Zusammenfassung
Wie konnte es James S. Coleman in den 1990er Jahren gelingen, dass die Rational-Choice Theorie das dominierende soziologische Paradigma wurde? Es entspricht dem alltagweltlichen Vorstellungen, dass Entscheidungen von Individuen und Organisationen auf Nutzenabwägungen beruhen und interessengeleitet sind. Die RC-Theorie hat das ökonomische Kriterium der Kostenoptimierung zu der Wert-Erwartungstheorie verallgemeinert. Berühmt ist das Badewannenmodell des methodologischen Individualismus, mit dem kollektive Zusammenhänge durch Rückgriff auf die Mikroebene der individueller Entscheidungen erklärt werden. Hartmut Esser hat das Mikro-Makro Modell soziologisch erweitert und mit der Frame-Selektionstheorie formalisiert. Mit dem Konzept des Reframings wird soziale Dynamik abgebildet. Georg Caspar Homans war in Harvard der akademische Gegner von Talcott Parsons, indem er Elementargesetze konkreten Verhaltens aufstellte.
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Notes
- 1.
Wir konzentrieren uns in dieser Einführung auf den Grundlagenband (1996) sowie die Bände 1 (1999), 2 (2000) und 6 (2001) der „speziellen Grundlagen“.
- 2.
In der soziologischen Systemtheorie (Kap. 4) werden konkrete Handlungen als Systemelemente definiert. Individuen sind keine Systemelemente, sondern führen Aktivitäten als Systemelemente aus.
- 3.
In Abschn. 7.2.3 werden die Begriffe Macht und Herrschaft in der Tradition Max Webers dargestellt.
- 4.
Lindenberg weist empirisch oder induktiv gewonnene Brückenannahmen zurück zugunsten von theoriereichen Brückenannahmen, die „mit Hilfe theoriereicher Argumente erstellt werden“ (1996b, S. 138).
- 5.
Der Soziologe Uwe Schimank War wie der Politologe Fritz W. Scharpf Mitarbeiter des von Renate Mayntz geleiteten Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln, das sich mit der Transformationsthematik intensiv beschäftigt hat (Mayntz/Nedelmann 1987).
- 6.
Im Englischen hat sich die Abkürzung „SEU“ für „Subjective Expected Utility“ durchgesetzt (Hill 2002, S. 47). Wir verwenden in der nachfolgenden Modelldarstellung die von Esser verwendete Terminologie (1999, S. 251-259). Dort finden sich weitere Anwendungsbeispiele (1999, S. 259–275).
- 7.
Die kritische Einschätzung der Wirkung von Anreizsystem durch den Managementberater Reinhard K. Sprenger wird in Abschn. 6.5.1 dargestellt.
- 8.
Esser verwendet damit einen spezielleren Frame-Begriff als Goffman.
- 9.
Diese Formeln werden aus Platzgründen nicht aufgeführt. Außerdem sind die Formeln für Reflexionsmotive (2001: 275) und für Imposition (2001, S. 282) nicht rechnerisch nachvollziehbar. Möglicherweise liegen hier Druckfehler bei Esser vor.
- 10.
Coleman bezieht sich als Beispiel auf die Effekte, die Tversky und Kahnemann analysiert haben (Abschn. 6.6.2).
- 11.
Boudon bezieht sich mit dem Begriff der kognitiven Rationalität nicht auf Parsons, der kognitive Rationalität als Wertmuster der modernen Gesellschaft definiert (Parsons 1974, S. 38; Abschn. 4.1.3).
- 12.
Lüdemann und Rothgang kritisieren das Essersche Frame-/Skript-Modell, weil es die Goffmansche Frage „Was geht hier eigentlich vor?“ durch die Annahme dominierender Handlungsziele unzulässig verkürzt (1996, S. 286).
- 13.
Dieser in der Organisationswelt verbreitete Leitsatz wird von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sogar im Feuilleton verwendet: 3. November 2005, Nr. 256, Seite 39.
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Miebach, B. (2022). Soziales Handeln und Rationalität. In: Soziologische Handlungstheorie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34422-1_6
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