Zusammenfassung
Die Realitätsdarstellung der Massenmedien wird meist als Abbild eines Ausschnitts der Realität betrachtet. Gelegentlich wird sie auch als Konstrukt angesehen, das vorrangig die Arbeitsbedingungen der Medien spiegelt. In beiden Fällen ist das Verhältnis von Ereignis und Bericht erklärungsbedürftig. Im zweiten Fall geht es um die Prinzipien, nach denen die Medien ihre Darstellung von Realität konstruieren, im ersten Fall zusätzlich um Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen Realität und Darstellung – soweit die medienrelevante Realität anhand medienunabhängiger Indikatoren erkennbar ist. Die Auswahl der Ereignisse, über die die Medien berichten, ist Gegenstand der Nachrichtenforschung. Dort wird das Geschehen als vorgegebene Wirklichkeit und die Berichterstattung als ihre Widerspiegelung betrachtet. Sie erscheint als Folge von Selektionsentscheidungen, in denen die Eigenschaften der aktuellen Ereignisse sowie die Selektionskriterien der Journalisten die unabhängigen Variablen sind, und die Publikationsentscheidung die abhängige Variable ist. Diese Konzeption leistet zwar einen Beitrag zur Erklärung der Nachrichtenauswahl von Journalisten. Sie wird jedoch aus zwei Gründen dem Verhältnis der Berichterstattung zum aktuellen Geschehen insgesamt nicht gerecht. Die Medien stellen erstens nicht nur eine vorgegebene Ereigniswelt dar. Die Ereignisse, über die die Medien berichten, sind z. T. selbst bereits eine Folge der vorangegangenen Berichterstattung, z. T. werden sie eigens für die Berichterstattung inszeniert und würden ohne sie überhaupt nicht existieren. Die Berichte sind zweitens keine einfachen Abbilder der Ereignisse. Sie sind vielmehr auf komplexe Weise mit ihnen verschränkt. Oft sind die Anlässe und Gegenstände der Berichte identisch, zuweilen sind sie jedoch auch verschieden. So greifen viele Beiträge anhand aktueller Ereignisse vorangegangene Geschehnisse auf, die ihren eigentlichen Schwerpunkt bilden. Es findet eine Re-Thematisierung statt.
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© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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Kepplinger, H.M. (2011). Der Ereignisbegriff in der Publizistikwissenschaft. In: Realitätskonstruktionen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92780-0_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92780-0_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-18033-5
Online ISBN: 978-3-531-92780-0
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