Zusammenfassung
Wenn im folgenden Fragen der charakteristischen Informationslagen besprochen werden sollen, so wird unsere Aufmerksamkeit zuerst von den beiden Extrempunkten möglicher Information angezogen, nämlich einmal dem Fall, wo absolute Information herrscht, zum anderen dem Fall des Mangels an jeglicher Information. Vorerst wird das Problem absoluter Information zu untersuchen sein, vor allem da es sich hier um einen Bereich handelt, der in unmittelbarer Nachbarschaft eines Problemkomplexes liegt, dem die Theorie unter der Bezeichnung ‚volle‘ oder ‚vollkommene‘ Voraussicht bereits eingehende Beachtung geschenkt hat.
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Literatur
Morgenstern, Oskar, Vollkommene Voraussicht und wirtschaftliches Gleichgewicht. In: ZfN Bd. 6 (1935), S. 337–357
Morgenstern, Oskar, Vollkommene Voraussicht, a. a. O., S. 340
Auch Knight weist auf die dominierende Rolle dieser Prämisse, resp. der Bedingung, daß Ungewißheit ausgeschlossen ist, im Rahmen der Preistheorie hin. Vgl. z. B.: »Chief among the simplifications of reality prerequisite to the achievement of perfect competition is, as has been emphasized all along, the assumption of practical omniscience on the part of every member of the competitive system«, Knight, Frank, H., Risk, Uncertainty, and Profit. 7. A. London 1948, S. 197.
Morgenstern, Vollkommene Voraussicht, a. a. O., S. 341
Morgenstern, Vollkommene Voraussicht, a. a. O., S. 342
Morgenstern kommt, was die Frage des Gleichgewichtes betrifft, zu dem Ergebnis: »Unbeschränkte Voraussicht und wirtschaftliches Gleichgewicht sind also miteinander unverträglich« (S. 344). Interessant ist es, daneben ein Zitat von Hicks zu setzen: »Die Vorbedingung für Gleichgewicht in diesem weitesten Sinne ist vollständige Voraussicht…« Hicks, J. R., Gleichgewicht und Konjunktur, in: ZfN Bd. 4 (1933), S. 445
Morgenstern, a. a. O., S. 343. Das gleiche Beispiel brachte er schon in seinem Werk über die Wirtschaftsprognose (Wirtschaftsprognose, Wien 1928, S. 98). Es findet sich auch in der Theory of Games (v. Neumann, John, und Morgenstern, Oskar, Theory of Games and Economic Behavior. 3. A., Princeton 1953, S. 176 f.)
Es erstaunt deshalb, daß Morgenstern wenig später (S. 348) in einem anderen Zusammenhang kurz die Frage der Willensfreiheit und vollkommener Voraussicht andeutet, ohne die Konsequenzen aus seinen vorherigen Erörterungen zu ziehen und die Sache zu Ende zu denken.
Hayek z. B. bringt übrigens selbst eine entsprechende Einschränkung des Begriffes der vollen Voraussicht im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Gleichgewicht: «It appears that the concept of equilibrium merely means that the foresight of the different members of the society is in a special sense correct… Correct foresight is then not, as it has sometimes been understood, a prediction which must exist in order that equilibrium may be arrived at. It is rather the defining characteristic of a state of equilibrium. Nor need foresight for this purpose be perfect in the sense that everybody must foresee everything correctly. We should rather say that equilibrium will last so long as the anticipations prove correct, and that they need to be correct only on those points which are relevant for the decisions of the individuals.« Hayek, Ff riedrich j A. [von]: Economics and Knowledge. In: Economica Bd. 4 (1937), S. 41 f.
Vgl. hier auch die Äußerung Hayeks: »It seems that skeleton in our cupboard, the,economic Man’, whom we have exorcised with prayer and fasting, has returned through the backdoor in the form of a quasi-omniscient individual«, a. a. O., S. 45
Auf der Irrealität einer solchen Annahme baut im wesentlichen Morgenstern seine Kritik auf. Wie er dazu ausführt, würde von dem Wirtschaftssubjekt im Falle vollkommener Voraussicht etwas verlangt, was seine intellektuelle Leistungsfähigkeit weit übersteigt. Zwar würde es sich empirisch feststellen lassen, »daß eine Kalkulation der Wirkungen des künftigen eigenen Verhaltens auf künftiges fremdes Verhalten und vice versa immer erfolgt… jedoch bricht die Kette der gemutmaßten ineinandergreifenden,Reaktionen` verhältnismäßig bald ab« (Vollkommene Voraussicht, a. a. O., S. 343). Als Ergebnis seiner »Darlegungen ergibt sich, daß die Annahme vollkommener Voraussicht aus der Theorie ausscheidet… alle an,vollkommene Voraussicht` geknüpften Folgerungen [sind] falsch« (Vollkommene Voraussicht, a. a. O., S. 355)
Dies besagt auf der einen Seite weniger, auf der anderen aber sogar mehr als die Bedingung vollkommener Voraussicht. So kann darauf verzichtet werden, Kenntnis des gesamten zukünftigen Zeitablaufs mit den geschilderten negativen Nachteilen anzunehmen. Dafür wird aber zusätzliches Wissen verlangt über die verschiedenen Bedingungen alternativer Handlungsweisen, da ja für jeden zukünftigen Zeitpunkt unterschiedliche Wahlmöglichkeiten in Frage stehen können.
Ignoranz dabei nur im Sinne von Unwissenheit und ohne den manchmal auch mit diesem Wort gekennzeichneten Beigeschmack des bewußten oder willentlichen Übersehens.
Meinong, A. [lexius], Rezension der Schrift von Kries, J. v., Die Principien der Wahrscheinlichkeitsrechnung. In: Göttingische gelehrte Anzeigen. 1890. S. 72
Ganz unbedenklich ist dieses Beispiel nicht. Nehmen wir an, er habe nicht in 10, sondern, in 100 Haushaltungen Auskunft einzuholen und habe sich dieser Aufgabe bei 60 entledigt, wo er feststellte, daß gut die Hälfte ein Radiogerät bestimmten Typs verwendeten. Hier ist es naheliegend, daß das untersuchte Kollektiv schon als hinlänglich groß erachtet wird, um daraus Schlüsse in der Art, wie sie im II. Teil zu zeigen sein werden, auf den noch nicht untersuchten Teil zu erlauben. Der Informationsgrad wird also 60 °/° übersteigen, sobald wir unsere Definition des Begriffes Information zugrunde legen. In unserem Falle wäre allerdings diese Gefahr nicht sehr hoch zu veranschlagen, da einmal die Größe des Kollektivs und zum anderen die Zahl der geprüften Instanzen mit 10, resp. 6 Haushaltungen keine genügende Grundlage für Schlüsse darstellen. Man könnte ziffernmäßige Angaben in diesem Zusammenhang vielleicht verwenden, um auf das Maß der Ausschöpfung von vorhandenen Informationsquellen hinzuweisen, wobei allerdings die Problematik der Quantifizierbarkeit die Zweckmäßigkeit eines solchen Versuches fraglich erscheinen läßt. (Vgl. hierzu auch die Ausführungen im ersten Abschnitt des zweiten Hauptteils dieser Schrift.)
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Wittmann, W. (1959). Formen der Information. In: Unternehmung und Unvollkommene Information. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-98938-3_2
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