Zusammenfassung
Das Postulat der Subjektorientierung prägt die Arbeits- und Wirtschaftssoziologie und die Fachdidaktik der sozialwissenschaftlichen Bildung gleichermaßen. Subjektorientierte Forschung und Bildung vertreten den Anspruch, sich auf subjektive Sinnsetzungsprozesse und die daraus ableitbaren Gestaltungsansprüche von Beschäftigten bzw. Lernenden zu fokussieren. Gleichwohl neigen beide Disziplinen dazu, eben jene Sinnsetzungen und Lebensentwürfe normativ zu bewerten. Ursächlich hierfür, so die These des Beitrags, ist der in der „Kritischen Theorie“ verortete aufklärerische Anspruch, der die Sozialwissenschaften traditionell prägt. Der vorliegende Beitrag verfolgt das Ziel, dieses Dilemma kritischer Sozialwissenschaft zu skizzieren und auf dieser Basis zu hinterfragen, ob und wie kritische Sozialwissenschaft möglich ist.
Abstract
The principle of subject orientation is equally important in the sociology of work and economics and in social science education. Subject-oriented research and education claim to focus on subjective meaning-making processes and the demands of employees and learners that can be derived from them. At the same time, both disciplines tend to normatively evaluate these very meaning-making processes and plans for life. The reason for this, so the thesis of the article, is the enlightenment requirement located in “critical theory”, which traditionally characterises the social sciences. This article aims to outline this dilemma of critical social science and, based on this, to question whether and how critical social science is possible.
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Walker, EM., Wittau, F. (2023). Die Norm der Normativität? Zum Umgang mit impliziter Normativität in den Sozialwissenschaften und der sozialwissenschaftlichen Bildung. In: Engartner, T., Szukala, A., Weber, B. (eds) Sozioökonomie und Wirtschaftssoziologie im Spiegel sozialwissenschaftlicher Bildung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36995-8_8
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