Zusammenfassung
In meinen Ausführungen steht ein bestimmter Typus pädagogischen Handelns zur Disposition. Es ist jene als Therapie mißverstandene Auffassung pädagogischen Handelns, die — wie ein Blick in die pädagogische Praxis zeigt — in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Von den Kritikern ist sie längst als Therapeutisierung und auch Trivialisierung (Bude 1988) gebrandmarkt. Beides deutet an, was diesen Handlungstypus kennzeichnet. In ihm haben sich die Grenzen zwischen zwei divergenten Handlungslogiken weitgehend verflüchtigt. Verbunden damit gehen strukturelle Grundelemente pädagogischen Handelns verloren. Entscheidend ist dieses auf Professionalisierungsschwierigkeiten pädagogischer Berufe zurückzuführen, die zur Folge haben, daß in der alltäglichen Praxis Anleihen bei angrenzenden Professionen und/oder solchen human- oder sozialwissenschaftlichen Konzepten gemacht werden, die meist in unübersehbarer Nähe zu aktuellen gegenkulturellen sozialen Bewegungen stehen und denen das Charisma des Avantgardistischen anhaftet, so daß sie genügend Potential bieten, anhand dessen die gegebene Mangellage — zumindest temporär — kompensiert werden kann.
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Schaeffer, D. (1992). Tightrope Walking. Handeln zwischen Pädagogik und Therapie. In: Dewe, B., Ferchhoff, W., Olaf-Radtke, F. (eds) Erziehen als Profession. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09988-8_10
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