Zusammenfassung
Dieser Beitrag geht auf den Vortrag „Sicherheitsmentalitäten im ländlichen Raum“ auf der Tagung „Daseinsvorsorge und Gemeinwesen im ländlichen Raum“ des Forschungskonsortiums „Think rural!“ an der Universität Greifswald zurück. Das den Ausführungen zu Grunde liegende Verbundprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) „Sicherheitsmentalitäten im ländlichen Raum“ (SIMENTA) wird nachfolgend vorgestellt, um anschließend die Facetten des theoretischen Zugangs zur Thematik bzw. zum Untersuchungsgegenstand „ländliche Sicherheitsmentalitäten“ darzulegen. Tragende Konzepte sind „Gemeinschaftsbezug und Sozialkontrolle“, „Sicherheitsmentalitäten“ sowie „Deutungen bezogen auf Räume und Orte“. Mit dem Code „Hier ist die Welt noch in Ordnung“ wird der Blick auf Perspektiven und erste Befunde der Untersuchung gerichtet. Der Beitrag endet mit einem Fazit zu ländlichen Sicherheitsmentalitäten und möglichen Grenzen der „heilen ländlichen Welt“.
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Notes
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Institutionelle Verbundpartner von Seiten der Universität Vechta sind Prof. Dr. Gabriele Nellissen, Prof. Dr. Nina Oelkers (Verbundkoordinatorin), Prof. Dr. Martin K.W. Schweer und Prof. Dr. Yvette Völschow sowie von Seiten der Polizeiakademie Nienburg Prof. Dr. Daniela Klimke. Das Projekt wurde im Februar 2012 begonnen und endet im April 2015. Wissenschaftliche Mitarbeiter/innen im Projekt sind bzw. waren Dr. Sascha Schierz, Dr. Jörg Schulte-Pelkum, Birger Phillip, Zara-Marlene Helms und Marlene Tietz.
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„Kooperative Sicherheitspolitik in der Stadt“ (KoSoPol), „Dynamische Arrangements städtischer Sicherheit“ (DynASS), „Insecurity in European Cities“ (INSEC).
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„Polizieren meint dabei das gesamte staatliche, private, von Verbänden und Bürgerinitiativen getragene Handeln, das auf die Erreichung und Erhaltung von Sicherheit zielt“ (Reichertz 2010, S. 43).
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Die Beschreibung der (methodisch) unterschiedlich ausgerichteten Arbeitspakete im Projekt finden sich unter: www.simenta.de.
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So weisen Ergebnisse des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen aus einer Schülerbefragung zu Delinquenz 2007/2008 auf interessante Zusammenhänge des Anzeigeverhaltens mit dem sozialen Kontext hin: Nicht nur der Deliktstyp steht nämlich in einem engen Zusammenhang mit der Bereitschaft, das Erlebnis der Polizei mitzuteilen (vgl. Baier et al. 2009, S. 42), sondern auch die Täter-Opfer-Konstellation. So haben interethnische Konflikte eine höhere Wahrscheinlichkeit zur Anzeige gebracht zu werden als intraethnische (vgl. ebd., S. 43 und 45). Weiterhin lautet einer der Befunde: „In Groß- und Mittelstädten ist die Bereitschaft zur Anzeige ausgeprägter als in Landkreisen“ (ebd., S. 43).
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Dieses führt unterschiedliche sicherheitsrelevante Dimensionen zusammen: die Handlungsebene der Schutzmaßnahmen, die Meinungen zur inneren Sicherheit, die wahrgenommenen Bedrohungen sowie die Erwartungen an Sicherheitsinstitutionen (vgl. Baier et al. 2009, S. 43).
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Eine entsprechend nach Gemeindegrößen aufgeschlüsselte Zeitreihe der Gesamtkriminalitätskennziffer liefert der Indikator K001 aus der Indikatorendokumentation „Öffentliche Sicherheit und Kriminalität“ (vgl. hierzu GESIS-ZUMA, Abt. Soziale Indikatoren: Öffentliche Sicherheit und Kriminalität: http://www.gesis.org/fileadmin/upload/dienstleistung/daten/soz_indikatoren/SSI/12_Sicherheit.pdf (letzter Abruf: 12.03.2014)).
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Oelkers, N. (2016). Sicherheitsmentalitäten im ländlichen Raum. In: Herbst, M., Dünkel, F., Stahl, B. (eds) Daseinsvorsorge und Gemeinwesen im ländlichen Raum. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-11769-6_11
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