Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist ein Defizit der erziehungswissenschaftlichen Biographieforschung. „Im Zentrum des Interesses der erziehungswissenschaftlichen Biographieforschung steht das Bemühen, Lebensgeschichten unter dem Focus von Lern- und Bildungsgeschichten zu rekonstruieren.“ (Krüger 1999: 14) „Sie interessiert sich empirisch für den Aufbau, die Aufrechterhaltung und die Veränderung der Welt- und Selbstreferenzen von Menschen“ (Marotzki 1999: 58) und damit für das Thema der klassischen Bildungstheorie, das Verhältnis von Mensch und Welt, das Wilhelm von Humboldt als Auseinandersetzung und wechselseitigen Prozess der Höherentwicklung bestimmt hat (vgl. z.B. von Hentig 1996: 39ff.; Koller 2005: 80ff.). Erziehungswissenschaftliche Biographieforschung – auch die explizit bildungstheoretisch begründete Biographieforschung – versteht sich darüber hinaus als „Zeitdiagnose“ (ebd.). Sie beansprucht demnach nicht nur Antworten auf die Frage, „wie angesichts anomischer Zustände Orientierung für den einzelnen möglich sei“ (ebd.: 59), sondern auch Erkenntnisgewinn über soziale Strukturen und gesellschaftliche Wandlungsprozesse vermittelt über die Analyse biographischer Erfahrungen und individueller Wahrnehmungen.
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Wigger, L. (2009). Habitus und Bildung. Einige Überlegungen zum Zusammenhang von Habitustransformationen und Bildungsprozessen. In: Friebertshäuser, B., Rieger-Ladich, M., Wigger, L. (eds) Reflexive Erziehungswissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91645-3_6
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