Zusammenfassung
Meine konfliktsoziologischen Analysen der modernen Gesellschaft haben zu zeigen versucht, daß die Differenziertheit der Gegenwartsgesellschaft höchst unterschiedlich ausgeprägte Konfliktlandschaften innerhalb der Gesellschaft bedingt. Das im Übergang zur Moderne ausgebildete simultane ‘Gemisch’ aus Konflikthemmung und -ermutigung verteilt sich sehr asymmetrisch und ungleich über moderne Handlungsfelder, so daß die moderne Gesellschaft als Gesamtheit unter konfliktsoziologischen Aspekten als unübersichtlich erscheint. Deshalb habe ich mit meinem Versuch einer ausschnitthaften Konfliktsoziologie der modernen Gesellschaft versucht, zunächst den umfassenden Gegenstand zu dekomponieren, um dadurch analysierbare Einheiten zu erhalten. Heute gehört es zum common sense der soziologischen Forschung, daß sich innerhalb der modernen Gesellschaft höchst unterschiedliche und eigenlogisch operierende Teilbereiche ausgebildet haben, die zwar durchaus in enger und wahrscheinlich zunehmender wechselseitiger kausaler Vernetzung, Beeinflussung und Determination stehen. Jedoch wird diese unübersehbare enge Vernetzung unterschiedlichen Teilbereiche der Gesellschaft von einer parallelen Steigerung der häufig inkompatiblen Zweckspezifikationen begleitet, die in formalen Organisationen realisiert werden. Deshalb könnte man eher von einem wechselseitigen Steigerungszusammenhang von kausaler Vernetzung und gleichzeitiger Zweckautonomie sprechen, die heute wie in keiner Gesellschaft zuvor auf die Spitze getrieben wird. Nie zuvor ist es denkbar gewesen, einem eng umschriebenen gesellschaftlichen Teilraum wie z.B. dem einer formalen Organisation eine so weitreichende Autonomie in der Gestaltung sozialer Zusammenhänge zu geben, wie es heute formalen Organisationen innerhalb ihrer auch räumlich klar separierten Gegebenheiten gestattet wird.
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Nollmann, G. (1997). Konflikte in der modernen Gesellschaft. In: Konflikte in Interaktion, Gruppe und Organisation. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 174. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95646-0_6
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