Zusammenfassung
1987 erhielt eine Gruppe westdeutscher Historiker(innen), bestehend aus Lutz Niethammer, Alexander von Plato und Dorothee Wierling, die für die damalige Zeit außergewöhnliche Genehmigung, lebensgeschichtliche Interviews mit Arbeiterinnen und Arbeitern in der DDR durchzuführen. Die Ergebnisse dieses Oral History-Projektes wurden allerdings erst nach dem Ende der DDR publiziert. Die dort rekonstruierte „volkseigene Erfahrung“ lieferte Einblicke in die Art und Weise, wie sich vor 1989 individuelle und kollektive Erinnerungen zu einem „Gedächtnis der DDR“ formierten. 30 Jahre später sind die mit dem Sozialismus in der DDR verknüpften Arten der Welterfahrung und Sinnbildung schon lange ‚Geschichte‘: Die DDR ist inzwischen zu einem Gegenstand geworden, über den gestritten und gerichtet, geredet und geforscht wird – und zwar entsprechend der gesellschaftlichen Bedingungen, die im vereinigten Deutschland gelten. Wie die DDR also heutzutage erinnert und vergessen wird, ist Thema der Beiträge des vorliegenden Bandes.
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Als ein Beispiel von vielen sei die Berliner Debatte um die sogenannte Stasi-Vergangenheit des im Dezember 2016 neu bestellten und im Januar 2017 zurückgetretenen Baustaatssekretärs Andrej Holm genannt. Siehe hierzu www.zeitgeschichte-online.de/kommentar/eine-vertane-chance: www.zeitgeschichte-online.de/kommentar/eine-vertane-chance sowie www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/stasi/240047/einmal-stasi-immer-stasi (letzter Zugriff: jeweils 13.01.2017).
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Leonhard, N., Haag, H., Heß, P. (2017). Volkseigenes Erinnern. Die DDR als Gegenstand sozialer Erinnerungs- und Vergessensprozesse. In: Haag, H., Heß, P., Leonhard, N. (eds) Volkseigenes Erinnern. Soziales Gedächtnis, Erinnern und Vergessen – Memory Studies. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17548-1_1
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