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Werte und Ideologien im Parteienwettbewerb

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Parteiendemokratie in Deutschland

Zusammenfassung

Grundlegende Werthaltungen können nur einen Einfluß auf den Parteienwettbewerb haben, wenn erstens in den Programmen und politischen Aussagen der Parteien unterschiedliche Werthaltungen zum Ausdruck kommen; und zweitens müssen sich diese Wertkonflikte auch in der Wählerschaft wiederfinden. Schon das eine ist strittig: In den vergangenen Jahrzehnten ist mit unterschiedlichen Begründungen immer wieder vorgetragen worden, daß die Unterschiede zwischen den Parteien verschwänden1. Ein Argument ist, daß die großen Streitfragen des letzten Jahrhunderts gelöst seien. Alle Parteien bezeichnen sich heute als demokratisch, liberal und sozial. Mit der Erledigung dieser Streitfragen sei aber für die Parteien die Möglichkeit entfallen, sich über politische Themen ein unverwechselbares Profil zu geben. Weiter sollte der Trend zu Volks- bzw. Allerweltsparteien u. a. in einer Verwässerung der Parteienprogramme zum Ausdruck kommen2. Eine im Grunde ähnliche Tendenz zur Mitte leitet Anthony Downs theoretisch stringent in Zweiparteiensystemen ab: Wenn beide Parteien ihre Wählerstimmen maximieren wollen, dann müssen sie sich möglichst nahe der Mitte piazieren, was inhaltlich auf eine Annäherung ihrer ideologischen Positionen hinausläuft3. Schließlich ist als Argument für das Verschwinden programmatischer Unterschiede zwischen den Parteien vorgebracht worden, daß sich in unserer Demokratie die Aufgabe der politischen Parteien zunehmend darauf reduziert, die sozial abträglichen Folgen kapitalistischen Wirtschaftens abzumildern4.

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Literatur

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  21. Wir berücksichtigen nur die Parteien, für die mindestens 50 Befragte gestimmt haben. Bei einer kleineren Zahl ist die Gefahr zu groß, daß die Antworten der Personen in unserer Stichprobe für das jeweilige Parteilager nicht repräsentativ sind.

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  25. In Wolfgang Jagodzinski/Steffen M. Kühnel, Estimation of Reliability and Stability in Single-Indicator Multiple-Wave Models, in: Sociological Methods & Research, 15 (1987) 3, S. 219–258, haben wir gezeigt, daß viele der im folgenden betrachteten Indikatoren für Werthaltungen unzuverlässig sind. Da keine besseren Maße zur Verfügung stehen, müssen wir jedoch mit den eingeschränkt brauchbaren vorliebnehmen.

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  26. Die von uns analysierten Daten wurden vom Zentralarchiv für empirische Sozialforschung an der Universität zu Köln (ZA) bereitgestellt.

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  33. Die logistische Regression ist ein statistisches Verfahren, das für unsere Fragestellung besonders geeignet ist. Auf die mathematisch komplizierten Eigenheiten können wir hier nicht eingehen; vgl. dazu Steffen Kühnel, Sparsame Modellierung mit Zufallsnutzenmodellen, in: ZA-Information, (1992) 31, S. 70–92.

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  34. Um die folgende Darstellung zu vereinfachen, haben wir dort, wo mehrere Indikatoren für eine Wertdimension zur Verfügung standen, die zustimmenden Antworten aufsummiert.

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  35. Als Maß für die Erklärungskraft haben wir den sog. Likelihood-Ratio-Index herangezogen. Ein Wert von Null bedeutet, daß die unabhängigen Variablen keinen Einfluß auf die Wahrscheinlichkeiten der abhängigen Variablen haben. Bei dem (nur theoretisch erreichbaren) Maximalwert von 100 Prozent wäre dagegen bei allen Befragten die geschätzte Wahrscheinlichkeit der gewählten Partei eins.

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  36. Eine detaillierte Analyse findet sich hierzu bei Wolfgang Jagodzinski/Steffen Kühnel, Werte, Ideologien und Wählerverhalten, unv. Manuskript, Universität zu Köln 1995.

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Jagodzinski, W., Kühnel, S. (1997). Werte und Ideologien im Parteienwettbewerb. In: Gabriel, O.W., Niedermayer, O., Stöss, R. (eds) Parteiendemokratie in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95609-5_9

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