechterdifferenzierung und den Aspekt einer Kulturkritik der Moderne (Ostner 1991: 198).

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  17. So erklärt sich der Rekurs auf Simmel statt auf Durkheim in differenzierungstheoretischen Argumentationen in der Frauenforschung aus Simmels eher,soziologischer’ gegenüber Durkheims eher,biologistischer’ Argumentation. Die Durkheims Geschlechtertheorie inhärente Frauenfeindlichkeit wie auch dessen frauenpolitischer Konservativismus finden sich bei Simmel nicht. Seine Positivierung bestimmter Werte der,weiblichen Kultur’ ging mit einer gewissen Aufgeschlossenheit gegenüber den sich durch Bildung zunehmend,differenzierenden’ bürgerlichen Frauen einher. Sie stellten einen wesentlichen Teil der Hörerschaft seiner, auch über die Universität hinaus, populären Vorlesungen in Berlin zu Beginn dieses Jahrhunderts (Dahme/Köhnke 1985: 9ff.). Gleichwohl bleibt auch Simmels,Psychologie der Geschlechter’ in den Grenzen des Differenzierungsparadigmas und enthält spezifische Androzentrismen, die vom radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung schon früh kritisiert wurden (vgl. insbesondere Mayreder 1981 (1905) sowie später im Kontext der Frauenforschung Ulmi 1989; Roth 1992; Menzer 1992).

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  18. Vgl. Beck/Brater 1976; BecWBrater/Daheim 1980; Bolte/Treutner 1983. Kennzeichnend für diese Forschungsrichtung ist zum einen eine gewisse Abgrenzung zum strukturfunktionalistischen Berufsverständnis, das berufliche Differenzierung wesentlich als Ergebnis technisch-funktionaler Notwendigkeiten faßt. Demgegenüber wird die soziale Konstitution von Berufen in gewisser Anlehnung an Webers Vorstellung sinnhaften Handelns in Form ihrer,Subjekthaftigkeit’ betont. Berufe stellen demnach als,Arbeitskräftemuste’ eine spezifische Schneidung menschlicher Fähigkeiten und Kompetenzen dar. Zum anderen ist diese Berufskonzeption von einem industriesoziolgischen Verständnis von Lohnarbeit und Rationalisierung abzugrenzen, das in den siebziger Jahren stark durch die politökonomische Tradition beeinflußt war: Dort wird ein wesentliches Merkmal der Herausbildung und Entwicklung des Kapitalismus in einer zunehmenden Arbeitsteilung gesehen, die für die Masse der abhängig Beschäftigten nur mehr fragmentierte Teilarbeit hervorbringt und gerade keine Beruflichkeit im Sinn stabiler elaborierter Qualifikationsprofile und darauf gegründeter Handlungspotentiale gewährleistet (vgl. Braverman 1977; Kern/Schumann 1984). Allerdings kommt der Handlungsfähigkeit der Arbeitenden und der betrieblichen Arbeitskraftnutzung in den verschiedenen industriesoziologischen Rationalisierungskonzepten durchaus unterschiedliche Bedeutung zu. Bezüge zu den o.a. berufssoziologischen Vorstellungen finden sich am ehesten noch im Konzept der,betrieblichen Strategie’ von Altmann u.a. 1978 (vgl. Gottschall 19906: 20ff.).

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  19. Idealtypen dienen nach Weber der Systematisierung der Fülle empirischer Erscheinungen: Sie müssen den Kriterien der Sinn-und Kausaladäquanz genügen, stellen jedoch zugleich eine notwendig einseitige, Komplexität reduzierende Abstraktion von Handlungszusammenhängen dar (Weber 1980: 9ff.).

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  20. Vgl. dazu auch die späteren Bezüge auf Hannah Arendts Werk zum neuzeitlichen Verständnis von,Arbeit’ (Arendt 1981; Ostner 1983: 289).

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  21. Dies gilt ungeachtet der durchaus vorhandenen Bezüge auf Parsons. Sie liegen vor allem im Rekurs auf Parsons’ dualistisches Modell der,pattern variables’ für die Konzeption von berufs-und hausarbeitsbezogenem Arbeitsvermögen (Ostner 1978: 56). Ähnlich wie in Parsons’ Konzeption werden auch personale Abhängigkeiten vorrangig in bezug auf die Mutter-Kind-Beziehung und weniger in bezug auf die Gattenbeziehung thematisiert.

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  22. Vgl. U. Müller 1985; Kramer 1988; Gottschall 1988; Krüger 1988.

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  23. Vgl. beispielsweise zur Anwendung auf die Situation von Studentinnen Gottschall 1983, zur Anwendung auf die Thematik,Frauen und Technik’ Schiersmann 1987.

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  24. Diese Rezeption wurde sicher durch den eingangs genannten erkenntniskritischen Erklärungsanspruch befördert. Ostner hat später darauf hingewiesen, daß die Gesamtargumentation keineswegs auf eine umfassende Erklärung der Arbeitsmarktsituation von Frauen angelegt gewesen sei. Mit dem Rekurs auf das Konzept vom,weiblichen Arbeitsvermögen’ sollte weder die Relevanz betrieblicher Strategien noch die Existenz struktureller Differenzen und sozialen Wandels in der Erwerbssituation von Frauen geleugnet werden (Ostner 1990: 36f.).

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  25. Auch hier ist jedoch vor funktionalistischen Kurzschlüssen zu warnen. So weisen verschiedene Autorinnen, Ilona Ostner eingeschlossen, darauf hin, daß gerade wegen der Formdifferenz zwischen Lohn-und Hausarbeit nicht von einer unvermittelten beruflichen Nutzung von im Reproduktionspmzeß erworbenen Fähigkeiten ausgegangen werden kann (vgl. u.a. Rabe-Kleberg 1987:101).

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  26. Diese Doppelstruktur der Knstruktion von Hierarchie und Differenz im Geschlechterverhältnis im Erwerbsleben läßt sich empirisch insbesondere für Phasen technischer Innovation und Rationalisierung nachvollziehen. Eine besondere Rolle spielt dabei die Redefinition von tätigkeitsbezogener Qualifikation. Sie dient als quasi-objektivierter Mechanismus der (Re-)Konstruktion einer arbeitsinhaltlichen Differenz und soziostrukturell relevanten Hierarchie von Männer-und Frauenarbeit. Die hier inzwischen vorliegenden sozialhistorischen und aktuellen Studien belegen zugleich, daß und wie flexibel technische Gestaltungen von Arbeitsbereichen zur Legitimation des Ausschlusses von Frauen oder aber der Abwertung von Frauenarbeit genutzt werden (vgl. insbesondere Robak 1992 zur Druckindustrie; Hoffmann 1987 zur Programmierung sowie Cockburn 1988).

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  27. In engem Zusammenhang mit der Definition des weiblichen Arbeitsbewußtseins als vorrangig reproduktionsbezogen ist auch die dem Konzept implizite Annahme einer Dominanz primärer und sekundärer Sozialisationsprozesse gegenüber beruflicher Sozialisation kritisiert worden (Rabe-Kleberg 1993; Krüger 1988).

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  28. Vgl. zur Kritik an Chodorow u.a. Othmer-Vetter 1989, zur Kritik an Gilligan u.a. NunnerWinkler 1991.

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  29. Selbst wenn man den sozialen Wandel der letzten Jahre als Eröffnung eines reflexiven Bezugs von Frauen auf das reproduktionsbezogene Arbeitsvermögen in Rechnung stellt und eine Krisenerscheinung in der sich abzeichnendem Verknappung dieses spezifischen Arbeitskraftangebots sieht, bleibe, so Ostner, das spezifisch,weibliche’ des Arbeitsvermögens doch erhalten: Das Arbeitsvermögen differenziere sich sozusagen intern aus und komme mit der verstärkten Präsenz von Frauen im Erwerbsleben und in der Öffentlichkeit nunmehr als,weibliches’ Element auch in (vermeintlich) geschlechtsneutralem Handeln zum Ausdruck (Ostner 1991). Damit bleibt die Kernaussage auf der Linie der Differenz und die inhaltliche Präzisierung der Differenz als ein bestimmter Typus des Sorgens, dem Frauen als Gattungswesen näher stehen, erhalten.

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  30. Die Existenz von widersprüchlichen Erfahrungen im weiblichen Lebenszusammenhang sieht Ostner erst für die jüngere Entwicklung einer verstärkten Erwerbsintegration und Pluralisierung von Lebensentwürfen von Frauen (Ostner 1991: 202).

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  31. Vgl. in bezug auf die Historizität von,Mütterlichkeit’ insbesondere Badinter 1981; Schütze 1992.

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  32. Vgl. beispielsweise die zahlreichen Arbeiten zu geschlechtsspezifischer Sozialisation und weiblicher Identitätsbildung, die Thematisierung von Gewalt gegen Frauen, die Analysen zur Frauenerwerbsarbeit etc.

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  33. Diese Entwicklung läßt sich für verschiedene Themenstellungen der soziologischen Frauenforschung nachvollziehen; vgl. beispielsweise zur Diskussion um geschlechtsspezifische Sozialisation Bilden 1980, Hagemann-White 19846; zur Entwicklung der feministischen Macht-und Herrschaftsdiskussion Knapp 1992. Eine entsprechende Entwicklung findet sich auch in der Sozialgeschichte (vgl. Frevert 1995).

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  34. Diese Verknüpfung von thematischer Erweiterung mit einer dezidiert kritischen gesellschaftstheoretischen Perspektive findet sich in der ungleichheitssoziologisch orientierten anglo-amerikanischen Frauenforschung nicht ohne weiteres. Dort wird die entsprechende Umorientierung auf,gender’ zwar ebenfalls eingefordert, zugleich jedoch von Anfang an theoretisch wie bewegungspolitisch mit Skepsis versehen: Denn bezogen auf einen Ausgangspunkt, der durch die Dominanz von Patriarchatskonzeptionen und damit einem offensichtlich herrschaftskritischen Anspruch markiert ist, kann der Rekurs auf den soziologisierten,Gender’-Begriff auch einen Rückschritt bedeuten (Acker 1989a: 238). Verstärkt wurde diese kritische Einschätzung in den USA durch hochschulpolitische Entwicklungen, die in den neunziger Jahren mit der Umwidmung vom,women’s studies’ zu,gender studies’ auch männlichen Lehrenden den Weg in die entsprechenden akademischen Positionen eröffnet haben. In der ungleichheitssoziologisch ausgerichteten angelsächsischen Frauenforschung wird mit dem Übergang zu der Bezeichnung,gender studies’ ein Trend zu postmoderner Kulturalisierung und damit Entpolitisierung der Frauenforschung und Frauenfrage gesehen; Mary Maynard warnt in diesem Zusammenhang vor einem,Verschwinden der Frau’ (vgl. Maynard 1995).

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  35. In der angelsächsischen Diskussion werden demgegenüber Dual-approach-Ansätze produktiv weiterentwickelt; vgl. dazu die neueren Arbeiten von Sylvia Walby (Walby 1997) sowie die Diskussionsbeiträge von Pollen 1996 und Gottfried 1998 zum Ertrag der angloamerikanischen,gender and class-debate’.

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  36. Unberücksichtigt bleibt der marxistisch-feministische Ansatz von Haug/Hauser, der seit den achtziger Jahren die Ausrichtung der Zeitschrift,Das Argument’ wesentlich geprägt hat. Die Autorinnen argumentieren sowohl gesellschaftstheoretisch als auch unter Rekurs auf die,kritische Psychologie’ (vgl. u.a. Haug 1980; Haug/Hauser 1987a und b; Haug/Hauser 1992). Der Ansatz weist Berührungspunkte mit angelsächsischen marxistisch-feministischen Argumentationen auf (vgl. Barrret 1983), die zum Teil über die Zeitschrift erstmals auch in deutscher Sprache zugänglich wurden. Diese Variante eines materialistischen Feminismus hat sich jedoch in der hier interessierenden ungleichheitssoziologisch ausgerichteten deutschen Frauenforschung als weniger einflußreich erwiesen als die im folgenden dargestellten Arbeiten.

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  37. In der deutschen Frauenforschung wird der Begriff,differenztheoretisch’ für all jene Ansätze verwendet, die in erster Linie auf die,Geschlechterdifferenz’ als eine qualitativ beschreibbare, sozusagen substanzlogische Differenz zwischen den Geschlechtern abheben, unabhängig davon, ob und inwieweit diese im biologischen oder sozialen Geschlecht verortet wird. Der Begriff zielte zunächst insbesondere auf die Abgrenzung von sog. hierarchietheoretischen Ansätzen der Frauenarbeitsforschung (vgl. Wetterer 1992b), die sich unter Status-oder herrschaftssoziologischen Gesichtspunkten auf die Ungleichheit der Geschlechter beziehen. Insofern stimmt er in der Tendenz mit der älteren soziologischen Unterscheidung von differenzierungstheoretischen und konflikttheoretischen Ansätzen überein. Mit dem zunehmenden Einfluß strukturalistischer und poststrukturalistischer Theorietraditionen in der westlichen feministischen Theorie und deren spezifischem Verständnis von,Differenz’ versammeln sich unter diesem Begriff inzwischen jedoch sehr heterogene theoretische Positionen. Er deckt sich insofern nicht mehr mit dem Bedeutungshorizont des soziologischen Begriffs von Differenzierungstheorie.

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  38. Vgl. dafür beispielhaft die Konzeption der Sammelbände von Hoff 1990 und BeckerSchmidt/Knapp 1995.

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  39. Soweit die feministische Theorie dort auf die Kritische Theorie rekurriert, bezieht sie sich vornehmlich auf das Werk von Habermas (vgl. Fraser 1985; Benhabib 1995) und kaum auf die Arbeiten der älteren Frankfurter Schule (Knapp 1996). Von der Habermas-Linie der Fortführung der Kritischen Theorie unterscheidet sich der sog. Hannoveraner Ansatz jedoch gerade durch ein umfassenderes, nicht nur soziosymbolisches Subjektverständnis und durch eine Orientierung der kritischen Erkenntnisperspektive an widersprüchlicher sozialer Praxis der Gesellschaftsmitglieder.

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  40. Die folgende Darstellung rekurriert auf das Gesamtspektrum der Arbeiten von BeckerSchmidt/Knapp. Unterschiedliche Akzentuierungen bei Regina Becker-Schmidt einerseits, Gudrun-Axeli Knapp anderseits, werden nicht systematisch berücksichtigt. Den Ausgangspunkt fir die Entwicklung des Konzeptes,doppelte Vergesellschaftung’ bildete in den achtziger Jahren eine empirische Studie zu den Problemen lohnabhängig arbeitender Mütter (Becker-Schmidt u.a. 1982, 1983, 1984; Becker-Schmidt/Knapp 1985). In weiteren Aufsätzen wurde dieses Vergesellschaftungskonzept als,doppelte und widersprüchliche Vergesellschaftung’ auch unter sozialisationstheoretischen und subjekttheoretischen Gesichtspunkten entfaltet (Becker-Schmidt/Knapp 1987; Knapp 1990). Präzisierungen erfolgten in Auseinandersetzung mit alternativen Erklärungsansätzen zur Geschlechterdifferenz (Becker-Schmidt 1987a und b, 1991a; Knapp 1987, 1988a und b, 1989) wie auch im Hinblick auf erkenntnistheoretische, methodische und inhaltliche Besonderheiten einer,kritischen’ Frauenforschung (Becker-Schmidt 1985, 1987b, 1994). Weitere Veröffentlichungen aus den neunziger Jahren reflektieren die Stärken und Schwächen des theoretischen Erbes der Kritischen Theorie Adornos und Horkheimers (Becker-Schmidt 1991a und b, 1996b und c; Knapp 1996) und diskutieren die erkenntnistheoretischen Implikationen systemtheoretischer, poststrukturalistischer und diskurstheoretischer Ansätze (Knapp 1992, 1997, 1998; Becker-Schmidt 1995b, I996a, 1997). Zugleich bleiben thematische Schwerpunktsetzungen in den Bereichen,Arbeit’ (u.a. Technologieentwicklung/Rationalisierung) und,Sozialisation’ erhalten (Becker-Schmidt 1994, 1995a; Knapp 1993, 1995).

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  41. Die Totalität von Gesellschaft drückt sich nach Adorno darin aus, daß es keine sozialen Verhältnisse gibt, die nicht durch gesamtgesellschaftliche Konstellationen vermittelt sind. Gesellschaftliche Sphären sind, ungeachtet ihrer Trennung und relativen Autonomie, über hierarchische Anordnung, sachliche und funktionale Interdependenzen zu einem gesamtgesellschaftlichen Reproduktionszusammenhang verknüpft (Adorno 1972).

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  42. “Meint,Vergesellschaftung’ die Mechanismen, mittels derer die Subjekte in die sozialen Austauschprozesse hineingenommen werden (Verwertung menschlicher Arbeitskraft, Lenkung der Konsumption, Bewußtseinsbildung, institutionelle und normative Formierung der privaten Lebensäußerungen und Reproduktionsweisen), so zielt die Formulierung,innere Vergesellschaftung’ auf die Modellierung der psychischen und mentalen Persönlichkeitsstrukturen in kollektivem Ausmaß (Vergesellschaftung der Trieb-und Affektstruktur, der Denk-und Wahrnehmungsweisen, ja: des Unbewußten)” (Becker-Schmidt 1991a: 387ff.).

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  43. Diese Orientierung an einer,wissenschaftsskeptischen Erkenntnistheorie des Nicht-Identischen’ (Wiggershaus 1988: 729) ist nicht nur fiir die Arbeiten von BeckerSchmidt/Knapp kennzeichnend, sondern für die sog. Hannoveraner Linie der Fortführung der älteren Kritischen Theorie insgesamt. Sie steht in gewissem Gegensatz zu Habermas’ vorrangig theoretisch ausgerichteter Programmatik des Entwurfs einer interdisziplinären Gesellschaftstheorie und seinem vornehmlich soziosymbolisch akzentuierten Subjektverständnis. Der sog. Hannoveraner Kreis verbindet vielmehr sein erkenntnistheoretisches Anliegen mit einem theoretischen, empirischen und politisch praktischen Interesse am,lebendigen Menschen in seiner ganzen Sinnlichkeit’, wie es sich u.a. beispielhaft in dem Konzept des,exemplarischen Lernens’ niedergeschlagen hat (vgl. Negt 1971; Negt/Kluge 1972, 1981; Becker-Schmidt/Knapp 1987; Negt u.a. 1989). Vermittelt über einen emphatischen Subjektbegriff impliziert dies auch, daß der Kulturpessimismus und latente Funktionalismus der älteren Kritischen Theorie, der sich in veränderter Form auch bei Habermas wiederfindet, nicht geteilt wird.

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  44. Zu einer vergleichenden Analyse der wichtigsten, Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre durchgeführten Studien zu,Erwerbsarbeitssituation und Bewußtsein von Frauen’ vgl. Milz 1994: 183–209.

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  45. Auch aus dieser Studie, die ebenfalls in der Forschungstradition der älteren Kritischen Theorie steht, resultieren weiterführende theoretisch-konzeptionelle Arbeiten. Sie thematisieren in soziohistorischer Präzisierung objektive und subjektive Grenzen der Frauenlohnarbeit (vgl. Kramer u.a. 1986). Als weiterführend und einflußreich haben sich insbesondere die Studien von Christel Eckart zur Konstitution von Teilzeitarbeit als Frauenarbeit in der Bundesrepublik der sechziger Jahre erwiesen (vgl. Eckart 1986, 1990, 1992). Darauf wird in Kapitel 6 eingegangen.

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  46. Diese, insbesondere in den Arbeiten von Becker-Schmidt entfaltete kritische Sozialpsychologie folgt einem triebtheoretischen Konzept. Dabei werden Triebe als sozial (interaktiv) geformt begriffen. Ein wesentlicher Unterschied zur Freudschen Theorie besteht in der Annahme, daß die Entwicklung von Identität nicht als auf libidinöse (sexuelle) Beziehungsfähigkeit begrenzt betrachtet wird. Gerade in bezug auf die weibliche Identitätsbildung werden die in orthodoxen Sichtweisen verzerrten oder ignorierten Aspekte der,Aneignung von Welt’ im Sinn einer Ausrichtung von Begehren auch auf Kreativität und Forscherdrang betont (vgl. dazu auch Hagemann-White 1984b).

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  47. Vgl. dazu auch Knapp 1987, 1988a. Sie hat die Notwendigkeit der Unterscheidung von Subjektpotentialen einerseits und von gesellschaftlicher Formbestimmung von Subjektivität andererseits, insbesondere in der Auseinandersetzung mit dem Konzept des,weiblichen Arbeitsvermögens’ verdeutlicht.

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  48. Allerdings sieht Becker-Schmidt hier auch historische Kontinuitäten. So argumentiert sie mit Bezug auf ethnologische und ethnopsychoanalytische Arbeiten, daß eine gewisse historische Kontinuität in der Vorrangstellung von Männern in engem Zusammenhang mit der Kontrolle der generativen Produktion stehe.,Moderne’ Trennungen wie die von,öffentlich’ und,privat’ könnten Vorläufer in Trennungen von sinnstiftenden und profanen Tätigkeiten in vorstaatlichen Gesellschaften haben (Becker-Schmidt 1996b: 48f., 1987a: 205ff.). Dabei geht es jedoch nicht darum, männliche Suprematie als universell bzw. überhistorisch oder aber,vormodern’ zu kennzeichnen. Hervorgehoben wird eher, daß die Prinzpien, die soziale Austauschprozesse geschlechtsspezifisch binden und zugleich hierarchisch strukturieren (Trennung und Identifizierung), sich historisch durchhalten. (vgl. u.a. Knapp 1987: 246ff.; Becker-Schmidt 199la: 386).

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  49. Dies soll nicht die methodischen Innovationsleistungen der Studie, die u.a. in der Einführung des systematischen Perspektivwechsels liegen, relativieren. Auch spielen in der Rekonstruktion der,doppelten Vergesellschaftung’ aus der Subjektperspektive biographische Reflexionen und generationsspezifische Veränderungen (u.a. in bezug auf den Aspekt des Erziehungsverhaltens) eine Rolle. Dennoch ist etwa rationalisierungsbedingter Wandel der Fabrikarbeit oder aber der privaten Lebensformen und der Lebensplanung nicht die vorrangige Perspektive.

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  50. Dabei fällt auf, daß sich für die Erhellung dieses Zusammenhangs insbesondere der Rückgriff auf ethnologisch orientierte französische Arbeiten (Meillassoux 1976 und Godelier 1973, 1987) als ertragreich erwiesen hat.

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Gottschall, K. (2000). Der feministische Diskurs der siebziger und achtziger Jahre. In: Soziale Ungleichheit und Geschlecht. Reihe „Sozialstrukturanalyse“, vol 13. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11418-5_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-11418-5_5

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-2465-7

  • Online ISBN: 978-3-663-11418-5

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