Zusammenfassung
Vorsorge führt im Bevölkerungsschutz in weiten Teilen ein Nischendasein. Um technische Präventionsmaßnahmen ist es dabei noch verhältnismäßig gut bestellt, die persönliche Notfallvorsorge der Bevölkerung findet jedoch kaum Beachtung. Dies liegt vor allem an den Zwängen des politischen Systems, die nach medial präsentierbaren Ergebnissen für den nächsten Wahltermin verlangen und keine so genannte Mehrbelastung der Bürger erlauben. Die Entscheidung zwischen hochglänzenden Fahrzeugen mit Blaulicht einerseits und dem Aufruf an die Bevölkerung andererseits, selbstständig für bestimmte Gefahren vorzusorgen, fällt daher mit großer Leichtigkeit zu Gunsten der reaktiven Maßnahmen aus. Wer es dennoch wagt, auf die Mitverantwortung der Bürger zu verweisen, muss bereit sein, mit den Konsequenzen zu leben. Diese Erfahrung musste auch Stanislaw Tillich, Ministerpräsident von Sachsen, machen (vgl. Sächsische Zeitung 2010)1: In einer Regierungserklärung hatte er zu mehr persönlicher Notfallvorsorge für Überschwemmungen aufgerufen. Als Reaktion erntete er Pfiffe auf öffentlichen Terminen, gegen ihn gerichtete Unterschriftensammlungen und einen offenen Brief, in dem mehr persönliche Vorsorge kategorisch abgelehnt wurde.
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Notes
- 1.
Danken möchte ich dieser Stelle Prof. Uwe Grünewald für seinen Hinweis.
- 2.
Der Begriff „Notfall“ wird hier als allgemeines Ereignis verstanden, das die Möglichkeit eines Schadens in sich birgt.
- 3.
Dieser Text wurde vor den Ereignissen in Fukushima verfasst: Die dargestellte Argumentation wurde inzwischen auf schreckliche Weise bestätigt.
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Goersch, H. (2013). Mythen der Notfallvorsorge. In: Lange, HJ., Endreß, C., Wendekamm, M. (eds) Versicherheitlichung des Bevölkerungsschutzes. Studien zur Inneren Sicherheit, vol 15. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02200-6_3
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