Zusammenfassung
Kennzeichnend für die meisten Begabtenförderungsprogramme ist ihr Beitrag zur Reproduktion sozialer Ungleichheit. Obwohl mittlerweile eine Vielzahl von Studien diesen Befund stützen, sind die Strukturen und Mechanismen der Reproduktion sozialer Ungleichheit in und durch Begabtenförderung kaum untersucht worden. Im vorliegenden Beitrag wendet sich der Autor dem Feld der Begabtenförderung im akademischen Bereich zu und fokussiert in einer empirischen Fallstudie die Studienstiftung des Deutschen Volkes. Der Autor fragt nach den Logiken der Rechtfertigung von Begabtenförderung im Kontext sozialer Ungleichheitsordnungen zur Zeit der Weimarer Republik. Auf Grundlage einer wissenssoziologischen Diskursanalyse von Stellungnahmen der Mitglieder der Studienstiftung wird die Entstehung von Rechtfertigungsstrategien nachgezeichnet, in deren Mittelpunkt das Konzept der Volksgemeinschaft, der Aufstieg der Tüchtigen und die Verteidigung der akademischen Freiheit stehen. Der Autor verbindet seine konventionentheoretische Argumentation mit der Frage der sozialen Trägerschaft dieser Rechtfertigungsstrategien und verweist dabei auf die Rolle des deutschen Bildungsbürgertums, das sich im untersuchten Zeitraum in einer markanten Krisensituation befindet.
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Böker, A. (2018). Begabtenförderung als Krisenintervention. In: Böker, A., Horvath, K. (eds) Begabung und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21761-7_9
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