Zusammenfassung
Es ist gesellschaftlich sicherlich höchst konsensfähig, dass Kinderschutz sein muss, dass die Förderung des Kindeswohls gut ist, dass Kinder Rechte haben (sollten), und dass von alldem mehr sicher besser ist als weniger: wir sind davon überzeugt.
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Notes
- 1.
Damit wird auf den im Englischen gebräuchlichen, oft synonym benutzten Ausdruck „best interests of the child“ verwiesen; bei genauer Betrachtung gibt es sicherlich Unterschiede im Detail.
- 2.
- 3.
Zu den deutschen Debatten vgl. Marthaler 2009, S. 28 ff
- 4.
Vgl. Parr 2005 mit einer Dokumentation der Rechtsprechung zu § 1666 BGB, hier bes. S. 52.
- 5.
Eheschließung, Scheidung und Folgezeit, aber auch die Nicht-(vollständigen)Familien, vgl. Marthaler 2009.
- 6.
Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt v. 9. Juli 1922, mit Änderungen in Kraft getreten durch die Verordnung über das Inkrafttreten des Reichsgesetzes für Jugendwohlfahrt v. 14. Februar 1924.
- 7.
Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, „Weimarer Reichsverfassung“.
- 8.
- 9.
Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts v. 18. Juni 1957, BGBl I S. 609.
- 10.
Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechtes v. 14. April 1976, BGBl I S. 1421.
- 11.
§ 1568 BGB: „Die Ehe soll nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist …“
- 12.
Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge v. 18. Juli 1979, BGBl I S. 1061.
- 13.
BVerfGE 24, 119 (120).
- 14.
- 15.
- 16.
Vgl. dazu auch Parr 2005.
- 17.
Vgl. dazu z. B. Hansen und Ainsworth 2009.
- 18.
Vgl. dazu und zum Folgenden Théry 1993, S. 124 ff.
- 19.
Gesetz zur Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften v. 22. Februar 2001, BGBl I S. 266.
- 20.
Im öffentlichen Recht war in Deutschland – im Unterschied zu anderen Traditionen – kein negativer Standard des Kindeswohls fixiert – es sei denn im Strafrecht; im "Erziehungs“-Recht erfüllte von den Zwangs- und Fürsorgegesetzen des ausgehenden 19. Jahrhunderts an, über das RJWG von 1922/24 und das JWG von 1961 der Begriff der „Verwahrlosung“ diese Funktion, s. o.
- 21.
Für Deutschland: Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vom 17. Februar 1992 (BGBl II S. 121); Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 10. Juli 1992 (BGBl II S. 990).
- 22.
Im Besonderen durch das KindRG, das im Konzert weiterer Reformgesetze zu betrachten ist (Kindschaftsrechtsreformgesetz v. 16. Dezember 1997, BGBl I S. 2942) – vgl. auch Parr 2005, S. 157 ff.
- 23.
BVerfGE 117, 202.
- 24.
Marthaler 2009, mit Verweis auf Leitner u. a. 2004.
- 25.
Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz v. 13. September 2005, BGBl I S. 2729; s. detailliert dazu und zur weiteren Entwicklung Czerner i.d.Bd.
- 26.
Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls v. 4. Juli 2008, BGBl I S. 1188.
- 27.
Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen v. 22. Dezember 2011, BGBl I S. 2975; vgl. dazu ausführlich die Beiträge von Czerner und Turba i.d.Bd.
- 28.
Vgl. dazu z. B. den Themenschwerpunkt in Heft 6/2011 der Neuen Praxis.
- 29.
Einen Einblick in die aktuelle Vielfalt der Zugänge und Problemstellungen bieten Greenwood/Oliver et al. (2008); für einen kompakten, eher chronologisch angelegten Überblick vgl. auch Bode i.d.Bd.
- 30.
Vgl. dazu insgesamt auch Marthaler und Peters 2011; eine kritische Diskussion des Ansatzes ist an anderer Stelle geplant; auch die Kritik des Neoinstitutionalismus verspricht ihrerseits weiterführende Erkenntnisse für unsere Fragestellung.
- 31.
„… organisationale Strukturen (werden, T.M.) durch die größere Umwelt nicht nur beeinflußt, sondern intern konstituiert (…, T.M.)“ (Meyer und Rowan 1977, S. 342 f.) – „Das größere Umfeld definiert, welche Typen organisationaler Akteure sozial möglich und welche inneren Strukturen für sie denkbar sind“ (Meyer et al. 2005, S. 27).
- 32.
Hier wird deutlich, dass Scott Organisationssoziologe und nicht Jurist ist.
- 33.
- 34.
Dies ist die deutsche Übersetzung des von Meyer verwendeten Begriffs „world polity“.
- 35.
Daran erinnerte zum Beispiel auch Papst Benedikt XVI. in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag vom 22.9.2011; er verweist dort auf die vernunftrechtliche Transformation der christlichen Naturrechtslehre.
- 36.
Diese empirische Analyse führen Boli-Bennett und Meyer anhand der Verfassungen aller im Untersuchungszeitraum (1870–1970) unabhängigen Nationalstaaten durch; nach dieser makrosoziologischen Lesart des Neoinstitutionalismus sind damit die Menschenrechte (vgl. Hafner-Burton et al. 2008), der Nationalstaat (vgl. Meyer et al. 2005), das Bildungswesen (vgl. Meyer und Ramirez 2005), die „agentenhaften Akteure“ (vgl. Meyer und Jepperson 2000) als individuelle oder kollektive Einheiten selbst ein Produkt der so beschriebenen institutionellen, kulturellen Umwelt. Sie tragen die Grundzüge dieser Umwelt in sich, beziehen ihre Legitimität aus der Umwelt und tragen den Prozess u. a. der Rationalisierung durch ihr Handeln weiter.
- 37.
Zur Kritik an einer Technisierung und Rationalisierung durch die Menschenrechte vgl. z. B. Douzinas 2003.
- 38.
Vgl. dazu z. B. auch Böckenförde 1976.
- 39.
Vgl. aber auch für Deutschland die Beiträge von Retkowski, Schäuble und Herrmann i.d.Bd.
- 40.
Zur Bedeutung einer solchen Verständigung s. z. B. die Überlegungen von Rixen (2007) am Beispiel des Begriffs der Menschenwürde.
- 41.
Vgl. dazu wieder Marthaler und Peters 2011.
- 42.
Vgl. ebd.
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Marthaler, T. (2012). Zum Umgang mit dem Kindeswohl – Ein Essay aus neoinstitutionalistischer Perspektive. In: Marthaler, T., Bastian, P., Bode, I., Schrödter, M. (eds) Rationalitäten des Kinderschutzes. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19146-1_5
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