Zusammenfassung
Das Fenster wird als Motiv in Filmen und als kinematographisch-selbstreflexives Phänomen betrachtet. Zunächst wird aufgezeigt, wie die Durchlässigkeit des Fensters für Standardsituationen der Flucht, des Sturzes und der Komik nutzbar gemacht wird, außerdem wie das Fenster im Sinne David Bordwells der Tiefeninszenierung dient. Im Anschluss befassen sich exemplarische Filmanalysen mit dem Fenster als Strukturelement oppositioneller Raumkonfigurationen im Film. Dabei werden formale und semantische Weiterentwicklungen eines aus den Fensterbildern der romantischen Malerei kommenden Isolationsmotivs durch die filmische Montage untersucht. Anschließend werden Fenster als Katalysatoren kinematographisch-selbstreflexiver Inszenierungen in den Blick genommen. Die Einordnung dieser Dispositivverweise in filmtheoretische Auffassungen des Kinos als Rahmen oder als Fenster sowie ein Verweis auf Fenster als Teile von Interfaces schließen den Beitrag ab.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Similar content being viewed by others
Notes
- 1.
So beobachtet Charulata auch ihren eigenen Ehemann Bhupati (Shailen Mukhopadhyay) durch ihr Fernglas, während er durch den Flur ihrer gemeinsamen Wohnung läuft, ohne von Charulata Notiz zu nehmen.
- 2.
Zudem lässt sich die Präsenz einer Kamera in der Szene, die direkt auf das Fenster gerichtet ist, auch als Zeichen für den Filmprojektor lesen.
- 3.
So lautet der Untertitel der deutschen Version seiner Theorie des Films, die 1964 erschien.
- 4.
Dass Microsoft den Term patentiert hat, mit dem 1985 die erste Version des bis heute erfolgreichen Betriebssystems Windows präsentiert wird, unterstreicht dessen metaphorisches Gewicht. Siehe hierzu Friedberg (2009, S. 229).
- 5.
Interessant ist hierbei, dass die Künstlerin selbst eine klassische Schauanordnung des Kinos – ein abgedunkelter Raum mit einer großen Leinwand und Sitzbänken davor – als Rezeptionsmodus vorgibt, da die Komplexität und Geschwindigkeit des Kunstwerks auf einem Computerbildschirm nicht zu erfassen sei. Siehe hierzu das Interview Camille Henrot „Grosse Fatigue“ (2014) von Erwann Lameignère auf vimeo (vgl. Collectif Combo 2014).
Literatur
Andrew, J.D. 1976. The major film theories. An introduction. London: Oxford University Press.
Bazin, A. 1967. What is cinema? Berkely: University of California Press. (franz. Orginal in vier Bd. 1958–1962. Qu’est-ce que le cinéma? Paris: Editions du Cerf).
Bordwell, D. und K. Thompson. 1990. Film art: An introduction. New York: McGraw Hill. (erste Aufl. 1979).
Bordwell, D. 1997. On the History of Film Style. Cambridge: Harvard University Press.
Collectif Combo. 2014. Camille Henrot “Grosse Fatigue”, vimeo. https://vimeo.com/86174818 Zugegriffen: 19. Dez. 2020.
Eisenwerth, J.A. 1970a. Fensterbilder Motivketten in der europäischen Malerei. In Beiträge zur Motivkunde des 19. Jahrunderts, Hrsg. L. Grote, 13–166. Ansbach: C. Brügel & Sohn.
Eisenwerth, J.A. 1970b. Zur methodischen Abgrenzung der Motivkunde. In Beiträge zur Motivkunde des 19. Jahrunderts, Hrsg. L. Grote, 9–12. Ansbach: C. Brügel & Sohn.
Eitner, L. 1955. The open window and the storm-tossed boat: An essay in the iconography of romanticism. The Art Bulletin 37 (4): 281–290.
Elsaesser, T. und M. Hagener. 2008. Filmtheorie zur Einführung. Hamburg: Junius. (erste Aufl. 2007).
Friedberg, A. 2005. Die Architektur des Zuschauens. In Umwidmungen – architektonische und kinematographische Räume, Hrsg. G. Koch, 100–117. Berlin: Vorwerk 8.
Friedberg, A. 2009. The virtual window. From Alberti to Microsoft. Cambridge: MIT Press. (erste Aufl. 2006).
Kirchmann, K. 1996. Zwischen Selbstreflexivität und Selbstreferentialität. Zur Ästhetik des Selbstbezüglichen als filmischer Modernität. In Im Spiegelkabinett der Illusionen. Filme über sich selbst, Hrsg. E. Karpf, et al., 67–86. Marburg: Schüren Presseverlag.
Mauer, R. 2006. Jim Jarmusch. Filme zum anderen Amerika. Mainz: Bender.
Mulvey, L. 2009. Visual pleasure and narrative cinema. In Visual and other pleasures, Hrsg. L. Mulvey, 14–30. Basingstoke: Palgrave Macmillan.
Sobchack, V. 2004. What my fingers knew. The cinesthetic subject or visions in the flesh. In Carnal thoughts. Embodiment and moving image culture, Hrsg. V. Sobchack, 53–84. London: University of California Press.
Sonntag, S. 2006. Ein Schau-Spiel der Malkunst. Das Fensterbild in der holländischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts. München: Deutscher Kunstverlag.
Thiele, M. 2017. Through the Looking Glass – Die Glasscheibe als kinematografisches Ding. Bild(produktions)ästhetische und dingtheoretische Bemerkungen und Ansichten. In Scheiben. Medien der Durchsicht und Reflexion, Hrsg. D. Göttel und F. Krautkrämer, 55–87. Bielefeld: transcript.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2022 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Jönck, N., Wilhelm, W. (2022). Das Fenster im Film. Mediale Schwelle im Spannungsfeld der Räume. In: Bulgakowa, O., Mauer, R. (eds) Dinge im Film. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35261-5_11
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-35261-5_11
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-35260-8
Online ISBN: 978-3-658-35261-5
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)