Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird die zweite Dimension des Modells WM4 näher betrachtet. Zunächst wird in den übergeordneten PDCA-Managementzyklus für das Wissensmanagement eingeführt. Im Anschluss unterscheidet man im Kreislauf der Wissensarbeit, der sich um die Geschäftsprozesse „wickelt“, die vier Wissensprozesse Wissensnutzung, Wissensentwicklung, Wissenssicherung und Wissensteilung bzw. „KVP im Kleinen“ (Abb. 4.1 und 4.2). In den folgenden Abschnitten werden sechs diametrale Paare von Wissensprozessen beschrieben, wobei jeweils ein dritter „vermittelnder“ Prozess hinzukommt, z. B. die Wissensbörse beim Marktmodell; auch diese Wissensprozesse müssen aktiv gemanagt werden und bilden die vernetzte Ergänzung und Basis für einen effektiven und effizienten Kreislauf der Wissensarbeit:
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1.
Wissen erzeugen und Wissen „löschen“ (Lebenszyklusmodell)
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2.
Wissen kaufen und Wissen verkaufen (Marktmodell)
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3.
Wissen ablegen und Wissen wiederfinden (Speichermodell)
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4.
Wissen senden/geben und Wissen empfangen/nehmen (Kommunikationsmodell)
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5.
Wissen lehren und Wissen lernen (Didaktikmodell)
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6.
Wissen sichern und Wissen nutzen (Lessons-Learned- bzw. Debriefing-Modell)
Die ersten beiden Prozesspaare sehen Wissen als Produkt und ziehen eine Analogie zwischen Wissens- und Produktmanagement, z. B. bei Unternehmensberatungen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen (siehe aber auch Didaktikmodell). Damit würden auch Themen wie Qualitätsmanagement für Wissen relevant werden. Das dritte und vierte Prozesspaar betrachtet Wissen eher im Sinne von Informationen und Dokumenten. Das Lehren bzw. Vermitteln und das Lernen von Wissen (Didaktikmodell) stellt das fünfte Prozesspaar dar und weist Bezüge zum Kommunikationsmodell auf. Das sechste Prozesspaar stellt mit „KVP im Großen“ eines der wichtigsten Anwendungsszenarien des Wissensmanagements dar (Wissen sichern und nutzen nach bzw. vor Projekten und Arbeitszeiten).
Abschließend werden weitere Klassifikationen von Wissensprozessen vorgestellt. Insbesondere muss man auch beim Wissensmanagement grundlegend zwischen den folgenden Arten von Prozessen unterscheiden:
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Prozesse des Wissensmanagements (normativ, strategisch; siehe oben PDCA-Zyklus) und Prozesse der Wissensarbeit (operativ)
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Primäre (direkt wertschöpfende) und sekundäre (unterstützende, nicht direkt wertschöpfende, jedoch notwendige) Prozesse
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Bei den nicht wertschöpfenden Prozessen sind notwendige und nicht notwendige bzw. verschwenderische Prozesse zu unterscheiden.
Bei den Prozessen existieren doch einige alternative Vorschläge mit teilweisen Überlappungen, Synonymen und unterschiedlichen Benennungen (Nonaka & Takeuchi, The knowledge-creating company: How Japanese companies create the dynamics of innovation. Oxford University Press, 1995) (Probst et al., Wissen managen: Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen (7. Aufl.). Springer Gabler Verlag, 2012) (Reinmann & Mandl, Psychologie des Wissensmanagements: Perspektiven, Theorien und Methoden. Hogrefe Verlag, 2004) (Baum & Gerhards, Wissensmanagement: 7 Bausteine für die Umsetzung in der Praxis (Pocket Power) (5. Aufl.). Carl Hanser Verlag, 2019) (von A wie Wissens-Aktivierung bis Z wie Wissens-Ziele-Entwicklung). Und auch die Sichtweise der Künstlichen Intelligenz mit Wissensformalisierung, Wissensrepräsentation, Wissensmanipulation und Wissenserwerb ist zu berücksichtigen. Eine klare Terminologie wie in der Medizin ohne Buzzwords würde hier nottun (Wissensbewahrung vs. Wissenssicherung).
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Müller, M.W.M. (2022). Prozesse des Wissensmanagements. In: Wissensmanagement klipp & klar. WiWi klipp & klar . Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38309-1_4
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