Zusammenfassung
Für Dezisionisten besteht die Welt aus Entscheidungen. Für Rationalisten aus Gründen. Ein Rationalist will im Vorhinein wissen, warum auf eine bestimmte Weise gehandelt werden soll; und er interessiert sich im Nachhinein für die Frage, warum Entscheidungen so und nicht anders getroffen worden sind. Dezisionisten richten ihr Augenmerk darauf, dass (überhaupt) entschieden und gehandelt wird. Sie bezweifeln nicht, dass man „gute Gründe“ für sein Handeln haben kann; sie sind jedoch skeptisch, dass die Güte der Begründung tatsächlich ausschlaggebend für die gefällten Entscheidungen ist. Vielmehr sind es nach dezisionistischer Auffassung die Umstände einer Situation, die nach einer Entscheidung verlangen, und zwar oftmals ohne dass die Betroffenen ausreichend(e) Gründe für die eine oder andere Wahl haben. Die Entscheidung gleicht in solchen Fällen einem „Sprung“ (Kierkegaard): Der Zeitpunkt ist selbst gewählt, aber der Ausgang ungewiss.
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Lembcke, O.W. (2012). Entschiedene Unentscheidbarkeit. In: Lembcke, O.W., Ritzi, C., Schaal, G.S. (eds) Zeitgenössische Demokratietheorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94161-5_11
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