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Frauen als Nicht-(Mit-)Gestalterinnen der digitalen Transformation

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Die digitale Transformation der Medien
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Zusammenfassung

Die digitale Transformation unserer Gesellschaft findet gleichzeitig in allen gesellschaftlichen Teilbereichen statt und nimmt mit jeder neuen Vernetzungsstufe an Komplexität weiter zu. Umso mehr ist es wichtig, dass digitale Technologien nicht mehr ausschließlich von den Konzeptionen und Vorstellungen von vorwiegend weißen Männern in der westlichen Welt geprägt und gestaltet werden. Der Anteil von Frauen in Informatik und Computerwissenschaft ist extrem gering und demnach auch der Anteil von Software-Ingenieurinnen, Netzwerkanalystinnen oder ganz generell Entscheidungsträgerinnen in der IT-Branche.

Aus Sicht einer feministischen Technologieforschung sind es vor allem die unbewussten, aber auch bewussten Einschreibungen von männlich konnotierten Vorstellungen in die Grundfunktionen von Technologie, die einerseits Frauen in deren Nutzung beeinflussen, sie aber auch vom Gestaltungsprozess fernhalten. Theoretische Ansätze wie jener der Gender Scripts oder der Posthumanistischen Performativität ermöglichen es, die vorherrschenden Prozesse der Vergeschlechtlichung von Digitalisierung zu verstehen und entsprechende Maßnahmen zu deren Beseitigung zu entwickeln.

Dazu gehören neben einer generellen Neuorientierung vorhandener öffentlichen und privaten frauenfördernden Maßnahmen (MINT-Initiativen), weg von rein individueller Defizitbeseitigung hin zu gesamtgesellschaftlichen strukturellen Maßnahmen, auch eine politische und ideologische Diskussion über eine wünschenswerte Technologieentwicklung.

Im Beitrag wird nach einem kurzen geschichtlichen Rückblick die aktuelle Situation von Frauen in der Informatik und Computerwissenschaft diskutiert. Theoretische Konzepte und davon abgeleitete konkrete Maßnahmen gegen eine fortschreitende Vergeschlechtlichung informatischer Artefakte sollen deutlich machen, in welche Richtung eine integrative Technologiepolitik im Sinne einer gesellschaftlich wünschenswerten digitalen Transformation gehen muss.

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Notes

  1. 1.

    MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik. Initiativen dazu werden in Österreich v. a. durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung betrieben. Siehe: https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/pwi/pa/mint.html. Zugegriffen: 7. Juli 2019. Starke MINT–Förderinstitutionen sind auch die Österreichische Industriellenvereinigung. Siehe: https://www.iv.at/de/themen/forschung-technologie-und-innovation?tag_id=34. Zugegriffen: 7. Juli 2019. Und auch die einzelnen Landesregierungen. Für Salzburg siehe: https://www.mint-salzburg.at/. Zugegriffen: 7. Juli 2019. Weitere Initiativen gibt es aus dem Forschungsbereich wie z. B. die w–fForte-Initiative der österreichischen Forschungsgesellschaft FFG. https://www.ffg.at/w-fforte. Zugegriffen: 10. Juli 2019.

  2. 2.

    So machte die heutige Queen Elizabeth II in ihrer Jugend eine Ausbildung zur KFZ-Mechanikerin in der britischen Armee, was damals niemand als unziemlich für eine junge Frau, noch dazu eine Prinzessin, betrachtete (Bradford, 2012, S. 45). Das änderte sich kurz nach dem Krieg und blieb fast bis heute so. Erst in jüngsten Jahren gibt es gezielte Kampagnen, um Frauen und Mädchen wieder für sogenannte Männerberufe zu begeistern.

  3. 3.

    Diese Informationen beruhen auf persönlichen Erfahrungen und Gesprächen mit Mitgliedern in entsprechenden Berufungskommissionen.

  4. 4.

    Dieser Situation wurde 2016 von Regisseur Theodore Melfi mit „Hidden Figures“ ein filmisches Denkmal gesetzt.

  5. 5.

    Von Aaron Koenig in „Der Zeit“ 40/1994.

  6. 6.

    Eine andere Perspektive zeigt, dass die Fachhochschulen ihre Studierenden der Informatik im Zeitraum seit WS 2000 nahezu verdoppeln konnten (von 2252 auf 5344), die Universitäten hier offensichtlich aber das Problem haben, dass sich ihre Informatik-Studierenden stark verringert haben. Das mag mit einer stärkeren Ausdifferenzierung des Gegenstands in andere Studienrichtungen zu tun haben, dieses Argument würde dann jedoch auch auf die Fachhochschulen zutreffen.

  7. 7.

    Eine KRC-Research-Studie (im Auftrag von Microsoft) gibt hier interessante Einblicke. „Je kreativer Mädchen und junge Frauen sind, desto eher interessieren sie sich in der Schule und eventuell auch an der Universität für die Fächergruppen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Schon ab 15 Jahren lässt die Vorliebe für diesen Bereich aber deutlich nach, erreicht mit 18 einen Tiefpunkt und zieht erst mit 29 Jahren wieder an. In den Altersgruppen dazwischen gelten Informatik & Co. als dröge und werden nicht mit dem Anspruch verknüpft, zu kreativen Lösungen beizutragen.“ https://www.heise.de/newsticker/meldung/Studie-Informatik-Co-gelten-bei-jungen-Frauen-als-zu-wenig-kreativ-3906982.html. Zugegriffen: 10. Juli 2019.

  8. 8.

    Im Sinne von Anthony Giddens Strukturierungstheorie (Giddens, 1984).

  9. 9.

    https://technikjournal.de/2017/07/11/prof-corinna-bath-wie-gesellschaftliche-interessen-technik-bestimmen/. Zugegriffen: 10. Juli 2019.

  10. 10.

    siehe Urban Resilience Hub: http://urbanresiliencehub.org/article/calling-for-a-gender-approach-to-smart-and-resilient-cities/. Zugegriffen: 10. Juli 2019.

  11. 11.

    siehe Projekt „Gendered Innovations“, Londa Schiebinger, Standford http://genderedinnovations.stanford.edu/. Zugegriffen: 10. Juli 2019.

  12. 12.

    Highsmith charakterisierte die Gruppe als „Representatives from Extreme Programming, SCRUM, DSDM, Adaptive Software Development, Crystal, Feature – Driven Development, Pragmatic Programming, and others sympathetic to the need for an alternative to documentation driven, heavyweight software development processes“ (agilemanifesto.org. Zugegriffen: 11. Juli 2019).

  13. 13.

    siehe https://ditact.ac.at/. Eine vergleichbare Initiative gibt es auch an der Universität Bremen, die mit der „informatika feminale“ immer schon das Vorbild der „ditact“ gewesen ist (https://www.informatica-feminale.de/. Zugegriffen: 11. Juli 2019).

  14. 14.

    Diese Erkenntnisse beruhen Großteils auf persönlichen Erfahrungen, aber auch auf zahlreichen Gesprächen als führendes Mitglied eines internationalen Frauennetzwerkes für Frauen in Führungspositionen EWMD in Österreich (https://www.ewmd.org/). Zugegriffen: 7. Juli 2019.

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Maier-Rabler, U. (2022). Frauen als Nicht-(Mit-)Gestalterinnen der digitalen Transformation. In: Alm, N., Murschetz, P.C., Weder, F., Friedrichsen, M. (eds) Die digitale Transformation der Medien. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36276-8_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-36276-8_5

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