Zusammenfassung
„Entpolitisierung der Jugend und der Jugendarbeit?“, fragte Albert Scherr (1997, ebd., S. 13); vierzehn Jahre später sind ein personeller Kahlschlag durch erheblichen Stellenabbau, ein stetig wachsender Legitimationsdruck sowie Diskurse, in denen Einrichtungen der Jugendarbeit als „gefährliche Orte“ stigmatisiert werden (Simon 2011, S. 16) festzustellen: Entwicklungen, die eine Politisierung von Jugendarbeiter/-innen sowohl herausfordern als auch erschweren können. Als zu nutzender Rechtsraum in diesem Sinne muss der gesellschaftspolitische Auftrag angesehen werden, den die Jugendarbeit qua § 11 SGB VIII innehat und der, allen Deprofessionalisierungstendenzen zum Trotz, vielerorts im alltäglichen professionellen Handeln umgesetzt wird. Mitgedacht werden kann in diesem Zusammenhang stets auch der § 1 SGB VIII, der von Sozialarbeiter/-innen geradezu als Auftrag zur offensiven Einmischung in gesellschaftspolitische Entwicklungen gelesen werden kann. Aber wie steht es um das Bewusstsein der Jugendarbeiter/-innen für die politische Dimension ihrer professionellen Tätigkeiten und ihr Selbstverständnis als politische Akteur/-innen? Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, was eine „politische Haltung“ von Jugendarbeiter/-innen ausmacht, welche Reaktionsmuster sie angesichts aktueller neosozialer Funktionalisierungsversuche entwickeln und welche Hürden und Chancen für eine (Re-)Politisierung der Mitarbeiter/-innen in den Bedingungen des Arbeitsfeldes angelegt sind. Schließlich werden Perspektiven aufgezeigt, die in Richtung einer Politisierung der Sozialen Arbeit im Bereich der Jugendarbeit weisen.
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Lorenz, F., Seithe, M. (2012). Politische Jugendarbeiter/-innen: Anspruch, Dilemma und Aufbruch. In: Lindner, W. (eds) Political (Re)Turn?. Pädagogik und Gesellschaft, vol 3. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18963-5_19
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