Zusammenfassung
Das seit jeher spannungsreiche Verhältnis zwischen Organisation und Individuum (vgl. Presthus 1966; Göhlich 2005, S. 13; Mensching 2016) artikuliert sich insbesondere im Problemfeld einer fehlenden psychischen Transparenz der Organisationsmitglieder. Dass man nicht sicher wissen kann, was die Anderen jeweils denken und/oder fühlen, erzeugt Unsicherheit. Der psychische Innenbereich der Organisation wird dabei als feste Grenze erfahren. Verschiedene Theoriekonstruktionen wie die mikropolitischen (Crozier und Friedberg 1979), interaktionstheoretischen (Goffman 1976) oder auch systemtheoretischen (Luhmann 2005a, 2005b, 2005c) Annahmen haben sich dieses Problems bereits angenommen und über verschiedene Erklärungsfiguren zu lösen versucht. Gleichwohl scheint diese Fragestellung nicht abschließend beantwortet zu sein.
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Notes
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Hier sei an Luhmanns ‚Unperson‘, als Kehrseite der zweiseitigen Adressen-Form ‚Person‚, erinnert (Luhmann 2005a).
- 3.
Zur Lösung dieses Problems bediente man sich bereits sehr früh der sozialen Form ‚Person‘, die als Erwartungsfolie und Kommunikationsadresse das Innen und Außen verbinden sollte (vgl. Fuhrmann 1979).
- 4.
Gleiches gilt für die zeitliche Verschiebung bei der bewussten (Re-)Konstruktion des Unbewussten. Vgl. dazu Fuchs 1998.
- 5.
Dazu passend das Kapitel ‚Unterwachung oder Die Kunst, Vorgesetzte zu lenken‘ (Luhmann 2016, S. 90 ff.).
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Loew, L. (2021). Die psycho-imaginären Grenzen der Organisation. In: Schröer, A., Köngeter, S., Manhart, S., Schröder, C., Wendt, T. (eds) Organisation über Grenzen . Organisation und Pädagogik, vol 29. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33379-9_8
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