Zusammenfassung
Im Vergleich zur amerikanischen Wahlforschung, in der vor dem Hintergrund der sehr niedrigen Wahlbeteiligungsraten das Problem des Nichtwählens immer schon eine zentrale Forschungsfrage darstellte, sind in der deutschen Wahlforschung empirische Studien zur Untersuchung der Frage, wer aus welchen Gründen nicht an der Wahl teilnimmt, zunächst relativ selten geblieben (vgl. etwa Lavies 1973, Radtke 1972). Dies kann primär auf die Tatsache zurückgeführt werden, daß sich die Wahlbeteiligung in Deutschland lange Zeit auf einem auch im internationalen Vergleich hohen Niveau bewegte. Erst als Mitte der 80er Jahre der Anteil der Nichtwähler bei Wahlen auf allen Ebenen des politischen Systems deutlich zu steigen begann, richtete auch die bundesdeutsche Wahlforschung ihr Augenmerk verstärkt auf die Frage nach den Determinanten der Wahlbeteiligung (vgl. vor allem Armingeon 1994; Eilfort 1994, 1995; Falter/-Schumann 1993, 1994, Feist 1992, 1994; Hoffmann-Jaberg/Roth 1994; Kleinhenz 1995; Rattinger/Krämer 1995; Roth 1992; sowie als hervorragenden Überblick über den Stand der Forschung Renz 1997). Die entsprechenden Forschungsergebnisse aus anderen Ländern ließen sich dabei aber nicht unmittelbar auf die Situation in der Bundesrepublik übertragen. So besteht in einigen Ländern eine Wahlpflicht, deren Nichteinhaltung teilweise sogar bestraft wird (z.B. in Belgien), während in der Bundesrepublik die lange Zeit relativ hohe Wahlbeteiligung aufgrund des ausgeprägten Pflichtbewußtseins der Bevölkerung („Wählen ist die erste Bürgerpflicht“) auf freiwilliger Basis zustande kam. Ein vergleichbares Einstellungsmuster war in den USA nicht feststellbar.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Bürklin, W., Klein, M. (1998). Probleme und Perspektiven der empirischen Wahlforschung in den neunziger Jahren. In: Wahlen und Wählerverhalten. Grundwissen Politik, vol 3. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95114-4_8
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