Zusammenfassung
Obwohl in den letzten Jahren die lebensstandardbasierte Armutsforschung das Wissen über die Lebensituation armer Menschen beträchtlich vertieft und um viele Facetten bereichert hat, steht dieses Konzept immer noch unter Rechtfertigungsdruck gegenüber dem weitaus gebräuchlicheren der Einkommensarmut. Ein wichtiger Grund dafür ist, daß man bei der Einkommensmessung auf eine etablierte Forschungspraxis zurückgreifen kann, während es ungleich schwieriger ist, einen Konsens über die Operationalisierung von Lebensstandard herzustellen. Über Essen, Wohnraum, Kleidung als unabdingbare Indikatoren für einen minimalen Lebensstandard wird man sich schnell ate Altersvorsorge, Restaurantbesuch oder Computer ebenso unerläßlich sind, ist strittig. Es bedarf soziologischer Argumente, warum diese Indikatoren in ein lebensstandardbasiertes Armutskonzept zu integrieren sind. Diese Erschwernisse werden durch die Vorzüge einer solchen Messung mehr als ausgeglichen. Denn mit dem Einkommen als zentralem Indikator der Armutsforschung kann man zwar die finanziellen Möglichkeiten eines Haushalts untersuchen, aber es können keine Aussagen darüber gemacht werden, wie das vorhandene Geld eingesetzt wird. Stellt man dagegen die Ausstattung eines Haushalts mit Gebrauchsgegenständen und Versorgungsleistungen in den Mittelpunkt, ergibt sich ein differenzierteres Bild der materiellen Lebensbedingungen.
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Böhnke, P., Delhey, J. (2001). Lebensstandard und Einkommensarmut. Plädoyer für eine erweiterte Armutsforschung. In: Barlösius, E., Ludwig-Mayerhofer, W. (eds) Die Armut der Gesellschaft. Reihe „Sozialstrukturanalyse“, vol 15. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99629-9_12
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