Auszug
Ende der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts gab es im damals sozialliberal regierten Deutschland eine nicht nur wissenschaftlich, sondern auch publizistisch geführte Debatte über das „Modell Deutschland“. Linke Kritiker des „Weltökonomen“ Helmut Schmidt, der die Regierung führte, hielten ihm vor, dass die allgemein als erfolgreich angesehene Wirtschaftspolitik seiner Regierung zwar der Mehrheit der Deutschen zugute käme — doch um den Preis, dass sich zwischen dieser Mehrheit und einer nicht unerheblichen Minderheit der Bevölkerung eine immer schwerer zu überwindende Kluft auftue. Das Schlagwort von der „Zweidrittel-Gesellschaft“ machte die Runde. Ein Drittel der Gesellschaftsmitglieder sei nicht nur aktuell vom Wohlstand ausgeschlossen, sondern könne sich auch immer weniger Hoffnungen darauf machen, zumindest längerfristig den Anschluss an die begünstigten zwei Drittel zu finden. Die bundesrepublikanische Gesellschaft werde also dauerhaft gespalten, wenn nicht energische wirtschafts- und sozialpolitische Gegenmaßnahmen eingeleitet würden. Wer aber sollte deren politischer Träger sein, wenn die Sozialdemokraten die gesellschaftliche Spaltung mittrugen und links von ihnen keine Mehrheiten zu finden waren?
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Literatur
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© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Schimank, U. (2007). Die „neoliberale Heimsuchung“ des Wohlfahrtsstaats — Pierre Bourdieus Analyse gesellschaftlicher Exklusionstendenzen. In: Schimank, U., Volkmann, U. (eds) Soziologische Gegenwartsdiagnosen I. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90736-9_12
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