Skip to main content

‚Religionistischer‘ Rassismus und Religionsunterricht

  • Chapter
  • First Online:
Rassismuskritische Fachdidaktiken
  • 3789 Accesses

Zusammenfassung

Wie andere (imaginierte) Kollektive, so sind auch Religionen dadurch gekennzeichnet, dass in ihnen Zugehörigkeiten geregelt werden und damit Unterscheidungen von Eigengruppe und Fremdgruppen einhergehen. Aufgabe einer rassismuskritischen Religionsdidaktik ist es, Zuschreibungspraktiken, Othering-Prozesse und Essentialisierungen zu kritisieren sowie religiöse Traditionen dahingehend zu befragen, welche Potenziale sie zum Unterlaufen von Grenzziehungen zwischen ‚uns‘ und ‚den Anderen‘ bieten.

Dieser Beitrag ist entstanden im Kontext des Forschungsprojekts REVIER (Religiöse Vielfalt erleben – deuten – bewerten. Religionspädagogische Untersuchungen zum Umgang Jugendlicher mit religiös pluralen Situationen) gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft GZ: WI 2715/1–1 und WI 2715/2–1

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Subscribe and save

Springer+ Basic
$34.99 /Month
  • Get 10 units per month
  • Download Article/Chapter or eBook
  • 1 Unit = 1 Article or 1 Chapter
  • Cancel anytime
Subscribe now

Buy Now

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 89.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Similar content being viewed by others

Notes

  1. 1.

    Zu diskutieren wäre, inwiefern es mit Blick auf die Geschichte sinnvoll ist, Begriffe wie Rassismus und Antisemitismus für vor- und frühneuzeitliche Kontexte zu verwenden, in denen bei der Stereotypisierung von als ‚anders‘ markierten Gruppen keine biologischen Kategorien im Vordergrund standen.

  2. 2.

    Von „Religion als Sprachversteck für ‚Rasse‘“ sprach Paul Mecheril bei einer Podiumsdiskussion zum Religionsunterricht in Oldenburg am 22. Februar 2018. Ähnlich zu verstehen ist die Formulierung, dass „Religion als Äquivalent und Substitut für ‚Rasse‘“ gesehen werden könne (Lingen-Ali und Mecheril 2016, S. 20).

  3. 3.

    Weitere Beispiele finden sich in verschiedenen Publikationen wie z. B. zu Islamfeindlichkeit (Çakır 2014) oder antimuslimischem Rassismus (Shooman 2014; Biskamp 2016).

  4. 4.

    Ob diese Einschätzung der Situation juristisch überzeugt, kann hier nicht näher diskutiert werden, erscheint mir aber als fraglich. Denn Artikel 4 Grundgesetz schützt auch die Religionsausübung von Musliminnen und Muslimen in der Schule, und ein deutlich sichtbares Gebet in der Pause verhindert nicht, dass Unterricht stattfindet.

  5. 5.

    Vgl. zur Konstruktion des Gegensatzes von ‚weiß‘ und ‚nicht-weiß‘ Fereidooni (2016, S. 31–35).

  6. 6.

    Vgl. auch das Schulbuch Religion entdeckenverstehengestalten für das Gymnasium, in dem sich die Zwischenüberschrift „Als Muslim in der modernen Welt“ findet (Koretzki und Tammeus 2001, S. 98). Es folgen Aussagen von Fatih Bayram, einem 21-jährigen Schüler, und seinem Vater Avni, einem Zimmermann. In der ersten Auflage wird dazu die in späteren Auflagen gestrichene Aufgabe formuliert: „Schildere einige Situationen, die für Avni und Fatih Bayram bei ihrer Einwanderung schwierig waren! Was würde dir schwerfallen, wenn deine Familie in ein türkisches Dorf ziehen würde?“ (Koretzki und Tammeus 2001, S. 208). Abgesehen davon, dass die Schüler*innen der 7. und 8. Jahrgangsstufen wenig Wissen über türkische Dörfer haben dürften und daher dazu angeregt werden, Klischees zu (re)produzieren, werden hier mögliche Differenzdimensionen wie ‚Stadt – Land‘, ‚deutsch – türkisch‘, ‚christlich – muslimisch‘ vermischt und im Kontext der Schilderungen im Buch das Bild vom Islam als einer nicht-modernen, bäuerlichen, nicht nach Deutschland passenden Religion gezeichnet.

  7. 7.

    Derartige Konstruktionen von religiös ‚Anderen‘ lassen sich in evangelischen Religionsbüchern nicht nur bei der Darstellung nichtchristlicher Religionen wie Judentum und Islam finden, sondern auch bei der Darstellung des römischen Katholizismus. Schulbuch-Analysen von Kapiteln zur Reformationsgeschichte können hier Phänomene eines ‚Othering‘ in dem Sinne aufzeigen, dass ‚der‘ Katholizismus essentialisierend ‚dem‘ Protestantismus gegenübergestellt wird, um mit dieser Abgrenzung eine positive protestantische Identität zu konstruieren. Allerdings erscheint mir in diesem Kontext der Begriff des Rassismus als unangemessen. Zum einen verbinden sich Zuschreibungen konfessioneller Differenz in solchen Schulbuch-Kapiteln nicht mit weiteren Differenzdimensionen wie ‚Rasse‘, ‚Ethnizität‘ oder ‚Kultur‘. Zum anderen besteht zumindest im gegenwärtigen Deutschland kein grundsätzliches gesellschaftliches Machtgefälle zwischen den beiden großen westchristlichen Konfessionen.

  8. 8.

    Leimgruber (2007, S. 101) bezeichnet in seinem Pionierwerk die „Begegnung als ‚Königsweg‘ interreligiösen Lernens“. Diese Formulierung ist seit der Erstauflage von Leimgrubers Arbeit 1995 häufig zustimmend zitiert, allerdings auch mit religionsdidaktischen Argumenten (Zimmermann 2015, S. 43–45) kritisiert worden.

  9. 9.

    Ich beziehe mich auf den folgenden Absatz, der an die Beschreibung anschließt, „dass Kinder sich in den begegnungspadägogisch offerierten Kategorien [christlich, muslimisch etc.] zu verstehen lernen“: „Eine rassismuskritische Perspektive ermöglicht es PädagogInnen, diese an Rassekonstruktionen anschließenden Praktiken der Differenz zu erkennen und zu erfassen. Sie fordert nachdrücklich dazu auf, den Konsequenzen nachzuspüren und sich dazu zu verhalten. Nicht zuletzt zielt sie darauf, Veränderungs- und Handlungsmöglichkeiten zu erkunden und zu erproben, von denen weniger Gewalt ausgeht.“ (Lingen-Ali und Mecheril 2016, S. 23).

Literatur

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Joachim Willems .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2022 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Willems, J. (2022). ‚Religionistischer‘ Rassismus und Religionsunterricht. In: Fereidooni, K., Simon, N. (eds) Rassismuskritische Fachdidaktiken. Pädagogische Professionalität und Migrationsdiskurse. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37168-5_16

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-37168-5_16

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-37167-8

  • Online ISBN: 978-3-658-37168-5

  • eBook Packages: Education and Social Work (German Language)

Publish with us

Policies and ethics