Zusammenfassung
Der Begriff des Scheiterns hat Konjunktur. Das ist bemerkenswert, weil Scheitern das Gegenteil des Glücksversprechens der Moderne verkörpert: Alle Probleme sind lösbar, wenn man nur mit den Mitteln der Vernunft an ihrer Bewältigung arbeitet. In diesem Sinne hat erfolgloses Handeln eher dilatorischen Charakter auf den sich zierenden Erfolg, letztlich war er durch die Methode verbürgt. Wohl wiesen so unterschiedlich verortete Kritiker wie Horkheimer und Adorno in der „Dialektik der Aufklärung“ oder Lévi-Strauss im „Wilden Denken“ auf die Grenzen einer derartigen Welthaltung hin, wohl proklamierte der Club of Rome vor mehr als dreißig Jahren das Ende des Wachstums: Scheitern blieb die dunkle und tabuisierte Seite des allgemein vorherrschenden kulturellen Modells. Richard Sennett verortet diese Tabuisierung für die Gesellschaft der Vereinigten Staaten von Amerika im unauflöslichen Widerspruch zwischen dem Versprechen der Wohlfahrt im „Stereotyp des schrankenlosen persönlichen Erfolgs“ und der „erschreckenden Allgegenwart des persönlichen Versagens“. Und doch, plötzlich, wie aus dem nichts, wurde Scheitern wieder zum Thema. Mit dem Niedergang der New-Economy, dem Konkurrenzdruck, den der Prozess der Globalisierung mit einem mal auch in der Bundesrepublik bis in die „Mittelklasse“ hinein entfaltete, erhob sich das Haupt des Scheiterns in den Medien und der alltäglichen Wahrnehmung.
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Junge, M., Lechner, G. (2004). Scheitern als Erfahrung und Konzept. Zur Einführung. In: Junge, M., Lechner, G. (eds) Scheitern. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95020-8_1
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