Zusammenfassung
Schlüsse über Ausmaß und Bedeutung der Berliner Bach-Pflege können auf der einen Seite anhand der erhaltenen musikalischen Quellen gezogen werden1. Willkommene Ergänzungen, zum Teil auch ganz neue Perspektiven bieten sich, wenn wir das Berliner Musikschrifttum der Zeit berücksichtigen. Obgleich uns dabei nahezu dieselben Namen begegnen werden — Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Friedrich Agricola, Johann Philipp Kirnberger spielen in Berlin sowohl für die Quellenüberlieferung als auch als Musikschriftsteller eine zentrale Rolle -, gibt es zwischen den musikalischen Quellen und den musiktheoretischen Schriften fundamentale Unterschiede. Die Musikhandschriften informieren uns — bei aller Zufälligkeit der Überlieferung — über die Musik, die in privaten Zirkeln tatsächlich studiert und aufgeführt worden ist; über die Hintergründe der Aufführungen — Ort, Zeit, Mitwirkende — und die Motive für eine Beschäftigung mit Bachs Musik erfahren wir aber nur durch glückliche Umstände. Das Musikschrifttum wendet sich hingegen an die Öffentlichkeit und rechnet mit einer überregionalen Verbreitung; die zur Illustration der vertretenen Ansichten beigegebenen Beispiele müssen daher entweder für sich selbst sprechen oder allgemein bekannt sein. Die theoretischen Schriften geben somit Aufschluß über die mit der Verbreitung Bachscher Kompositionen verbundenen ästhetischen Prämissen und Intentionen. Zwischen diesen beiden Bereichen kann die verhältnismäßig kleine Zahl musikalischer Editionen vermitteln, da sie einerseits auf den praktischen Gebrauch abzielen, und da andererseits mit der Herausgabe Bachscher Werke sehr oft pädagogische Absichten verbunden waren.
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Notizen
Über die Grundstrukturen der Berliner Musiktheorie unterrichtet H.-G. Ottenberg, Der Critische Musicus an der Spree. Berliner Musikschrifttum von 1748 bis 1799, Leipzig 1984.
Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Haus 1, Mus. ms. theor. 348, fol. 177r–190r. Vergleiche J.-A. Bötticher, Generalbaßpraxis in der Bach-Nachfolge. Eine wenig bekannte Berliner Handschrift mit Generalbaß-Aussetzungen, in: Bach-Jahrbuch 1993, S. 103–126.
Vergleiche Chr. Wolff, Zur Chronologie und Kompositionsgeschichte von Bachs „Kunst der Fuge“, in: Beiträge zur Musikwissenschaft 25, 1983, S. 130–142, und ders., The Last Fugue Unfinished?, in: Current Musicology 19, 1975, S. 71–77.
Th. Wilhelmi, Carl Philipp Emanuel Bachs „Avertissement“ über den Druck der Kunst der Fuge, in: Bach-Jahrbuch 1992, S. 101–105.
Zum Konzept Einheit in der Mannigfaltigkeit vergleiche U. Leisinger, Leibniz-Reflexe in der deutschen Musiktheorie des 18. Jahrhunderts, Pommersfeldener Beiträge, hrsg. v. F. A. Uehlein, Sonderband 6, Würzburg 1994, vor allem S. 131–139.
Vergleiche K. Beißwenger, Zwischen 1750 und 1850 erschienene „Berliner“ Drucke Bachscher Werke, in: Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz 1993, S. 106–130, hier S. 107 und 122.
Siehe H. Serwer, C. P. E. Bach, J. C. F. Rellstab, and the Sonatas with Varied Reprises, in: C. P. E. Bach Studies, hrsg. v. St. L. Clark, Oxford 1988, S. 233–243.
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Leisinger, U. (1996). „Das Erste und Bleibendste was die Deutsche Nation als Musickunstwerk Aufzuzeigen Hat“. In: Wagner, G. (eds) Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03627-8_4
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