Der Nachlass

Zusammenfassung

Ein ›Nachlass Alexander von Humboldt‹ existiert in der Geschlossenheit, die der Begriff nahelegt, nicht. Humboldts Hinterlassenschaft ist vielmehr weltweit in Archiven, Bibliotheken, Museen und Privatsammlungen zerstreut. Jeder dieser Teilnachlässe weist eine eigene Geschichte auf, die sich bedingend auf den Quellenwert der jeweiligen Dokumente und Objekte auswirkt. Einzelne Teile von Humboldts Hinterlassenschaft wurden von ihm selbst zur Überlieferung bestimmt und liegen noch heute in einer von ihm gestalteten Ordnung vor. Diese Nachlassteile sind ein Zeugnis von Humboldts ausgeprägtem Nachlassbewusstsein. Zugleich lassen sie oft weitreichende Rückschlüsse zu, etwa auf seine schriftstellerische und wissenschaftliche Praxis. Andere Teilnachlässe sind von verschiedenen Personen und Institutionen in unterschiedlicher Absicht zusammengestellt. Sie sind geprägt durch deren Nachlasspolitik und tragen selbst schon wieder Spuren von historischen Sammelpraktiken und -Interessen. Insgesamt ist Humboldts ›Nachlass‹ gekennzeichnet durch die charakteristischen Praktiken und Diskurse, durch welche sich der moderne literarische Nachlass im Lauf des 19. Jahrhunderts formiert. Zu ihnen zählt die Aufwertung der Handschrift ebenso wie die Herausbildung und Pflege spezieller Formen des Ahnenkultes, des professionalisierten Autographenhandels und dergleichen mehr. (Spoerhase 2017, 34–35; Benne 2015, 11–39).