Zusammenfassung
Türkische Jugendliche haben einen kulturellen Balanceakt zu bewältigen — zwischen dem türkisch geprägten Elternhaus auf der einen Seite, in dem oft rigide an traditionalen Normen festgehalten wird und der deutschen Mehrheitsgesellschaft auf der anderen Seite, die zunehmend intolerant auf das Anderssein der türkischen Migranten reagiert. Bei der Verarbeitung von privater Lebenserfahrung und öffentlicher Diskriminierung wenden sich die Jugendlichen zunehmend islamisch-fundamentalistischen und nationalistischen Gruppen zu: In diesen Gruppen wird den Jugendlichen ein Weltbild vermittelt, das sich durch „islamzentrierte Überlegenheitsansprüche“ und „religiös fundierte Gewaltbereitschaft“ auszeichnet und suggeriert, daß ihre Interessen am besten durch radikale Gruppen vertreten sind — Gruppen, die den zivilgesellschaftlichen Konsens nicht tragen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Wilhelm Heitmeyer für die Zusammenstellung und Übersendung von kommentierenden Artikeln zu seinem Buch bedanken. Ich habe großen Respekt vor diesem Ausdruck von Kollegialität — auch und gerade deshalb, weil Wilhelm Heitmeyer natürlich bewußt war, daß meine Stellungnahme kritisch ausfallen würde.
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Literatur
Zu nennen sind hier die Artikel von Birgit Rommelspacher Inder tageszeitung vom 29.04.97, der DLZ von Ludwig Ammann in derFrankfurt Rundschau vom 18.07.97 und der Artikel von Wolf-D. Bukow und Erol Yildiz in der tageszeitung vom 29.04.97.
Ich habe mich für diesen Artikel entschlossen eine immanente Kritik an Heitmeyer zu üben und zwar deshalb, weil es keinen Sinn macht, eine quantitative Untersuchung mit einer qualitativen zu kritisieren. Allerdings bilden die empirischen Erfahrungen, die ich während einer Feldforschung in Augsburg zwischen 1988 und 1993 sammelte, den Hintergrund meiner Argumentation. Dies gilt vor allem für den letzten Teil dieses Artikels. Die Arbeit wird voraussichtlich 1999 erscheinen.
Und auf die auch in anderen zusammenfassenden Publikationen immer wieder Bezug genommen wird — etwa in Heitmeyer u. a. 1997.
Siehe in diesem Zusammenhang die meines Erachtens triftige Kritik von Ammann in seiner Rezension in der Frankfurter Rundschau vom 18.7.1997.
In der Tat wird auch gerade die Zustimmung zur ersten Frage immer in den Pressemeldungen zitiert (etwa im Artikel: “Zeitbomben in den Vorstädten” in: Der Spiegel 1997, S.88).
Hierauf hat auch Birgit Rommelspacher in der tageszeitung vom 29.4.1997 hingewiesen.
Eine zusätzliche Immunisierung besteht darin, daß die antizipierten kritischen Gegenstimmen in eine Ecke gestellt werden: Entweder handelt es sich um Linke, die aus Motiven derpolitical correctness,die Probleme nicht benennen würden oder um Rechte, die die Verantwortung der deutschen Gesellschaft nicht wahrhaben wollten (29).
Siehe etwa den Artikel “Zeitbomben in der Vorstädten” (Der Spiegel 1997, S.78–93). Die umfangreiche Berichterstattung zur Gewalt wird umstandslos mit den, der Heitmeyer Untersuchung entnommenen, Aussagen zur Gewaltbereitschaft montiert: “41% sind bereit, als militante Muslime gegen ‘Ungläubige’ körperliche Gewalt einzusetzen” (wobei nicht ersichtlich ist, wie die Zahl von 41% zustande kam).
Ich habe an einem anderen Ort vorgeschlagen, dafür die islamischen Gemeinden als ein Diskursfeld aufzufassen, als eine Arena der Auseinandersetzung, in der um verschiedene Positionen zum Teil sehr leidenschaftlich gestritten wird (Schiffauer 1998).
Autoren, die Belletristik verfassen haben dafür ein feineres Gespür. Siehe etwa Hanif Kureishis beachtlichen Roman zur Rushdie Affaire (Kureishi 1995).
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Schiffauer, W. (1999). Beschwörungsrhetorik: Zur Konstruktion des islamischen Fundamentalismus in der Wissenschaft. In: Bukow, WD., Ottersbach, M. (eds) Fundamentalismusverdacht. Interkulturelle Studien, vol 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10116-1_7
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