Auszug
Das Wählerverhalten der vergangenen 15 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland ist weitaus stärker durch Wechselbewegungen und Brüche als durch Kontinuität gekennzeichnet. Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990 konnte die Union mit Helmut Kohl, dem Kanzler der soeben vollzogenen Einheit, einen beeindruckenden Wahlsieg erringen. Damit geriet zunächst in Vergessenheit, dass Kohl noch ein Jahr zuvor selbst bei seinen eigenen Anhängern keineswegs unumstritten war. Bereits bei der Bundestagswahl 1994 verlor die Union in der Wählergunst und wurde 1998 als erste amtierende Bundesregierung der Nachkriegszeit direkt abgewählt. Doch auch bei den Sozialdemokraten und ihrem Kanzler Gerhard Schröder währte die Freude über den Wahlsieg nur kurz. Seit 1999 ging eine ganze Reihe wichtiger Landtagswahlen mit zum Teil zweistelligen Verlustraten für die SPD verloren (Oberndörfer/Mielke/Eith 1999, 2003, 2004). Ganze Segmente der sozialdemokratischen Kernanhängerschaft in den unteren Mittelschichten brachen weg, weil sie sich mit dem wirtschaftsfreundlichen Kurs der „Neuen Mitte“ und später dem Reformkonzept „Agenda 2010“ letztlich nicht identifizieren konnten. Und auch die Bundestagswahl 2002 konnte Schröder nur denkbar knapp mit wenigen tausend Stimmen Vorsprung vor allem im Osten gewinnen.
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Literatur
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Eith, U. (2006). Parteibindungen bei jungen und älteren Erwachsenen in Westdeutschland. In: Roller, E., Brettschneider, F., van Deth, J.W. (eds) Jugend und Politik: „Voll normal!“. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90094-0_14
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