Zusammenfassung
Für partizipativ orientierte Forschungs-Bildungs-Kooperationen sind systemische Spannungsfelder zwischen Universität und Schule geradezu konstituierend. Aufgelöst werden können sie aber nicht. Am Beispiel von Forschungserfahrungen im Projekt „Who Cares?“ werden solcherart Spannungsfelder benannt, analysiert und in einem weiteren Schritt Möglichkeiten beschrieben, wie mit ihnen (z. B. Lernen zwischen Reproduktion und Innovation, Umgang mit knapper Zeit, Partizipation unter hierarchischen Bedingungen, Freiwilligkeit und Pflichtunterricht, Mehrsprachigkeit) umgegangen werden kann. „Gleichberechtigte Teilnahme“, „dialogisches Erzählen“ und das „Konzipieren von machbaren Projekten“ werden als Methoden dargestellt, die zum Gelingen trotz widersprüchlicher Systembedingungen beitragen können. Ein zentrales Ergebnis des partizipativen Interventionsprojektes stellt „Empowerment durch die Erfahrung von Partizipation“ dar, das gerade für den gesellschaftlich nach wie vor abgewerteten Bereich von Care relevant ist. SchülerInnen konnten im Rahmen des Projektes Selbstwirksamkeit erfahren und eine forschende Haltung einüben.
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„Who cares? Szenarien einer zukunftsweisenden Sorgekultur“ war ein Projekt des IFF-Instituts für Palliative Care und OrganisationsEthik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Wien, Graz und wurde dankenswerterweise vom Forschungsprogramm Sparkling Science des österreichischen Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft finanziell unterstützt. An dieser Stelle möchten wir uns auch ganz herzlich bei Andrea Lorenz (Caritas Bildungszentrum), Philipp Pimmer (Wiedner Gymnasium) und den am Projekt mitwirkenden SchülerInnen beider Schulen für die konstruktive und engagierte Zusammenarbeit bedanken. Wir haben viel gelernt! Ein Dank gebührt noch vielen weiteren Personen, die an dem Projekt „Who cares?“ aktiv mitgewirkt haben. Hervorheben möchten wir Günter Müller und Edith Auer von der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien, mit denen wir gemeinsam einen autobiografischen Schreibaufruf über Sorge-, Betreuungs- und Pflegeerfahrungen initiiert haben (wirtges.univie.ac.at/Doku/Schreibaufruf_neu.pdf). Dieser Schreibaufruf wird an anderer Stelle ausführlicher behandelt (Reitinger et al. 2016) und wird im vorliegenden Beitrag nicht näher thematisiert.
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