Abstract
Anleihen bei Konzepten des Föderalismus erfreuen sich seit einigen Jahren wieder einer gewissen Beliebtheit in der verfassungspolitischen Debatte. Was lange Zeit nahezu undenkbar schien, tritt nun wieder ein: Politiker glauben sich mit Slogans wie „Vom Staatenverbund zur Föderation“ als Visionäre profilieren zu können. Zugleich dienen derartige „Visionen“ aber auch Politikern gegenläufiger Orientierung, insbesondere in Frankreich und Großbritannien, als Schreckgespenster, mit denen sich die auf die Bewahrung traditionaler Nationalstaatlichkeit orientierten Wählermassen dieser Länder mobilisieren lassen. Anleihen bei Denkmustern und Vokabular des Föderalismus zementieren so immer wieder neu den Graben, der die unterschiedlichen Lager in der verfassungspolitischen Debatte um das zukünftige Europa voneinander trennt. „Understanding the European Union as a Federal Polity“, so der Titel eines Aufsatzes eines amerikanischen Politikwissenschaftlers, ist eben alles andere als eine konsensfähige Position. Dabei hatten für eine in den Gründungsjahren der Gemeinschaft sehr einflussreiche Gruppe von Verfechtern der europäischen Integration Konzeptionen des Föderalismus immer als Richtschnur für ihre Visionen einer künftigen „Verfassung Europas“ gedient, orientiert auf das Projekt einer Gründung der „Vereinigten Staaten von Europa“. Von den – in der nationalstaatlichen Politik weitherum vorherrschenden – Gegnern dieser Vision wurde und wird der Gebrauch föderaler Konzepte in der Europapolitik und -wissenschaft dagegen seit jeher als „hoffnungslos unpraktische oder nachgerade utopische“ Fehlvorstellung belächelt, ja als Horrorszenario.
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Oeter, S. (2009). Föderalismus und Demokratie. In: Bogdandy, A., Bast, J. (eds) Europäisches Verfassungsrecht. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-73810-7_3
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