Zusammenfassung
Eine bildhafte Vorstellung bringt Situation vor Augen als Lage der Dinge zueinander in raumtopographischer Anordnung. Am Leitfaden dieser räumlich-perspektivischen Vorstellung erwächst der Gedanke der Situation als einer Wirklichkeit für ein an ihr als Dasein interessiertes Subjekt, dem sie Einschränkung oder Spielraum bedeutet; andere Subjekte und deren Interessen, soziologische Machtverhältnisse, augenblickliche Kombinationen oder Gelegenheiten kommen in ihr zur Geltung. Situation heißt eine nicht nur naturgesetzliche, vielmehr eine sinnbezogene Wirklichkeit, die weder psychisch noch physisch, sondern beides zugleich als die konkrete Wirklichkeit ist, die für mein Dasein Vorteil oder Schaden, Chance oder Schranke bedeutet. Diese Wirklichkeit ist nicht Gegenstand einer einzelnen Wissenschaft, sondern vieler. So werden Situationen methodisch untersucht durch die Biologie im Begriff der Umwelt der Tiere, etwa zur Erforschung der Anpassung; durch die Volkswirtschaftslehre in den Situationsgesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage, oder in anthropogeographischen Fragen; durch die Geschichtswissenschaft in den einmaligen, bedeutungsvollen Gestaltungen der Situationen. Situationen im Dasein sind also als allgemeine, typische oder als historisch bestimmte einmalige Situationen. Während das Typische eine Verallgemeinerung aus der immer besonderen Bestimmtheit unseres Daseins ist, wird das absolut Einmalige erst rückläufig sichtbar, wenn unser Interesse etwa an der einmaligen Weltlage, an der nie wiederkehrenden Gelegenheit den Ausschlag für die Betrachtung gibt.
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Jaspers, K. (1956). Grenzsituationen. In: Philosophie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-38467-1_7
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