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Einleitung

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(Un-)Erwünschte Erinnerung

Part of the book series: pop.religion: lebensstil – kultur – theologie ((PKRT))

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Zusammenfassung

Das Kapitel legt dar, dass die Arbeit mit einer theologischen Perspektive einen interdisziplinären Beitrag zur gegenwärtigen Relevanz von materieller Erinnerungskultur nach 1945 am Beispiel des Wewelsburger Mahnmals von Josef Glahé in der „Gruft“ der heutigen „Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933–1945“ leisten will. Die Beschreibung des Forschungsstands macht deutlich, dass Glahés Gemäldezyklus zwar in den letzten drei Jahrzenten immer wieder in Publikationen erwähnt und unter speziellen Gesichtspunkten thematisiert, aber abgesehen von dem ersten längeren Aufsatz von 1993 (Gausmann/Schäferjohann-Bursian) nicht als eigenständiges Forschungsobjekt bearbeitet wurde. Da Glahés Zyklus auf einen bestimmten Ort, dessen Geschichte und den Umgang mit dieser Geschichte bezogen ist, werden die historischen Kontexte der Wewelsburg (speziell in der NS-Zeit), das KZ Niederhagen, die nachkriegsdeutschen Rezeptionen der Wewelsburg, der Glahé Zyklus und dessen vielfältiges bildungspolitisches und religiöses Potential skizziert. Abschließend wird der Aufbau der Arbeit erläutert.

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Notes

  1. 1.

    Neuroth, Kunst - Dokument der Zeit, in: Westfälisches Volksblatt, vom 29.12.1949.

  2. 2.

    Über die Zeit sind verschiedene Schreibweisen auszumachen: Josef/Jo Glahe/Glahé. Die Schreibweise ohne Akut-Akzentuierung Josef Glahe kommt insbesondere in den älteren Dokumenten vor (z. B. vgl. Taufe von Josef Glahe, in: Taufregister der Katholischen Kirchengemeinde der St. Nikolaus Büren, Auskunft des Pastoralverbundbüros Büren vom 06.07.2021; Erkennungsmarkenzeichnisse und Veränderungsmeldungen der Wehrmacht, B 563/58342, 94), sodass davon auszugehen ist, dass es sich hier um seinen bürgerlichen Namen handelt. Jo Glahe ist in den Dokumenten des „Vereins zu Erhaltung der Wewelsburg“ in Form seiner Unterschrift vorzufinden, wobei er selbst darunter in Klammern ‚Josef Glahe‘ setzt (z. B. vgl. Brief von Glahé an den „Verein zur Erhaltung der Wewelsburg“ vom 08.11.1950, SKAP, K – Kreis Büren B 1476, Bl. 329), was die vorherige Vermutung bestätigt. Die geänderte Schreibweise von Glahe zu Glahé erfolgte mit seinem Karrierebeginn in Köln im Bereich der Werbe- sowie der architektonischen Messebranche (z. B. vgl. [Anonym], Glahé Gruppe Köln, in: Kölner Stadt-Anzeiger vom 21.10.1965; Pechmann, Exklusiv-Interview, in: Messe- und Kongressvorschau, Sonderdruck aus dem Jahre 1993). Seitdem ist Josef Glahe unter seinem Künstlernamen Jo Glahé bekannt (vgl. Abschn. 4.2). Da in der vorliegenden Arbeit sowohl auf die Privatperson als auch auf den späteren Künstler und Unternehmer Glahé Bezug genommen wird, findet im Folgenden die Schreibweise ‚Josef Glahé‘ Gebrauch, um seine Biografie in seiner Vielfalt zu würdigen.

  3. 3.

    Glahé, Zit. n. Neuroth, Kunst - Dokument der Zeit, in: Westfälisches Volksblatt, vom 29.12.1949.

  4. 4.

    Der Zusatz ‚nach Auschwitz‘ wurde von Theodor W. Adorno und Johann Baptist Metz geprägt und findet in der Forschungsliteratur Verwendung. Auschwitz nimmt dabei als traumatischer Ort eine Stellvertreterfunktion für die anderen Orte der NS-Massenverbrechen ein. Angesichts der Tatsache, dass die Nationalsozialisten und insbesondere die SS für eine Vielzahl von Verbrechen wie die „Kriegsverbrechen“, „Verbrechen gegen den Frieden“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zur Rechenschaft gezogen wurden, wird an dieser Stelle der Begriff NS-Massenverbrechen verwendet, da der international häufig verwendete und teils umstrittene Begriff ‚Holocaust‘ (griech. ὁλοκαύτωμα „Brandopfer“) zwar meist andere verfolgte und systematisch ermordete Gruppierungen wie Homosexuelle, Menschen mit Behinderung etc. inkludiert, aber eine religiöse und von Gott gewollte Komponente beinhaltet und der hebräische Begriff ‚Shoah‘ (hebr. שּׁוֹאָה „Vernichtung/Unheil“; auch Schoah, Schoa, Shoa) meist eher exklusiv im Rahmen des Gedenkens an den Genozid der europäischen Juden Gebrauch findet. Die Begriffswahl wird auch dahingehend gestärkt, da im Wewelsburger KZ eher wenige jüdische Häftlinge inhaftiert waren und die Mehrheit der Häftlingsgruppe aus „Ernsten Bibelforschern“ (Zeugen Jehovas) und politischen Häftlingen bestand. Werden die Begriffe im weiteren Verlauf wie z. B. von anderen Autor:innen verwendet, werden diese zwar – wie dort angegeben – übernommen, aber in einem inklusiven Sinn verstanden. Daher findet neben dem Begriffszusatz ‚nach Auschwitz‘ auch die Begrifflichkeit NS-Massenverbrechen in der vorliegenden Arbeit Gebrauch (vgl. Hein, Die SS, 103 ff.; Boschki, Erinnern/Erinnerungslernen (Zugriff am 1.08.2020); Longerich, Holocaust, 177 ff.; John, „Mein Vater wird gesucht…“, 135 ff.; Brumlik, Erziehung nach Auschwitz als Unterweisung ins Eingedenken, 154 ff.)

  5. 5.

    Vgl. Forschungsgruppe Remember, 22 ff.; A. Assmann, Erinnerungsräume, A. Assmann, Das neue Unbehagen an der Erinnerungskultur, 30 ff.; Erll, Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen, 1 ff.; Frieden, Neuverhandlungen des Holocaust, 26 ff.; A. Assmann, Einführung in die Kulturwissenschaft, 183; Borsdorf/Grütter, Einleitung, 1; Zick/Berghan/Mokros, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland 2002-2018/19, 55.

  6. 6.

    Gausmann/Schäferjohann-Bursian, Das vergessene Mahnmal Josef Glahes, 122.

  7. 7.

    Vgl. Gausmann/Schäferjohann-Bursian, Das vergessene Mahnmal Josef Glahes, 121 ff.

  8. 8.

    Brebeck und Lehrke thematisieren das Wewelsburger Gedenkstättenkonzept, in dem der Mahnmalzyklus bis zu dem Zeitpunkt keine Rolle gespielt hat, da er zunächst in einer Abstellkammer des Museums, anschließend in dem Museumsmagazin verweilte und erst nach einem langen Restaurationsprozess schrittweise ab 1999 wieder in das Gedenkstättenkonzept eingeführt wurde (vgl. Brebeck, Das Kreismuseum Wewelsburg, 59 f.; Lehrke, Gedenkstätten für die Opfer, 137 ff.; Broschüre zur Ausstellung „Den Lebenden zum Mahnmal. Eine Ausstellung gegen das Vergessen“ im Burgsaal des Kreismuseums Wewelsburg, vom 28.03-02.05.1999). Kirschbaum befasst sich zwar mit der Mahnmalentwicklung nach 1945 in NRW und unter anderem auch mit dem Wewelsburger Mahnmalstreit, greift aber den Gemäldezyklus von Glahé – der im Rahmen der Mahnmaldiskussion ebenfalls angesprochen, aber als ungeeignet betrachtet wurde – nicht ein einziges Mal auf (vgl. Kirschbau, Mahnmale als Zeitzeichen, 318 ff.; Vermerk des Kulturamtes des Kreises Paderborn vom 29.11.1976, SKAP, K – Kreis Paderborn C 50, Protokoll der Sitzung des Kulturausschusses des Kreises Paderborn vom 30.11.1976, SKAP, K – Kreis Paderborn C 48, Protokoll der Sitzung des Arbeitskreises „Mahnmal Wewelsburg“ vom 28.04.1977, SKAP, K – Kreis Paderborn C 48 des Nationalsozialismus, 512).

  9. 9.

    Brebeck spricht hier nur von dem „Mahnmal in der ehemaligen ‚SS-Gruft‘“ (Brebeck, Das Kreismuseum Wewelsburg, 60), das im Jahre 1950 eröffnet und in den 1970er Jahren wieder geschlossen wurde (vgl. ebd. 59 f.). Puvogel/Stankowski sprechen nicht von einem Mahnmal, sondern nur von einer Ausgestaltung der „‚SS-Gruft‘ als Gedenkraum“ (Puvogel/Stankowski, Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, 512).

  10. 10.

    Vgl. Hüser, Wewelsburg 1933 bis 1945, 133 ff.; Schäferjohann-Bursian, Gedenkstätten oder durch Nutzung vergessen?, 361 ff.; Schäferjohann-Bursian, Ein Mahnmal für die Opfer des Konzentrationslagers in Wewelsburg oder die geteilte Erinnerung, 63 ff.; Brebeck, „Unserem sinkenden Volke wenigstens eins zu erhalten…“, 143 ff.; Brebeck, Von langer Dauer, 290 ff.; Brebeck, Entstehung und Beseitigung von Mahnzeichen in Wewelsburg seit 1945, 473 ff.; Brebeck, Gedenken an die Opfer des KZ in Wewelsburg, 44 ff.; Brebeck, Die Wewelsburg, 83 ff.

  11. 11.

    Vgl. John-Stucke, Auseinandersetzungen um Denkmäler und Gedenkorte in Westfalen, 29 ff.

  12. 12.

    Vgl. Brebeck/John-Stucke, Wewelsburg - zum historischen Ort, 13 ff.; John-Stucke, (Un)Möglich?, 36 ff.

  13. 13.

    Vgl. John-Stucke, Der Gemäldezyklus von Josef Glahé in der Wewelsburg, 63-64.

  14. 14.

    Vgl. Anonym, Jo Glahé, (Zugriff am 29.02.2021); LWL/LWL-Medienzentrum für Westfalen/Kreismuseum Wewelsburg, Wewelsburg. Ideologie und Terror der SS, Disk 2: Modul 4.1 und 7.2; Glahé, Glahé-Atelier, (Zugriff am 15.02.2019); Jószef Futaki, Ausstellungstext: Josef Glahé. Kisoroszibian, Kisoroszi 2020, Historisches Museum Kisoroszi. Zum Wikipedia-Artikel und Homepage des Künstlers: Beide sind stark auf die Biografie des Künstlers fokussiert, wobei der Bilderzyklus als sein größtes künstlerisches Werk herausgestellt wird. Zum Film: In Modul 4.1 wird die Entwicklung der „Gruft“, für den der Zykluskurz geschaffen wurde, skizziert und in diesem Zuge auch das Mahnmal. In Modul 7.2 wird Zyklus in die Erinnerungskultur nach 1945 eingebettet.

  15. 15.

    Vgl. Arnhold/Schroeter-Wittke, Wewelsburg – Religionssensibilität an einem Ort des Schreckens, 89 ff.; Lerke, Zwischen Erinnern und Vergessen, (Zugriff am 29.02.2021).

  16. 16.

    Vgl. Brebeck/John-Stucke, Wewelsburg – zum historischen Ort, 10 ff.; Schulte, Himmlers Wewelsburg, 7; Assmann, Erinnerungsräume, 328 ff. Der Begriff traumatischer Ort geht auf Aleida Assmann zurück und bezeichnet einen Ort, an dem Unaussprechliches geschehen ist, wie z. B. Ausschwitz. Er „hält die Virulenz eines Ereignisses als Vergangenheit fest, die nicht vergeht, die nicht in die Distanz zurückzutreten vermag.“ (Assmann, Erinnerungsräume, 329).

  17. 17.

    Vgl. Schulte, Himmlers Wewelsburg, 7 ff.; Moors, Die SS und die Wewelsburg, 59 ff.

  18. 18.

    Vgl. Moors, Die SS und die Wewelsburg, 59 ff.

  19. 19.

    Vgl. ebd., 55 ff.; Moors, Das ‚Reichshaus der SS-Gruppenführer‘, 161 ff.; John-Stucke, Himmlers Pläne und Aktivitäten in Wewelsburg, 13 ff. Die Wewelsburg nahe Paderborn wird bis heute in der Forschung zu Himmlers Plänen und Aktivitäten sowie zur Funktion für die Schutzstaffel „als ein Ort wahrgenommen, an dem Heinrich Himmler besondere, wenn auch anhand der zeitgenössischen Quellen nicht genauer fassende ideologische Vorhaben zu verwirklichen beabsichtigt habe.“ (Moors, Die SS und die Wewelsburg, 55; eine umfassende Zusammenfassung des Forschungstandes zur Geschichte der SS findet sich unter anderem in den Werken des Experten Jan Erik Schulte, vgl. Schulte, Zur Geschichte der SS, XI-XXXV). Doch welche Funktion sie letztendlich während des Nationalsozialismus und der Inbesitznahme der SS tatsächlich innehaben sollte, bleibt aufgrund der wenigen überlieferten schriftlichen Dokumente unklar. Maßgeblich geprägt hat das verbreitete Bild der Burg die Forschung des Paderborner Historikers Karl Hüser. 1977 wurde er vom Kreis Paderborn beauftragt, die Geschichte der Wewelsburg von 1933-1945 aufzuarbeiten. Diese Forschungsergebnisse dienten der am 20. März 1982 eröffneten dokumentarischen Dauerausstellung „Wewelsburg 1933-1945. Kult- und Terrorstätte der SS“ im Wachgebäude am Burgvorplatz als Grundlage, die auch im gleichnamigen Buch, dem Ausstellungskatalog, erschienen. Er beschreibt eine dreiteilige Entwicklung des Wewelsburg-Projektes: Beginnend bei einer Einrichtung einer weltanschaulichen Schule für höhere SS-Offiziere, über eine Verlagerung des Fokus der „SS-Schule Haus Wewelsburg“ (offizieller Titel seitens der SS) im November 1935, auf einen Wissenschaftsbetrieb mit dem Ziel „pseudowissenschaftliche[…] Grundlagenforschung zur Untermauerung der SS-Rassenlehre“ (Hüser, Wewelsburg 1933 bis 1945, 28) zu betreiben, bis hin zu einer Etablierung einer „pseudo-religiösen Kultstätte“ (ebd., 119) ab 1938. Zwar verstand Hüser die Wewelsburg als einen Ort, der dazu dienen sollte, dass sich der SS-Elitegedanke in dem Identitätsverständnis der höheren SS-Offizieren verfestigen konnte, „betont aber die geplante angebliche religiös-rituelle Bedeutung der Wewelsburg.“ (John-Stucke, Himmlers Pläne und Aktivitäten in Wewelsburg, 14; vgl. Moors, Die SS und die Wewelsburg, 55f.; Hüser, Wewelsburg 1933 bis 1945, 28, 71 und 119). Die Intensivierung der NS- und SS-Forschungen in den letzten Jahrzehnten und die veränderten Sehgewohnheiten der Museumsbesucher:innen führten dazu, dass in den Jahren 2000 bis 2010 die Geschichte des SS-Projekts in Wewelsburg sowie die darauf bezogene Dauerausstellung einer kompletten und tiefgreifenden Neubewertung und Neugestaltung unterzogen wurde. In der Neukonzipierung der Dauerausstellung „Ideologie und Terror der SS“ im Jahre 2010 wurden diese wissenschaftlichen Forschungsergebnisse mit aufgegriffen und unter anderem in dem von Jan Erik Schulte herausgebenden Sammelband „Die SS, Himmler und die Wewelsburg“ (2009) veröffentlicht. Dabei bewertete Schulte Himmlers Wewelsburg-Projekt neu. Ausgehend von einem SS-Gruppenführer-Treffen mit der SS-Führungsspitze vom 12. bis zum 15. Juni 1941 auf der Wewelsburg (unmittelbar vor dem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941) vertritt Schulte die Ansicht, dass die Wewelsburg als weltanschauliches, mythisches Zentrum intendiert war, in dem das eigene ideologische Selbstbild der SS, hier Himmler und seiner SS-Führungselite, bestätigt und politische Weichenstellungen ideologisch überhöht werden sollten (vgl. Schulte, Himmlers Wewelsburg und der Rassenkrieg, 3 und 20; Moors, Die SS und die Wewelsburg, 56). Im Vergleich zu Hüser setzte Schulte einen anderen Schwerpunkt. Er verknüpfte die Funktion der Wewelsburg etwas mehr mit der Gesamtentwicklung der SS, „ohne jedoch dabei deren Einordnung als ein genuin ideologisches Projekt in Frage zu stellen“ (Moors, Die SS und die Wewelsburg, 56). Er ging hierbei von einer ritualisiert ideologischen Überhöhung der radikal politischen Entwicklung der SS aus, wohingegen Hüser eine religiös-rituelle Überhöhung der Wewelsburg und somit einen Gegenentwurf zum katholischen Wewelsburger Umfeld in Form von Pseudo-Wissenschaften und einer pseudoreligiösen neu-germanischen Kultstätte betonte (vgl. ebd., 56 f.). Die jüngsten Forschungsergebnisse setzen den Fokus erneut anders. Bereits Albrecht Seufert forderte im Jahre 1992 in seiner kunst- und kulturgeschichtlichen Aufarbeitung der Wewelsburg bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, dass die Geschichte der Wewelsburg, spez. ihre baulichen Veränderungen während der SS-Herrschaft, mit der Entwicklung sowie mit dem damit verbundenen Machtzuwachs der SS innerhalb des nationalsozialistischen Systems analysiert werden müsse (vgl. Seufert, In Form eines Triangels, 213). Dies sollte erst durch Markus Moors erfolgen. Mit Fokus auf die überlieferten Baupläne von Himmlers beauftragtem Architekten Hermann Bartels konzentrierte er sich nicht nur auf die Wewelsburg als Bauwerk, sondern schloss auch das Dorf Wewelsburg in seine Analyse mit ein. Diese Bauzeichnungen setzte Moors in Bezug zur Entwicklung sowie dem damit verbundenen Machtzuwachs der SS innerhalb des nationalsozialistischen Systems und verdeutlichte, dass das Wewelsburger SS-Bauprojekt als ein nachvollziehbares, symbolisches Miniaturmodell der Entwicklung der SS im Allgemeinen betrachtet werden kann. Dabei grenzte er sich von der vorherigen und immer noch weitverbreiteten, öffentlichen Auffassung der Wewelsburg als SS-ideologisches Zentrum oder pseudoreligiöse Kultstätte ab und betonte, dass dieses Verständnis überholt sei. Moors bejahte lediglich Himmlers Bestreben einer Schaffung einer ideologisch-mythischen Aura rund um die Wewelsburg zur Ablenkung „von dem realen gewalttätigen Machtverhältnis der SS zu ihrer Umwelt“ (Moors, Die SS und die Wewelsburg, 86) und stellte heraus, dass der RFSS die Wewelsburg vorrangig als repräsentativen, vor der Öffentlichkeit abgeschirmten Versammlungsort für SS-Gruppenführer plante (vgl. ebd., 86 f.).

  20. 20.

    Vgl. Siepe, Die Rolle der Wewelsburg in der phantastischen Literatur, 488 ff.; Schlegelmilch/Raabe, Die Wewelsburg und die „Schwarze Sonne“, 79 ff.; Schlegelmilch, Ein produktiver SS-Mythos, 327 ff.; Stambolis, Die Wewelsburg – Brennpunkt einer „Politischen Religion“, 78 ff. So wurde die „schwarze Sonne“ beispielsweise beim „Christchurch-Attentat“ im Frühjahr 2019 in einem rechtsterroristischen Kontext verwendet, indem sie auf der Ausrüstung und im sog. Manifest anzutreffen war (vgl. Biermann/Geisler/Klaus, Was über den Terrorangriff von Christchurch bekannt ist, in: ZEIT-Online vom 15.03.2019, (Zugriff am 20.06.2019); Bild-Online, Twitter-Bild der Ausrüstung, in: Bild-Online vom 15.03.2019, (Zugriff am 20.06.2019)). Mit dem Aufschwung der Mythenforschung seit den 1990er Jahren nahm sich auch das Kreismuseum Wewelsburg die Mehrdimensionalität seines Mythos zum Forschungsanlass und veröffentlichte nach langjähriger intensiver Forschung im Jahr 2015 seine Ergebnisse im von Kirsten John-Stucke und Daniela Siepe herausgegebenen Sammelband „Mythos Wewelsburg“, der die facettenreiche Mythenentwicklung geschichts- und medienwissenschaftlich umfassend aufarbeitet (vgl. John-Stucke/Siepe, Mythos Wewelsburg, Hein, Historische Mythos- und Kultforschung, 30).

  21. 21.

    Vgl. Kirschbaum, Mahnmale als Zeitzeichen, 7 ff.; Frieden, Neuverhandlungen des Holocaust, 11 ff.; A. Assmann, Der lange Schatten der Vergangenheit, 31 ff. und 51 ff. Das kulturelle Gedächtnis umfasst nach A. Assmann alle möglichen Medien wie z.B. Kunstwerke, Musik, Literatur etc., in die Erinnerungen ausgelagert werden, damit sie nicht vergessen werden (vgl. A. Assmann, Der lange Schatten der Vergangenheit, 31 ff. und 51 ff.)

  22. 22.

    Vgl. Brebeck/John-Stucke, Wewelsburg – zum historischen Ort, 22 ff.; John-Stucke, (Un)Möglich?, 36 ff. Die „Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933-1945“ integriert das Mahnmal von Josef Glahé in ihr pädagogisches Gedenkstättenkonzept (vgl. ebd.).

  23. 23.

    Hepp, Kunstausstellungen in der Gedenkstätte, 146.

  24. 24.

    Vgl. ebd.

  25. 25.

    Vgl. Heinrich, Strategien des Erinnerns, 18; Spielmann, Denkmale in Bewegung, 105 ff.

  26. 26.

    Vgl. Gausmann/Schäferjohann-Bursian, Das vergessene Mahnmal Josef Glahes, 121 ff.; Brebeck/John-Stucke, Wewelsburg – zum historischen Ort, 22 ff.; John-Stucke, (Un)Möglich?, 36 ff.

  27. 27.

    Vgl. Rooch, Art. Raum, 415 ff.; Goetz, Art. Atmosphäre, 66 ff.

  28. 28.

    Moors, Die SS und die Wewelsburg, 79; vgl. ebd., 76.

  29. 29.

    Vgl. Schwebel, Die Kunst und das Christentum, 12 ff.

  30. 30.

    Vgl. Brebeck, Entstehung und Beseitigung von Mahnzeichen in Wewelsburg seit 1945, 474.

  31. 31.

    Vgl. Boschki, Erinnerungskultur im Wandel, 39 ff.

  32. 32.

    Müller, Geleitwort, 8.

  33. 33.

    Ebd., 7.

  34. 34.

    Die Quellenbasis umfasst (archivarische) Originaldokumente bis hin zur Sekundärliteratur. Zudem fand ein persönliches Treffen am 19. August 2017 zuhause bei Herrn Glahé in Köln statt, um ihn einerseits persönlich kennenzulernen und andererseits mehr über die Entstehungszeit, die Biografie des Künstlers und Hintergründe der Bildumsetzung zu erfahren. Jedoch konnte aufgrund der körperlichen Verfassung von Glahé bis zu seinem Tod am 23. Juli 2018 kein Interview durchgeführt werden. Damit der Zeitraum nach der Wiederentdeckung des Mahnmals zusätzlich aufgearbeitet werden konnte, wurde am 25. August 2017 ein Schreibinterview mit halb offenen und offenen Fragen per E-Mail mit der Zeitzeugin und Kunstsoziologin Angelika Gausmann durchgeführt, die diesen Zeitraum als studentische Praktikantin miterlebt hatte. Das Interview wurde am 3. Juli 2021 an Frau Gausmann zur Überarbeitung und Freigabe zurückgesandt. Die aktuelle Fassung wurde leicht von ihr überarbeitet.

  35. 35.

    Vgl. Lange, Aus Bildern klug werden, 149 ff.

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Lerke, S. (2024). Einleitung. In: (Un-)Erwünschte Erinnerung. pop.religion: lebensstil – kultur – theologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-43770-1_1

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