Das feministische Konzept des Sekundärpatriarchalismus (vgl. Beer 1990, Beer/Chalupsky 1993) liefert eine analytische Begründung für die letztlich erstaunliche Durchschlagskraft und Zählebigkeit geschlechtsspezifischer Arbeitsteilungen. Die Geschlechtsspezifik in der primären Zuweisung von entgeltlicher und unentgeltlicher Arbeit an jeweils eines der beiden Geschlechter (vgl. Beer 1984) hat zur Folge, dass Frauen, die diesem Modell voll entsprechen, als „Lohn“ für ihre Arbeit allenfalls auf „Liebe“ rechnen dürfen (Bock/Duden 1977), verknüpft mit ehelichfamilialem Unterhalt und abgeleiteten Ansprüchen an die Systeme der sozialen Sicherheit (vgl. Ostner 1995). Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die Frauen vorrangig auf unentgeltliche Arbeit in der Familie festlegt, entbindet diese jedoch keineswegs vom Zwang zur Aufnahme von Erwerbsarbeit, wenn die familiale Existenzsicherung das erfordert. Frauen befinden sich damit von vornherein im Nachteil gegenüber Männern, denn auf diese Weise wird ihnen der Zugang zu einer hochbedeutsamen gesellschaftlichen Ressource verwehrt oder erschwert: Geld als Medium einer Tausch- und Warengesellschaft. Wer nicht über Vermögenswerte verfügt und sie zum Lebensunterhalt einsetzen kann, muss ihre oder seine Existenz mit der Aufnahme und Ausübung von Erwerbsarbeit sicher stellen.
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Literatur
Beck, Ulrich/Michael Brater/Hansjürgen Daheim 1980: Soziologie der Arbeit und der Berufe. Grundlagen, Problemfelder, Forschungsergebnisse. Reinbek: Rowohlt
Beer, Ursula 1984: Theorien geschlechtlicher Arbeitsteilung. Frankfurt/M., New York: Campus
Beer, Ursula 1990: Geschlecht, Struktur, Geschichte. Soziale Konstituierung des Geschlechterverhältnisses. Frankfurt/M., New York: Campus
Beer, Ursula/Jutta Chalupski 1993: Vom Realsozialismus zum Privatkapitalismus. Formierungstendenzen im Geschlechterverhältnis. In: Aulenbacher, Brigitte/Monika Goldmann (Hrsg.): Transformationen im Geschlechterverhältnis. Beiträge zur industriellen und gesellschaftlichen Entwicklung. Frankfurt/M., New York: Campus, S. 184–230
Bock, Gisela/Babara Duden 1977: Arbeit aus Liebe – Liebe als Arbeit. Zur Entstehung der Hausarbeit im Kapitalismus. In: Frauen und Wissenschaft. Beiträge zur Berliner Sommeruniversität für Frauen, Juli 1976. Berlin: Frauenoffensive, S. 118–199
Mitterauer, Michael/Reinhard Sieder 1984: Vom Patriarchat zur Partnerschaft. Zum Strukturwandel der Familie. München: Beck
Ostner, Ilona 1995: Arm ohne Ehemann? Sozialpolitische Regulierung von Lebenschancen für Frauen im internationalen Vergleich. In: Aus Politik und Zeitgeschichte B36/37, S. 3–12
Willms-Herget, Angelika 1985: Frauenarbeit. Zur Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt. Frankfurt/ M., New York: Campus
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Beer, U. (2008). Sekundärpatriarchalismus: Patriarchat in Industriegesellschaften. In: Becker, R., Kortendiek, B. (eds) Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91972-0_7
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