Zusammenfassung
Um die Sozialisationstheorie scheint es nicht allzu gut bestellt zu sein – das ist jedenfalls der Eindruck, den man bekommen muss, wenn man den seit längerer Zeit verschiedentlich unternommenen Selbstvergewisserungen mancher Protagonisten dieses Diskurses folgt (vgl. exemplarisch Geulen und Zinnecker 2002, Geulen und Veith 2004 sowie jüngst Bauer und Hurrelmann 2015b). Auch wenn die empirische Sozialisationsforschung – so die seit den späten 1990er Jahren irritierenderweise anhaltende Diagnose – „oberflächlich betrachtet“ (Bauer und Hurrelmann 2015b, S. 115) floriert und sich in vielfältigen Einzelstudien niederschlägt (vgl. auch Geulen 2004, S. 3), kann doch diese Betriebsamkeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Paradigma der Sozialisation in einer grundlagentheoretischen Krise zu stecken scheint: „Einer blü henden Landschaft, was die auf verschiedene institutionelle Felder angewandte Empirie angeht, entspricht zur Zeit keine angemessene theoretisch-konzeptionelle Debatte um Sozialisation, weder auf der Seite der Subjektkonzepte noch auf der Seite sozialisatorischer Umwelten“ (Geulen und Zinnecker 2002, S. 115) – so lautete der Befund (vgl. ganz ähnlich Zinnecker 2000, S. 272f.), mit dem bereits im Jahr 2002 eine übergreifende Selbstverständigungsdebatte unter dem Titel „Quo vadis Sozialisation?“ in der Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation initiiert werden sollte, an der sich dann vielfältige Akteure beteiligten.
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Ricken, N., Wittpoth, J. (2017). Sozialisation? Subjektivation?. In: Rieger-Ladich, M., Grabau, C. (eds) Pierre Bourdieu: Pädagogische Lektüren. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18904-8_12
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