Zusammenfassung
Flexibilisierung, Intensivierung der Arbeit und Work-Life-Balance sind häufige Themen in aktuellen öffentlichen Diskursen. Auch in der Forschung mehren sich Diagnosen der Entgrenzung von Arbeit und Nicht-Arbeit, die von den Chancen für die individuelle Arbeitsgestaltung bis zu den gesundheitlichen Risiken reichen. Dieser Beitrag betrachtet das menschliche Sinnerleben von Arbeit und verweist auf salutogene und pathogene Dimensionen der aktuellen Arbeitswelt. Um gegenwärtige Entwicklungen zu verstehen und zukünftige Diskurse gestalten zu können, wird aus einer historischen Perspektive das Muße-Ideal entwickelt und dem heutigen Arbeitserleben entgegengesetzt, insbesondere dem Aufschwung von Selbstverwirklichung und Sinnfindung in der Arbeit. Der Blick in die Vergangenheit zeigt: Die individuellen und sozialen Sinngebungen sind historisch gewachsen und veränderbar. Ferner fragt der Beitrag, ob sich diese Sinnzuschreibungen nach Berufen unterscheiden: Erachten Müllwerker beispielsweise ihre Arbeit als ebenso sinnvoll wie Steinmetze oder Ärzte? Abschließend werden Chancen und Risiken einer als sinnvoll erachteten Arbeit diskutiert.
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Notes
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In diesen Kontext ist auch das sozialstaatliche Engagement einzuordnen, gesundheitlichen und sozialen Problemlagen zu begegnen, die durch Arbeitslosigkeit entstehen. Wem die Erwerbsteilhabe langfristig oder dauerhaft verwehrt bleibt, dessen soziale Position und Alltagsstruktur kann über staatlich geförderte Beschäftigung oder Maßnahmen Sozialer Aktivierung unterstützt werden (Freier 2016).
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Muskel-Skelett-Erkrankungen stehen mit einem Anteil von 22,5 % an den AU-Tagen an erster Stelle, gefolgt von Atemwegserkrankungen mit 12,6 % und psychischen Erkrankungen mit 11,2 %.
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86 % der Befragten gaben in der Europäischen Erhebung an, immer oder meistens das Gefühl zu haben, eine nützliche Arbeit zu verrichten.
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Freier, C. (2018). Was bedeutet uns Arbeiten?. In: Badura, B., Ducki, A., Schröder, H., Klose, J., Meyer, M. (eds) Fehlzeiten-Report 2018. Fehlzeiten-Report, vol 2018. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57388-4_5
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