Zusammenfassung
Der Beitrag befasst sich auf Grundlage einer Auswertung zahlreicher Gerichtsentscheidungen mit der Strafzumessungspraxis bundesdeutscher Strafgerichte bei nationalsozialistischen Massenvernichtungsverbrechen. Neben der Erkenntnis, dass die Sanktionen über lange Zeit vergleichsweise mild ausfielen, zeigt sich anhand der Entscheidungen eindrücklich, dass die zentrale Weiche für die milde Sanktionierungspraxis auf Ebene der Strafbegründung gestellt wurde. Ohne die sogenannte Gehilfenrechtsprechung hätte den Gerichten vielfach kein Spielraum für eine individualisierte Strafzumessungsentscheidung offen gestanden. Den so gewonnenen Spielraum nutzten die Gerichte überwiegend für eine unangemessen milde Bestrafung, ohne dass dies durch die gesetzlichen Vorgaben oder die relevanten Strafzumessungsgesichtspunkte geboten gewesen wäre.
Der Beitrag knüpft an Gedanken an, die ich in „Die Strafzumessung bei Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch“ (2017), S. 249 ff., entwickelt habe. Dort finden sich auch weitere, im vorliegenden Beitrag nicht vertiefte Erwägungen.
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Notes
- 1.
Siehe nur die Beiträge von Bettina Weißer und Boris Burghardt in diesem Band.
- 2.
Siehe nur die Beiträge von Tobias Köpcke, Wolfgang Mitsch und Christian Fahl in diesem Band.
- 3.
Eine vollständige Analyse sämtlicher Urteile war angesichts der großen Zahl an Verfahren und der Unterschiedlichkeit der Tatkomplexe nicht zu leisten. Stattdessen wurde eine Auswahl getroffen, die sich an der Sammlung Rüter/de Mildt 2010–2012, orientiert. Einbezogen wurden dabei alle Entscheidungen, die den Kategorien „Massenvernichtungsverbrechen in Lagern“ und „Massenvernichtungsverbrechen durch Einsatzgruppen“ zugeordnet sind. Diese stehen im Mittelpunkt der Diskussion; auch im Kontext der sogenannten Spätverfolgung. Eine nach Tatkomplexen geordnete Übersicht ist abrufbar unter https://junsv.nl/junsv-01/junsv/brd/tatk01.html (zuletzt abgerufen am 30.03.2023).
- 4.
Anders als in der DDR wurde das Kontrollratsgesetz Nummer 10 alsbald außer Kraft gesetzt. Auf NS-Verbrechen wurde das allgemeine Strafrecht angewendet.
- 5.
Dies sind namentlich die §§ 38 ff. StGB n. F. (§§ 13 ff. StGB a. F.).
- 6.
Nach dem Gesetz über die Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen 1965 (BGBl. 1965 I, 315), mit dem das Ruhen der Verjährung für Verbrechen, die mit lebenslangem Zuchthaus bedroht waren, für den Zeitraum vom 8. Mai 1945 bis 31. Dezember 1949 angeordnet wurde, und dem Neunten Strafrechtsänderungsgesetz 1969, das die Verjährungsfrist für Mord auf 30 Jahre anhob (BGBl. 1969 I, 1065), erfolgte schließlich mit dem 16. Strafrechtsänderungsgesetz die endgültige Aufhebung der Verjährung für Mord (BGBl. 1979 I, 1046). Den Gesetzesänderungen gingen jeweils kontroverse Debatten im Bundestag, in der Strafrechtswissenschaft und -praxis und der Öffentlichkeit voraus, vgl. nur die Beiträge von Klein, Baumann und Lewald, die kurz vor der Schlussabstimmung im Bundestag zum 16. StrÄndG 1979 in der Zeitschrift für Rechtspolitik 1979, 145 ff. veröffentlicht wurden.
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Vgl. Werle & Vormbaum, 2018, S. 52.
- 8.
- 9.
Die folgenden Ausführungen beruhen auf der Analyse einer ganzen Reihe von Entscheidungen, von denen jedoch nur die früheste und späteste exemplarisch zitiert wird, um den Fußnotenapparat zu entlasten. Zitiert wird, soweit nicht anderweitig kenntlich gemacht, die Entscheidungssammlung von Rüter & de Mildt, 2010–2012, wobei lediglich das erkennende Gericht mit dem Datum der Entscheidung sowie der Band der Entscheidungssammlung, die Lfd.-Nr. des Verfahrens und die zitierte Seite angegeben werden. Für vollständige Nachweise wird im Anschluss an das letzte Urteilszitat jeweils auf die entsprechenden Fußnoten bei Epik, 2017 verwiesen. Dort findet sich eine umfassende Auflistung einschlägiger Entscheidungen.
- 10.
Zu entscheiden ist noch über die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, vgl. § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB.
- 11.
Vgl. Hanack, 1967, S. 331 ff.; Hirsch, 1973, S. 14 ff.; Kuchenbauer, 2009, S. 17 f.; Naucke, 1972, S. 832; Werle, 1992, S. 2533; Werle & Wandres, 1995, S. 32. Aus der Rechtsprechung statt vieler LG Bremen, 6. Mai 1953, Band X, Lfd. Nr. 355, 681 ff.; LG Stuttgart, 20. Mai 1999, Band XLVIII, Lfd. Nr. 916, 622 f.; Epik, 2017, S. 250 Fn. 450. Diese „Gehilfenrechtsprechung“ wurde nicht nur auf NS-Unrecht angewandt. Auch der sowjetische Agent Staschynski wurde lediglich als Gehilfe bestraft, obgleich er eigenhändig getötet hatte, siehe BGHSt 18, 87 ff.
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- 13.
- 14.
BGHSt 18, 87 (95).
- 15.
BGHSt 18, 87 (95); BGH, Urt. v. 26. Oktober 1965, 1 StR 106/65, Rn. 16 (juris); LG Münster, 29. November 1960, Band XVII, Lfd. Nr. 500, 41 ff.; LG Düsseldorf, 30. Juni 1981, Band XLIV, Lfd. Nr. 869, 566; Epik, 2017, S. 251 Fn. 454; im Einzelnen Jescheck & Weigend, 1996, S. 650 f.; Roxin, 2003, § 25 Rn. 17 ff.; vgl. auch Freudiger, 2002, S. 62 ff.; Kuchenbauer, 2009, S. 17 f.; Hirsch, 1973, S. 19 ff.
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- 17.
- 18.
LG Frankfurt a. M., 19./20. August 1965, 4 Ks 2/63 (Auschwitz). In: Gross/Renz (Hrsg.) Der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965), Band 2, 682; vgl. Hirsch, 1973, S. 20; Werle, 1992, S. 2533; Werle & Wandres, 1995, S. 32; Werle, 2001, S. 151. Zur Bedeutung des Exzesses als Kriterium für den Täterwillen vgl. Freudiger, 2002, S. 65 ff.
- 19.
- 20.
- 21.
§ 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 38 Abs. 2 StGB (§ 49 Abs. 2 i. V. m. § 44 Abs. 2 i. V. m. § 18 Abs. 2 StGB a. F.).
- 22.
Besonders deutlich BGHSt 18, 87 (94 f.).
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- 24.
Dass dieselben Schwurgerichtskammern und Strafsenate wenig Skrupel hatten, bei Tötungsdelikten der Alltagskriminalität die lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen, steht auf einem anderen Blatt.
- 25.
Vgl. Hirsch, 1973, S. 324 ff.
- 26.
Vgl. v. Frankenberg, 2018, S. 138 f.
- 27.
Vgl. Naucke, 1972, S. 832; Rückerl, 1979, 81 ff. Zum Befehlsnotstand auch Hanack, 1967, S. 334; Kuchenbauer, 2009, S. 18; siehe aus der Rechtsprechung beispielhaft LG Frankfurt a. M., 3. März 1951, Band VIII, Lfd. Nr. 270a, 275 f.; LG Düsseldorf, 30. Juni 1981, Band XLIV, Lfd. Nr. 869, 575 f. In Ausnahmefällen gelangten Tatgerichte gleichwohl zur Annahme einer Entschuldigung aufgrund eines (Putativ-)Nötigungsnotstandes, siehe beispielhaft LG München I, 21. Juli 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 519, 704 f.; LG Frankfurt a. M., 19. März 1971, Band XXXV, Lfd. Nr. 750, 144 ff.; Epik, 2017, S. 254 Fn. 463.
- 28.
- 29.
- 30.
LG Hamburg, 9. März 1976, (90) 2/75, Rn. 163 ff. (juris); auszugsweise veröffentlicht in NJW 1976, 1756 ff.
- 31.
LG Hamburg, 9. März 1976, (90) 2/75, Rn. 203 (juris).
- 32.
LG Hamburg, 9. März 1976, (90) 2/75, Rn. 204 (juris).
- 33.
LG Hamburg, 9. März 1976, (90) 2/75, Rn. 207 (juris).
- 34.
LG Hamburg, 9. März 1976, (90) 2/75, Rn. 207, 230 (juris).
- 35.
In diesem Sinne LG Hamburg, 9. März 1976, (90) 2/75, Rn. 227 ff. (juris).
- 36.
Ausgeklammert werden sollten auch nach Auffassung des Gerichts Führungs- und Exzesstäter, siehe LG Hamburg, 9. März 1976, (90) 2/75, Rn. 225 (juris).
- 37.
Die Entscheidung BGH NJW 1977, 1544 f. wurde vom Bundesverfassungsgericht jedoch aufgrund der unterlassenen Beiordnung eines Pflichtverteidigers für die Revisionshauptverhandlung aufgehoben, wobei das Gericht unter anderem darauf hinwies, dass die Annahme eines Schuldmilderungsgrundes wegen Verstrickung nicht von vornherein unvertretbar gewesen ist (BVerfGE 46, 202 ff.). Der nunmehr zuständige vierte Senat des Bundesgerichtshofs bestätigte die Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe im Wesentlichen unter Wiederholung der vom fünften Strafsenat angeführten Argumente, siehe BGH NJW 1978, 1336 f.
- 38.
BGH NJW 1977, 1544 (1545); BGH NJW 1978, 1336 f.
- 39.
BVerfGE 54, 100 ff.
- 40.
LG Münster, 29. November 1960, Band XVII, Lfd. Nr. 500, 48; LG Darmstadt, 29. November 1968, Band XXXI, Lfd. Nr. 694a, 260; Epik, 2017, S. 259 Fn. 477.
- 41.
- 42.
- 43.
- 44.
LG Verden, 6. Juni 1961, Band XVIII, Lfd. Nr. 537, 566; LG Hamburg, 9. Mai 1983, Band XLV, Lfd. Nr. 883, 615 f.; Epik, 2017, S. 261 Fn. 481.
- 45.
LG Bremen, 6. Mai 1953, Band X, Lfd. Nr. 355, 701; LG München II, 12. Mai 2011, 1 Ks 115 Js 12496/08 (Demjanjuk), Rn. 1310 (juris); Epik, 2017, S. 261 Fn. 482; vgl. Hirsch, 1973, S. 194 f., zustimmend S. 199 ff.; zum Problem des Doppelverwertungsverbots bei Annahme von Beihilfe aufgrund des Handelns auf Befehl S. 208 ff.
- 46.
LG Koblenz, 12. Juni 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 512, 548; LG Kiel, 26. November 1965, Band XXII, Lfd. Nr. 603, 442. Nur vereinzelt finden sich demgegenüber Entscheidungen, die dem Angeklagten das Handeln ohne vorherigen Befehl oder seinen blinden Gehorsam strafschärfend zur Last legen oder jedenfalls eine Strafmilderung aus diesem Grunde ablehnen (vgl. Hirsch, 1973, S. 196 f., kritisch gegenüber Strafschärfungen aus diesen Gründen S. 205 f.).
- 47.
LG Bremen, 6. Mai 1953, Band X, Lfd. Nr. 355, 701; LG Stuttgart, 17. Mai 1954, Band XII, Lfd. Nr. 399, 413; LG Hannover, 29. Oktober 1964, Band XX, Lfd. Nr. 582a, 571; vgl. Hirsch, 1973, S. 137 f.
- 48.
- 49.
Hirsch, 1973, S. 147.
- 50.
LG Frankfurt a. M., 16. September 1966, Band XXIV, Lfd. Nr. 637a, 623, 684.
- 51.
- 52.
LG Bremen, 6. Mai 1953, Band X, Lfd. Nr. 355, 701; LG Stuttgart, 20. Mai 1999, Band XLVIII, Lfd. Nr. 916, 625; LG München II, 12. Mai 2011, 1 Ks 115 Js 12496/08 (Demjanjuk), Rn. 1303 f. (juris); LG Lüneburg, 15. Juli 2015, 27 Ks 9/14, 27 Ks 1191 Js 98402/13 (9/14), Rn. 62 (juris); Epik, 2017, S. 264 Fn. 489; vgl. Freudiger, 2002, S. 157, 182, 188, 201 f., 215; Hirsch, 1973, S. 95 ff., 121 ff.
- 53.
LG Dortmund, 12. Oktober 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 521, 787; LG Kiel, 26. November 1965, Band XXII, Lfd. Nr. 603, 442; Epik, 2017, S. 265 Fn. 490.
- 54.
LG Hagen, 31. Oktober 1960, Band XVI, Lfd. Nr. 498, 772; LG Berlin, 28. März 1966, Band XXIII, Lfd. Nr. 627a, 462.
- 55.
LG Ulm, 29. August 1958, Band XV, Lfd. Nr. 465a, 257: „mit einer geradezu eisernen Konsequenz“; LG Düsseldorf, 15. Oktober 1971, Band XXXVI, Lfd. Nr. 761, 386; Epik, 2017, S. 265 Fn. 492.
- 56.
- 57.
- 58.
LG Stuttgart, 17. Mai 1954, Band XII, Lfd. Nr. 399, 414; LG Wiesbaden, 1. März 1973, Band XXXVIII, Lfd. Nr. 790, 692; Epik, 2017, S. 266 Fn. 495. Das LG Verden, 6. Juni 1961, Band XVIII, Lfd. Nr. 537, 566, hat hingegen strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte sich „persönliche Übergriffe gegenüber Häftlingen nicht erlaubt“ hat; ähnlich auch LG Düsseldorf, September 1965, Band XXII, Lfd. Nr. 596a, 219; LG Düsseldorf, 30. Juni 1981, Band XLIV, Lfd. Nr. 869, 578 f. Dabei wird freilich strafmildernd berücksichtigt, dass sich die Angeklagten nicht zusätzlicher Straftaten schuldig gemacht haben, was nach allgemeinen Grundsätzen allenfalls als neutraler Umstand zu werten wäre.
- 59.
LG Koblenz, 12. Juni 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 512, 550 ff.; LG Dortmund, 12. Oktober 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 521, 787.
- 60.
LG Würzburg, 3. Februar 1950, Band VI, Lfd. Nr. 192, 81 ff.; LG Berlin, 22. Juni 1962, Band XVIII, Lfd. Nr. 540a, 641 f.; Epik, 2017, S. 266 Fn. 497.
- 61.
LG Münster, 29. November 1960, Band XVII, Lfd. Nr. 500, 49; LG Bonn, 23. Juli 1965, Band XXI, Lfd. Nr. 594a, 262; LG Hannover, 14. Oktober 1971, Band XXXVI, Lfd. Nr. 760a, 281.
- 62.
LG Koblenz, 12. Juni 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 512, 550 f.; LG Karlsruhe, 13. Dezember 1963, Band XIX, Lfd. Nr. 560, 627; Epik, 2017, S. 266 Fn. 499.
- 63.
- 64.
Für eine strafmildernde Berücksichtigung des jungen Alters zum Zeitpunkt der Tat LG Ulm, 29. August 1958, Band XV, Lfd. Nr. 465a, 261; LG München II, 12. Mai 2011, 1 Ks 115 Js 12496/08 (Demjanjuk), Rn. 1306 (juris); täterbelastend hingegen LG Bremen, 6. Mai 1953, Band X, Lfd. Nr. 355, 701; LG Frankfurt a.M., 19./20. August 1965, 4 Ks 2/63 (Auschwitz). In: Gross/Renz (Hrsg.) Der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965), Band 2, 691; Epik, 2017, S. 267 Fn. 501; vgl. zum Problem und der Rechtsprechung Hirsch, 1973, 260 ff.
- 65.
- 66.
LG Würzburg, 3. Februar 1950, Band VI, Lfd. Nr. 192, 84; LG Düsseldorf, 30. Juni 1981, Band XLIV, Lfd. Nr. 869, 578 f. Das Ausbleiben dieses Bemühens wurde vielfach auch als täterbelastendes Moment herangezogen, siehe LG Heilbronn, 14. Mai 1963, Band XIX, Lfd. Nr. 551, 116 f.; LG Hamburg, 9. Mai 1983, Band XLV, Lfd. Nr. 883, 615; Epik, 2017, S. 268 Fn. 503.
- 67.
LG Tübingen, 10. Mai 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 509, 401; LG München I, 14. Juli 1972, Band XXXVII, Lfd. Nr. 777, 438; Epik, 2017, S. 269 Fn. 504.
- 68.
LG Würzburg, 3. Februar 1950, Band VI, Lfd. Nr. 192, 80, 84; LG München II, 12. Mai 2011, 1 Ks 115 Js 12496/08 (Demjanjuk), Rn. 1306 (juris); LG Lüneburg, 15. Juli 2015, 27 Ks 9/14, 27 Ks 1191 Js 98402/13 (9/14), Rn. 61 (juris); Epik, 2017, S. 269 Fn. 505; vgl. Bundesarchiv, 2008, S. 90; Freudiger, 2002, S. 156, 162, 167, 182, 187, 208, 216; Hirsch, 1973, S. 302 ff., 306 f.
- 69.
Bedenklich ist freilich, dass gelegentlich bereits taktischen Teilgeständnissen strafmildernde Wirkung zuerkannt wurde, siehe LG München I, 21. Juli 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 519, 706. Ebenfalls recht weitgehend ist die strafmildernde Berücksichtigung eines in der Hauptverhandlung widerrufenen Geständnisses durch das LG Düsseldorf, 30. Juni 1981, Band XLIV, Lfd. Nr. 869, 578 f.
- 70.
LG Bremen, 6. Mai 1953, Band X, Lfd. Nr. 355, 701 f.; LG Hamburg, 9. Mai 1983, Band XLV, Lfd. Nr. 883, 616; LG Lüneburg, 15. Juli 2015, 27 Ks 9/14, 27 Ks 1191 Js 98402/13 (9/14), Rn. 61 (juris); Epik, 2017, S. 270 Fn. 507. Fehlende Reue wurde gelegentlich auch zu Lasten des Angeklagten gewertet, siehe LG Koblenz, 12. Juni 1961, Band XVII, Lfd. Nr. 512, 552 f.; LG Bochum, 30. April 1964, Band XX, Lfd. Nr. 571, 143; LG Düsseldorf, 15. Oktober 1971, Band XXXVI, Lfd. Nr. 761, 386.
- 71.
LG Würzburg, 3. Februar 1950, Band VI, Lfd. Nr. 192, 80, 84; LG Ulm, 29. August 1958, Band XV, Lfd. Nr. 465a, 256 ff.: Das LG Ulm spricht sogar von „Lebensführungsschuld“ aufgrund des Eintritts in die jeweiligen Organisationen; LG Düsseldorf, 30. Juni 1981, Band XLIV, Lfd. Nr. 869, 579 f.; vgl. Hirsch, 1973, S. 267 ff. Die strafschärfende Berücksichtigung der Zugehörigkeit zu einer NS-Organisation ablehnend hingegen LG Düsseldorf, 3. September 1965, Band XXII, Lfd. Nr. 596a, 213; LG Düsseldorf, 12. Januar 1973, Band XXXVIII, Lfd. Nr. 784, 151; Epik, 2017, S. 271 Fn. 508 jeweils m. w. N.
- 72.
LG Bremen, 6. Mai 1953, Band X, Lfd. Nr. 355, 701; LG Verden, 6. Juni 1961, Band XVIII, Lfd. Nr. 537, 566; vgl. Hirsch, 1973, S. 310 ff.
- 73.
Vgl. Hirsch, 1973, S. 234 ff.
- 74.
LG Würzburg, 3. Februar 1950, Band VI, Lfd. Nr. 192, 84; LG Bonn, 23. Juli 1965, Band XXI, Lfd. Nr. 594a, 265.
- 75.
LG Ulm, 29. August 1958, Band XV, Lfd. Nr. 465a, 256 ff.; LG Stuttgart, 20. Mai 1999, Band XLVIII, Lfd. Nr. 916, 625; Epik, 2017, S. 272 Fn. 512.
- 76.
LG Ulm, 29. August 1958, Band XV, Lfd. Nr. 465a, 259, 261; LG Hagen, 20. Dezember 1966, Band XXV, Lfd. Nr. 642a, 232; Epik, 2017, S. 273 Fn. 513.
- 77.
Vgl. Hirsch, 1973, S. 235 ff.
- 78.
LG Ulm, 29. August 1958, Band XV, Lfd. Nr. 465a, 256; LG München II, 12. Mai 2011, 1 Ks 115 Js 12496/08 (Demjanjuk), Rn. 1306 (juris); LG Lüneburg, 15. Juli 2015, 27 Ks 9/14, 27 Ks 1191 Js 98402/13 (9/14), Rn. 61 (juris); Epik 1973, S. 273 Fn. 515; vgl. Bundesarchiv, 2008, 90, 95; Freudiger, 2002, S. 157, 208; vorsichtig befürwortend Hirsch, 1973, S. 173 ff.
- 79.
- 80.
Gegen die Minderung des Sühnebedürfnisses und der Tatschuld zutreffend auch LG Essen, 10. Februar 1966, Band XXIII, Lfd. Nr. 620, 198; LG Aachen, 23. März 2010, 52 Ks 45 Js 18/83 – 10/09, Rn. 227 (juris); Epik, 2017, S. 274 Fn. 517.
- 81.
Vgl. Epik, 2017, S. 237.
- 82.
LG Bochum, 4. Juni 1957, Band XIV, Lfd. Nr. 446a, 178; LG Düsseldorf, 30. Juni 1981, Band XLIV, Lfd. Nr. 869, 577; Epik, 2017, S. 275 Fn. 519. Mit Blick auf das fortgeschrittene Alter des Angeklagten auch LG Lüneburg, 15. Juli 2015, 27 Ks 9/14, 27 Ks 1191 Js 98402/13 (9/14), Rn. 61 (juris).
- 83.
- 84.
Exemplarisch LG Köln, 4. Mai 1957, Band XIV, Lfd. Nr. 444a: Gesamtstrafe von vier Jahren Zuchthaus wegen Beihilfe zum Mord in zwei Fällen, wobei als Einzelstrafen jeweils drei Jahre Zuchthausstrafe ausgeworfen wurden, was der Mindeststrafe des gemilderten Strafrahmens entsprach (§§ 211, 49 Abs. 2, 44 Abs. 2 StGB a. F.: „nicht unter drei Jahren“), obschon der Angeklagte nach den Feststellungen des Gerichts mit seinem Tatbeitrag den Tod von mindestens 130 Menschen verursacht hatte; LG Kiel, 8. April 1964, Band XIX, Lfd. Nr. 567a: Drei Jahre Zuchthaus wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord in 760 Fällen. Empfindliche Freiheitsstrafen wurden zwar ebenfalls verhängt; regelmäßig setzte dies jedoch erhebliche Strafschärfungsgründe voraus. Bei Angeklagten, die „lediglich“ auf Grundlage ihnen erteilter Befehle gehandelt hatten, ist eine Einordnung im unteren Strafrahmendrittel hingegen als Regelfall feststellbar.
- 85.
Literatur
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Epik, A. (2017). Die Strafzumessung bei Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch. Mohr Siebeck.
von Frankenberg, K. (2018). Wie geht die Justiz der BRD mit Nazi-Verbrechen um? Kritische Justiz 51, 137 ff.
Freudiger, K. (2002). Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen. Mohr Siebeck.
Hanack, E.-W. (1967). Zur Problematik der gerechten Bestrafung nationalsozialistischer Gewaltverbrecher. Juristenzeitung, 329 ff.
Hirsch, G. E. (1973). Die Strafzumessung bei nationalsozialistischen Gewalt- und Kriegsverbrechen. Univ. Diss.
Horstmann, T., & Litzinger, H. (2006). An den Grenzen des Rechts. Campus.
Jescheck, H.-H., & Weigend, T. (1996). Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil (5. Aufl.). Duncker & Humblot.
Kuchenbauer, K. (2009). Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen und die Verfolgung nationalsozialistischer Verbrechen. Neue Juristische Wochenschrift, 14 ff.
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Epik, A. (2023). Strafzumessung für nationalsozialistische Massenvernichtungsverbrechen vor bundesdeutschen Gerichten. In: Vormbaum, M. (eds) Spätverfolgung von NS-Unrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66478-0_16
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