Zusammenfassung
Kinder, die in Heimen und damit in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe leben, befinden sich selten im Fokus erziehungswissenschaftlicher Forschung. Der folgende Beitrag betrachtet diese Kinder zu einem spezifischen Zeitpunkt in ihrer Biographie und fragt nach ihren Orientierungen am schulischen Übergang in die weiterführende Schule. Dabei geht es zunächst um den Gegenstand ‚Kinder in Heimen‘ und darum, welchen Erkenntnisgewinn es einbringt, sie im Kontext von schul- und ungleichheitsbezogenen Fragestellungen zu untersuchen. Nachfolgend werden die vorliegenden Forschungsergebnisse zur schulischen Verortung von Kindern in Heimen zusammengeführt. Im Zentrum des Beitrags stehen dann erste Ergebnisse einer rekonstruktiven Studie zur Frage, im Rahmen welcher Orientierungen Kinder in Heimen einen Teilaspekt des Übergangs, den Prozess der Schulfindung, thematisieren. Diese Ergebnisse sollen schließlich diskutiert und daraufhin befragt werden, welche Rückschlüsse in Bezug auf den Stellenwert und die Konsequenzen schulbezogener Entscheidungen am Übergang sie zulassen.
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Notes
- 1.
Der § 34 SGB VIII spricht von „Heimen und sonstigen betreuten Wohnformen“. Im Folgenden sind die „sonstigen betreuten Wohnformen“ ebenfalls gemeint, wenn von „Heim“ die Rede ist.
- 2.
Zur Kritik am AdressatInnenbegriff vgl. aber etwa Homfeldt/Schröer/Schweppe (2008).
- 3.
Es kann davon ausgegangen werden, dass ‚Kinder in Heimen‘ auch im medialen Diskurs spezifisch verhandelt werden. Die mediale Thematisierung von ‚Kindern in Heimen‘ sowie deren Beitrag zur Konstitution von Kindheit ist jedoch ein noch unbearbeitetes Feld.
- 4.
Die Studie „Kinder in Heimen am Übergang von der Grund- in die Sekundarschule“ wird seit 2008 an der Universität Halle durchgeführt. Bundesweit wurden 14 Kinder aus Heimen in der vierten Klasse der Regelgrundschule und elf von ihnen erneut in der fünften Klasse in narrativbiographischen Interviews befragt. Die Auswertung erfolgt mit der dokumentarischen Methode.
- 5.
Hier gibt es Übereinstimmungen zu den Ergebnissen von Kramer et al. (2009), die unterschiedliche Muster der Selbst- und Fremdplatzierung am Übergang rekonstruierten.
- 6.
Es gibt Beispiele, wie im Fall von Selena, wo dies nicht zu einer Selektion „nach unten“ führt. Dies entschärft aber noch nicht die grundlegende Problematik.
- 7.
Das bedeutet, dass in ihrer Perspektive immer auch auf sie bezogene Bildungsentwürfe von Erwachsenen wirksam werden.
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Siebholz, S. (2013). Der Übergang von der Grund- in die Sekundarschule bei Kindern in Heimen. Erste Ergebnisse zu ihren Orientierungen in Bezug auf die Schulfindung. In: Siebholz, S., Schneider, E., Schippling, A., Busse, S., Sandring, S. (eds) Prozesse sozialer Ungleichheit. Studien zur Schul- und Bildungsforschung, vol 40. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18988-8_4
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