Auszug
In den letzten Jahren wurde in den Medien immer häufiger über zunehmende Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen berichtet, oft verbunden mit der Erwartung, dass es vor allem eine Aufgabe der Schule sei, durch gezielte Erziehungsmaßnahmen einer solchen gesellschaftlich unerwünschten Entwicklung wirkungsvoll zu begegnen. Derartige Behauptungen werden häufig mit drastischen Fallstudien untermauert, die in der Öffentlichkeit ein entsprechendes Echo auslösen. Häufig werden dann auch Gesetzesinitiativen und staatliche Programme gefordert, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Besonders deutlich lässt sich dieser Trend in den USA beobachten. Beispielsweise wurden in Kalifornien im Jahr 1994 zur Erhöhung der Sicherheit in Schulen Gesetze erlassen, die es unter Strafe stellen, innerhalb eines Umkreises von 1000 Yards um die Schule eine Feuerwaffe zu tragen und es der Schulleitung erlauben, Schüler von der Schule zu verweisen, die andere Schüler belästigen, bedrohen oder Furcht einflößen und somit zu einer feindlichen Schulumgebung beitragen. Gleichzeitig wurde 1 Million $ zur Installation von Metall-Detektoren in Schulen zur Verfügung gestellt, um das Mitbringen von Waffen zu unterbinden. Außerdem erhielten die Schulen die Erlaubnis, zusätzlich zur bezahlten (bewaffneten) Schulpolizei freiwillige Polizei-Corps zu bilden (Furlong et al. 1995). Auch wenn man mit solchen Methoden eine gewisse äußere Kontrolle der Situation erreichen kann, greifen diese Maßnahmen aus erziehungspsychologischer Sicht viel zu kurz (Noguera 1995).
„Nahezu jede Schulgeschichte ist eine Mobbing-Geschichte; jede gute Schulgeschichte sowieso. Da wird der Schüler Basini gemobbt von seinem Klassenkameraden Törless, der Lehrer Lempel von seinen Zöglingen Max und Moritz, der Lehrer Bömmel vom Gymnasiasten Pfeiffer (mit dreif) und der Schüler Hanno Buddenbrook von dem ganzen schikanösen System auf einmal“ (Etzold 1998: 63).
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Neubauer, W. (2008). Konflikte und Konfliktbewältigung im Unterricht. In: Schweer, M.K.W. (eds) Lehrer-Schüler-Interaktion. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91104-5_17
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