Zusammenfassung
Gerechtigkeit wird häufig mit Chancengleichheit identifiziert, insbesondere mit „gleichen Chancen auf Bildung“. Andere sehen Gerechtigkeit in der Gleichverteilung von Gütern realisiert, oder man fordert, der Anteil an Gütern und Einkommen, den man erhält, solle der eigenen Leistung entsprechen. Was aber ist Gerechtigkeit? Hängt es nur von subjektiven Stimmungen ab, ob man die soziale Realität für gerecht hält oder nicht? Zur Bestimmung des Gerechtigkeitsbegriffes in der Marktwirtschaft spannt dieser Aufsatz den Bogen von der antiken Philosophie über die Gerechtigkeitsdefinitionen der Neuzeit bis hin zu den modernen Positionen. Bestimmend ist für ihn die Frage, ob, „das moderne Wirtschaftsgeschehen als ein naturwüchsiger und unregulierter Prozess“ anzusehen ist, der nur „so gerecht oder ungerecht ist wie das Wetter“ sein kann? Oder ob die moderne Marktwirtschaft nicht vielmehr als eine Institution zu begreifen ist, die dem Einzelnen die selbstbestimmte Möglichkeit zur Partizipation am Wirtschaftsgeschehen bieten sollte? Damit wäre der Gewinn von Ansehen und schlussendlich die Führung einer angemessenen Lebensweise und ein Mitwirken am Gemeinwohl möglich.
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Notes
- 1.
Zum Terminus Ordnungsgerechtigkeit siehe auch Faber und Petersen (2008, S. 410–414).
- 2.
Dass Tätigkeiten ihrer Würdigkeit gemäß vergütet werden müssen, dieser Gedanke ist auch unserer Zeit nicht fremd. Anfang 2009 ließ das Verwaltungsgericht Gießen die Professorenbesoldung durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen. Grund war die Besorgnis, dass diese Besoldung nicht dem Ansehen – das ist aristotelisch gesprochen der Würde – des Professorenberufs entspreche.
- 3.
Ungültig ist lediglich ein Vertrag, bei dem man sich verpflichtet, sich einem Angriff auf das eigene Leben nicht zu widersetzen (Hobbes 1976, S. 107).
- 4.
Siehe zum Beispiel zu Kant Kersting (1993, S. 379).
- 5.
Rawls hat in Gerechtigkeit als Fairness (2006, S. 104–107) diesen Grundsatz genauer erläutert. Betrachtet man die am meisten und die am wenigsten begünstigte Gruppe der Mitglieder einer Gesellschaft, so ist unter allen möglichen Verteilungen zwischen diesen Gruppen diejenige zu wählen, bei der die am wenigsten begünstigte Gruppe ein Maximum an Gütern erhält.
- 6.
Siehe zum Problem der Gerechtigkeit bei Marx nun auch Petersen und Faber 2015, S. 111–114.
Literatur
Aristoteles (1994): Politik, Reinbek.
Aristoteles (1995): Die Nikomachische Ethik. Nach der Übersetzung von Eugen Rolfes bearbeitet von Günther Bien, Hamburg.
Faber, Malte/ Petersen, Thomas (2008): Gerechtigkeit und Marktwirtschaft – das Problem der Arbeitslosigkeit, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik 9, Heft 4, 405–423.
Hobbes, Thomas (1976): Leviathan, oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staates. Herausgegeben und eingeleitet von Iring Fetscher, Frankfurt/ Berlin/ Wien.
Kant, Immanuel (1983): Die Metaphysik der Sitten, in: ders., Werke in sechs Bänden. Herausgegeben von Wilhelm Weischedel. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Band IV, 303–634.
Kersting, Wolfgang (1993): Wohlgeordnete Freiheit. Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie, Frankfurt am Main.
Locke, John (1983): Über die Regierung, Stuttgart.
Marx, Karl (1970): Das Kapital. Erster Band, Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals, Marx Engels Werke, Band 23, Berlin.
Marx, Karl (1972): Kritik des Gothaer Programms (Randglossen zum Programm der Deutschen Arbeiterpartei), in: Marx Engels Werke, Band 19, Berlin, 11–32.
MacIntyre, Alasdair (1988): Der Verlust der Tugend. Zur moralischen Krise der Gegenwart, Darmstadt.
Nozick, Robert (1974): Anarchy, State and Utopia, New York (deutsch: Anarchie, Staat, Utopia, München 1976).
Platon (1990): Politeia, in: Werke in acht Bänden, herausgegeben von Günther Eigler, Band 4, Darmstadt.
Petersen, Thomas (2008): Die gefühlte Ungerechtigkeit, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 170, vom 23. Juli 2008.
Petersen, Thomas/Faber, Malte (2015): Karl Marx und die Philosophie der Wirtschaft. Bestandsaufnahme – Überprüfung – Neubewertung. 3. Auflage, Freiburg.
Rawls, John (1975): Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt am Main.
Rawls, John (2006): Gerechtigkeit als Fairness : ein Neuentwurf, Frankfurt am Main. (Aus: Der Matthias Schmidt et al. (Hrsg.): Diversität und Gerechtigkeit. München und Mering 2009: Rainer Hampp Verlag, S. 23–35.).
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Petersen, T. (2017). Was ist Gerechtigkeit?. In: Führung in Verantwortung. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16833-9_6
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