Zusammenfassung
Eine Nachverfolgung des Opferbegriffs in der feministischen Diskussion verdeutlicht, dass er vor allem zur Kritik innerhalb der Bewegung an der Idee einer durch Unterdrückung konstituierten kollektiven Identität aller Frauen diente. Frauen, denen Gewalt widerfahren war, wurden eher nicht als „Opfer“ bezeichnet. In dem Maße aber, wie praktische Frauenprojekte die Mechanismen aufdeckten, mit deren Hilfe männliche Gewalt entschuldigt und sanktionsfrei zugelassen wurde, wurden für die Auseinandersetzung um wirksame Intervention eindeutige Zuschreibungen notwendig. Sanktionen erfordern die Benennung eines Täters, Rechte auf Schutz und Wiedergutmachung die Möglichkeit, sich auf einen Opferstatus zu berufen. Problematisch blieb aber, dass dem Opferbegriff eine religiöse Tradition anhaftet, welche die Aufopferung adelt und vom wahren Opfer Reinheit verlangt.
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Hagemann-White, C. (2019). Opfer – Täter: zur Entwicklung der feministischen Gewaltdiskussion. In: Kortendiek, B., Riegraf, B., Sabisch, K. (eds) Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Geschlecht und Gesellschaft, vol 65. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-12496-0_9
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