Zusammenfassung
Menschen mit ausreichendem Einkommen und Vermögen verfügen in der Regel über finanzielle Spielräume, die es ihnen erlauben, anstehende Auslagen zu begleichen. Ändern sich ihre Einnahmen, familiären Konstellationen oder finanziellen Verpflichtungen, kann diese Situation zeitweilig oder auch langanhaltend zu wirtschaftlichen Belastungen und Schwierigkeiten führen. Dies besonders dann, wenn die gegebenen finanziellen Spielräume weitgehend und regelmässig ausgeschöpft werden. Andauernd belastete finanzielle Situationen und Entbehrungen gehen nicht selten mit erhöhten Verschuldungsrisiken einher (Angel und Heitzmann 2013). Im vorliegenden Artikel wird der Frage nachgegangen, wie es um die finanzielle Situation von Menschen steht, die bei Antragstellung auf wirtschaftliche Sozialhilfe bereits keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen, jedoch weiterhin auf der Suche nach einer bezahlten Arbeit sind und wie sich ihre Situation im Vergleich zu der Situation von Menschen verhält, die trotz Erwerbstätigkeit auf Leistungen der wirtschaftlichen Sozialhilfe angewiesen sind. Es zeigt sich, dass bei einer allgemein hohen Verschuldungsrate deutliche Unterschiede bestehen. Diese treten besonders zwischen den einzelnen Haushaltstypen und entlang der bestehenden Erwerbssituation auf.
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Notes
- 1.
Über Verschiebungen und Kürzungen bei Leistungsansprüchen und Leistungsdauern für bestimmte versicherte Zielgruppen der schweizerischen Sozialversicherungen während der letzten Jahre haben diverse Autoren bereits hinlänglich geschrieben (bspw. Knöpfel 2020).
- 2.
Werden unverzichtbare Ausgabenpositionen wie beispielsweise gesetzliche Steuerabgaben oder obligatorische Krankenversicherungsprämien in den Existenzminima nicht berücksichtigt, hat dies potentiell eine neue oder weitere Verschuldung betreffender Personen zur Folge.
- 3.
In dieser Abhandlung wird bewusst auf den Begriff der Verschuldung zurückgegriffen und Überschuldung nicht als gesonderte Kategorie eingeführt. Die zugrunde liegenden Überlegungen basieren dabei auf der Tatsache, dass die Begriffe Verschuldung und Überschuldung sich analytisch und qualitativ nur unpräzise voneinander unterscheiden lassen. Überschuldung wird daher als Teilmenge von Verschuldung verstanden (Mattes und Fabian 2018).
- 4.
- 5.
Hümbelin (2016) zeigt in seiner Studie Ursachen des Nichtbezugs von wirtschaftlicher Sozialhilfe auf, die sich insbesondere entlang regionaler und sozialer Normen am Beispiel des Kantons Bern erkennen lassen. Damit zeigt sich, dass soziale Überlegungen bei der Anmeldung für wirtschaftliche Sozialhilfe durchaus eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen können. Inwiefern Menschen aufgrund ihrer Verschuldungssituation davor zurückschrecken, wirtschaftliche Sozialhilfe zu beantragen und entsprechende Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen, ist für die Schweiz bisher nicht untersucht worden.
- 6.
Im Abgleich mit den Daten der Schweizer Sozialhilfestatistik zeigt sich, dass die geschlechtsbezogene Verteilung im genannten Sample identisch ist. In Bezug auf den Zivilstand und die Staatsangehörigkeit bestehen dagegen Verschiebungen. So sind ledige Personen gegenüber dem Schweizer Durchschnitt um 11 % übervertreten, während Verheiratete zu 19 % untervertreten sind. Schliesslich ist die Anzahl Personen, die angeben, eine Schweizerische Staatsangehörigkeit zu haben gegenüber der Sozialhilfestatistik zu 10 % übervertreten, während Personen von ausserhalb der EU und Europas im genannten Sample untervertreten sind.
Literatur
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Schnorr, V. (2021). Verschuldungs- und Erwerbssituation von Menschen in der wirtschaftlichen Sozialhilfe der Schweiz. In: Mattes, C., Schnorr, V., Caviezel, U., Knöpfel, C. (eds) Verschuldet zum Arbeitsamt. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32415-5_2
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