Zusammenfassung
Überblick: Akzeptiert man die Vorstellung, daß sich kollektive Phänomene grundsätzlich aus der wechselseitigen Beeinflussung der Menschen ergeben, und diese Beeinflussung immer Handeln voraussetzt, dann strukturiert erst der handlungstheoretische Entwurf den Zugang zu den Tatbeständen der sozialen Verbundenheit. Nur in den Variablen der Handlungstheorie erschließt sich daher auch die Logik der Situation. Unter Voraussetzung dieser Annahmen wird das Grundkonzept der Theorie rationalen Handelns formuliert, wobei die Überlegungen in den empirisch-analytischen Wissenschaftsansatz eingebunden sind (Kap. 4.1). Die Leistung der Theorie rationalen Handelns besteht in diesem Zusammenhang auch darin, daß sie eine Ordnung in die Vielzahl der Variablen zu bringen versucht, die bisher zur Erklärung sozialen Handelns herangezogen worden sind. Dabei wird die grundlegende, aber relativ unspezifische Maximierungsannahme in wert-erwartungstheoretischer Perspektive durch quantitative Entscheidungsmodelle präzisiert (Kap. 4.2). In diesem Zusammenhang sind zwei Annahmen von zentraler Bedeutung, die ‘Auswahl’- und die ’Gestaltungsannahme’. Die Auswahlannahme enthält i.d.R. das Optimierungskalkül: Aus einer Menge von Handlungsalternativen wird diejenige vorgezogen, deren (Netto-) Nutzen maximal ist. Die Gestaltungsannahme bezieht sich auf die Elemente der Nutzenbildung (Nutzen- und Wahrscheinlichkeitsbewertungen der Handlungskonsequenzen) und die Möglichkeiten ihrer Kombination. Gegenüber der üblichen Vorgehensweise in der reinen (präskriptiven) Entscheidungstheorie wird ausdrücklich eine kausale Sequenz unterstellt, d.h. es wird davon ausgegangen, auf Basis einer motivationspsychologischen Orientierung kognitive Prozesse der Überlegung und Abwägung formal abzubilden. Dies wird durch den Wert-Erwartungsansatz in variierender Formalisierung besorgt, woraus sich unterschiedliche Konzepte der Theorie rationalen Handelns ergeben: Die Variation der Selektionsannahme führt zur Differenz von nutzenmaximierendem und nutzenorientiertem Handeln. Die Variation der Gestaltungsannahme führt zu variantenreichen (nicht-additiven) Modellierungen, die zeigen, daß sich die Bilanz der handlungsabhängigen Ereignisse auf unterschiedliche Weise darstellen kann A priori sprechen lediglich Plausibilitätskriterien für eine bestimmte Formulierung. Letztlich sind die Entscheidungsregeln im Rahmen der theoretischen Vorgaben empirisch zu ermitteln. Der Bezug auf individualpsychologische Formulierungen impliziert für sozialwissenschaftliche Anwendungen die Einführung interindividueller‘Verbindungsannahmen’.
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Kunz, V. (1997). Handlungstheorie in der Mehrebenenanalyse: Die Formulierung der Theorie rationalen Handelns. In: Theorie rationalen Handelns. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09769-3_4
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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