Zusammenfassung
Dieses Kapitel thematisiert ethische Fragen der Embryospende mit Ausblick auf andere Formen der reproduktiven Spende. Der Schwerpunkt liegt auf möglichen Problemen, die aus der Embryospende für das Kindeswohl erwachsen könnten. Auszüge aus der Stellungnahme des Deutschen Ethikrates Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung (2016) werden kommentiert. Die ersten beiden Teile skizzieren die Voraussetzungen und den rechtlichen Hintergrund der Embryospende in Deutschland und die Tätigkeit des im Jahre 2013 gegründeten Netzwerks Embryonenspende. Der dritte Teil diskutiert Fragen der „gespaltenen Elternschaft“ und der vierte Teil erörtert das Recht des Kindes auf die Kenntnis seiner genetischen HerkunftIm fünften Teil ist zu fragen, inwiefern die Embryospende als eine Form der Frühadoption angesehen werden könnte und entsprechend analog der Kindesadoption reguliert werden sollte. Der sechste Teil zieht ein Fazit und verweist auf offene Forschungsfragen.
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Notes
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Hier und im Folgenden wird ausschließlich von „Embryospende“ die Rede sein – anders als im Wortgebrauch beispielsweise des Deutschen Ethikrates (2016); hierzu später mehr.
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Vgl. zum Kindeswohl auch MacCallum und Widdows (2012, S. 286).
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Philosophische Detailfragen wie z. B. nach dem Natürlichkeitsargument, möglichen Veränderungen der Generationenrolle, dem Non-Identity-Problem, dem Antinatalismus und einer spezifischeren Definition des Kindeswohls wurden im Rahmen einer Konferenz im Jahre 2016 diskutiert, Conference „Ethics of Embryo Donation“, Universität Potsdam, April (2016).
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Vgl. auch die Formulierung Deutscher Ethikrat (2016, S. 48): „gespaltene Mutterschaft von gebärender und rechtlicher Mutter“.
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Es wird kritisch diskutiert, ob man von der Kinderrechtskonvention (UNCRC 2010) ein Kenntnisrecht ableiten kann. In seiner FAQ-Sektion präzisiert das Netzwerk Embryonenspende (2015) einige Punkte seines Verfahrens: Spendende und empfangende Eltern können bei wechselseitigem Interesse nach Geburt miteinander Kontakt aufnehmen. Das Netzwerk spricht dem Kind ein Kenntnisrecht analog zu dem nach der Samenspende zu, und die Eltern werden zur Aufklärung des Kindes angehalten; psychosoziale Beratung wird empfohlen unter Nennung der beiden Beratungsstellen BKiD und DI-Netz. Die Daten der Spender (Vater und Mutter) werden bei einer namentlich genannten Notarin hinterlegt. Die medizinischen Zentren bieten ihre Hilfe bei der Vermittlung eines Treffens der Familien an. Diese Änderung wird vom DI-Netz (2015) wohlwollend aufgenommen.
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Die Empfehlung auf S. 121 besagt: „Je höher man den moralischen Status des Embryo in vitro bewertet, desto bedeutsamer wird die Notwendigkeit, die Entstehung überzähliger Embryonen zu vermeiden, und umso schwerer wiegen die Gründe, dennoch entstandenen überzähligen Embryonen eine Lebensperspektive nicht zu verwehren.“.
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Dagegen vertreten die drei Autoren des Sondervotums die Auffassung, dass die Embryospende nach Möglichkeit in stabilen Paarbeziehungen erfolgen sollte und nicht von Solo-Müttern praktiziert werden sollte: „Der bewusst intendierte Ausfall der zweiten Elternrolle widerspricht dem Wohl des Kindes, das ein Recht hat, bei Vater und Mutter aufzuwachsen“ (Deutscher Ethikrat 2016, S. 132).
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Die Präembryonen werden auch „imprägnierte Eizellen“ genannt: Vgl. ebd.: „Als imprägniert wird eine Eizelle bezeichnet, in die die Samenzelle zwar bereits eingedrungen, deren Befruchtung aber noch nicht abgeschlossen ist. Imprägnierte Eizellen gelten daher nicht als Embryonen im Sinne des Embryonenschutzgesetzes (§ 8 ESchG)“. In ihnen ist sowohl das väterliche als auch das mütterliche Genom vorhanden, aber die beiden Genome sind noch nicht miteinander verschmolzen. Vgl. auch Deutscher Ethikrat (2016, S. 114 f.). Die Problematik des Umgangs mit imprägnierten Eizellen im Vorkernstadium wurde kürzlich von Schickl aus philosophischer und Taupitz und Hermes aus rechtlicher Sicht behandelt; vgl. Schickl (2019); Taupitz und Hermes (2015).
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Diels juristische Dissertation zu Leihmutterschaft und Kindeswohl, die die Form einer Metastudie hat, merkt an, dass es Hinweise auf mögliche Schwierigkeiten geben könnte, die noch weiter zu untersuchen sind (Diel 2014, S. 44). In einem Fazit zu Studien zum Kindeswohl bei Leihmutterschaft fasst Diel zusammen (ebd.: 64 f.): „Die hier vorgestellten Studien führten zu dem Ergebnis, dass sich eine Leihmutterschaft auf die psychologische Entwicklung des Kindes, das Eltern-Kind-Verhältnis sowie die Kindeserziehung im Kindesalter von einem Jahr (…) zwei, drei (…) oder sieben Jahren (…) nicht negativ auswirkt respektive in der frühkindlichen Entwicklungsphase partiell sogar positivere Resultate vorwies. Und auch die Wunschkinder selbst ordneten die Leihmutterschaft im Alter von zehn Jahren jedenfalls nicht negativ ein. (…) Zu beachten bleiben aber die bei fortgeschrittenem Alter der betroffenen Kinder nunmehr zum Teil anklingenden negativen Tendenzen und mitunter noch die Besonderheiten des Reproduktionstourismus, beispielsweise die angesprochenen Problemfelder im Rahmen der Identitätsfindung (…).“
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Vgl. aus philosophischer Sicht zur Relativierung des Genetischen angesichts eines Verständnisses von Elternschaft als Vertrauensverhältnis z. B. Wiesemann 2015, S. 232: „Genetische Beziehungen bzw. Eheversprechen sind zwar in der Lage, dem Faktum der persönlichen Verbundenheit auch auf biologischer bzw. sozialer Ebene Ausdruck zu verleihen. Sie bekräftigen die Idee der umfassenden und unabweisbaren persönlichen Beziehung und tragen selbst wiederum zu Verhältnissen moralisch relevanter Reziprozität bei. Das hat sie zu wichtigen Indikatoren dieser besonderen menschlichen Beziehungen werden lassen. Sie begründen aber nicht notwendigerweise die Eltern-Kind-Beziehung und in der Folge auch nicht die Familie; das adoptierte Kind oder das ausgesetzte Kind, das anonym an einer Babyklappe abgegeben wurde, sind im gleichen Maße ein moralischer Appell, wie das gezeugte und geborene.“
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Die Autoren formulieren, das Folgende sei anzunehmen: „most donor-conceived people have an interest in securing information about their genetic and biographical heritage and benefit from early parental disclosure“.
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Vgl. zur Problematik dieser Begriffsverwendung Hallich 2019.
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Vgl. auch Wiesemann 2006, v. a. Kap. 6, „Leiblichkeit in der Eltern-Kind-Beziehung“ und Wiesemann 2016, S. 50: „Conception and pregnancy (…) represent important social landmarks in the process of establishing the parent-child-relationship“. An dieser Stelle tritt Wiesemanns Position zur Embryospende nicht deutlich zutage, da sie sich allgemein zur Konstitution von Elternschaft äußert. Vgl. jedoch MacCallum u. Widdows 2012, S. 274.
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Zum Kindeswohl nach Leihmutterschaft vgl. auch Steinbock (1998, S. 423 ff.).
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Krämer, F. (2020). Ethische Probleme der Embryospende. In: Beier, K., Brügge, C., Thorn, P., Wiesemann, C. (eds) Assistierte Reproduktion mit Hilfe Dritter. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-60298-0_9
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