Zusammenfassung
Als Georg Simmel (1858–1918) seinen großen Aufsatz »Über sociale Differenzierung« (1890) veröffentlichte, tat er es auch in der Absicht, „Sociologie“ als besondere Perspektive herauszustellen, die von keiner anderen Wissenschaft eingenommen werde. Und so definierte er die Aufgabe der neuen Wissenschaft, „die Formen des Zusammenseins von Menschen zu beschreiben und die Regeln zu finden, nach denen das Individuum, insofern es Mitglied einer Gruppe ist, und die Gruppen untereinander sich verhalten“ (Simmel 1890, S. 118). Mit diesem nicht sonderlich aufregend klingenden Satz wandte sich Simmel gegen die herrschende Lehre in den Geisteswissenschaften, wonach historische Tatsachen „aus dem Einzelmenschen“ erklärt wurden. (vgl. 1908, S. 15) Gegen diese individualistische Perspektive trat ein junger Wissenschaftler an, der Regeln aufdecken wollte, nach denen sich Individuen als Mitglied einer Gruppe verhalten. Das hieß doch nichts anderes, als dass das Individuum nicht mehr im Zentrum steht.
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Notes
- 1.
In der Sprache Durkheims, der mit den Arbeiten Simmels vertraut war, wird das „Kollektivbewusstsein“ heißen.
- 2.
Das lateinische Wort für Feststellung lautet „institutio“, und wie wir gleich zeigen werden, hat Durkheim, der Simmels Aufsatz über „Sociale Differenzierung“ kannte, diesen Begriff zur Bezeichnung der objektiven Einrichtungen einer Gesellschaft, die er ursprünglich „soziale Tatsachen“ genannt hatte, benutzt.
Literatur
Lichtenberg, Georg Christoph (1775): Sudelbücher 1. (Lichtenberg: Schriften und Briefe. Erster Band) München: Hanser, 1968. Zweitausendeins, o. J.
Simmel, Georg (1890): Über sociale Differenzierung. In: Simmel (1989ff.), Band 2, 1989
– (1892): Einleitung in die Moralwissenschaft. Eine Kritik der ethischen Grundbegriffe. Erster Band. (Simmel 1989ff., Band 3)
– (1894): Das Problem der Sociologie. In: Simmel (1989ff.), Band 5, 1992
– (1895): Zur Psychologie der Mode. Sociologische Studie. In: Simmel (1989ff.), Band 5
– (1900): Philosophie des Geldes. (Simmel 1989ff., Band 6)
– (1901): Die beiden Formen des Individualismus. In: Simmel (1989ff.), Band 7
– (1903): Die Großstädte und das Geistesleben. In: Simmel (1989ff.), Band 7
– (1904): Kant und der Individualismus. In: Simmel (1989ff.), Band 7
– (1908): Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. (Simmel 1989ff., Band 11)
– (1911): Der Begriff und die Tragödie der Kultur. In: Simmel (1968)
– (1913): Das individuelle Gesetz. In: Simmel (1968)
– (1917): Das Gebiet der Soziologie. In: Simmel (1917): Grundfragen der Soziologie (Individuum und Gesellschaft). Berlin: de Gruyter, 4. Aufl. 1984
– (1918): Der Konflikt der modernen Kultur. In: Simmel (1968)
– (1968): Das individuelle Gesetz. Philosophische Exkurse. Hrsg. von Michael Landmann. Frankfurt am Main: Suhrkamp
– (1989ff.): Georg Simmel Gesamtausgabe. Frankfurt am Main: Suhrkamp
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Abels, H., König, A. (2016). Simmel: Wechselwirkungen, Vergesellschaftung, individuelles Gesetz. In: Sozialisation. Studientexte zur Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13229-3_2
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