Zusammenfassung
Die Überzeugung, daß dem Menschen Lebensbedingungen angemessen sind, die ihm die Entfaltung in ihm angelegter Möglichkeiten erlauben, ist die grundlegende Voraussetzung für therapeutisches Handeln im hier gemeinten Sinne und nimmt dementsprechend, analog der „(Konstrukt-)Tendenz zur guten Gestalt“ in der oben(S.77ff.) entwickelten Konstrukthierarchie der Persönlichkeit, den höchsten Platz in einer Theorie therapeutischen Handelns ein. So allgemein diese erste Antwort auf das Was therapeutischer Ausbildung formuliert ist, so allgemein ist auch die erste Antwort auf das Wie therapeutischer Ausbildung ausgefallen: Therapeutische Ausbildung findet in einem Rahmen statt, der entscheidende Merkmale mit dem Rahmen gemeinsam hat, in dem sich menschliche Entwicklung überhaupt vollzieht — d.h. in Gruppen*).
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Literatur
Mit Gruppe ist hier — dies sei zur Vergewisserung betont — niemals eine bloße Menge von Menschen gemeint, sondern stets Menschen, die sich in der einen oder anderen Weise als zusammengehörig erleben; vgl. den Begriff „Wir-Gruppe“ (Gottschaldt, 1935,1959).
„Kraftfeld“ oder „Gestaltzusammenhang“ bezeichnen nun gar nichts irgendwie Magisches; um solchem Mißverständnis vorzubeugen, soll hier ein ganz einfaches Beispiel das Wesentliche veranschaulichen: Wenn jemand Hunger hat, dann riecht er einen Braten viel eher als jemand, der keinen Hunger hat — und dies, weil der „Gestaltzusammenhang“ zwischen hungriger Person und Braten natürlicherweise sehr eng ist (der Duft steckte ihr gewissermaßen schon in der Nase, bevor sie ihn roch). Das Gleiche drückt die Feststellung aus, daß das Kraftfeld, das von dem Braten ausgeht, auf den Hungrigen eine sehr starke Anziehung ausübt. Das ist der „Zug des Ziels“; er setzt voraus, daß in der Person das Bedürfnis vorhanden ist, das einem Ort oder einem Gegenstand in der Umwelt seine Attraktivität verleiht. Experimentelle Belege dieses Sachverhaltes liefern Untersuchungen zur sogenannten „sozialen Wahrnehmung“ (social perception) und zur „perzeptiven Akzentuierung“ (perceptual accentuation); vgl. Heider, 1973; Atkinson und Walker, l913;Cranach, Irle und Vetter, 1973; Murray, 1933.
Metzger (persönliche Mitteilung) sieht in seinem 6. Kennzeichen „Wechselseitigkeit“ einen Spezialfall von Lewins „Beziehungscharakter“.
Aus dieser Auffassung entwickelte sich folgerichtig die „Aktionsforschung“. Bennis (1975 in Bennis/Benne/Chin, 1975, S. 89) stellt fest: „Aktionsforschung — ein von Lewin geprägter Begriff — unternimmt es, für einen Klienten ein Problem zu lösen. Sie ist mit angewandter Forschung im allgemeinen identisch — abgesehen davon, daß sich die Rollen von Forscher und Forschungssubjekt in der Aktionsforschung ändern und sogar ganz umkehren können; die Subjekte werden dann zu Forschern und die Forscher beteiligen sich an den praktischen Schritten.“ Es wird im folgenden noch deutlich werden, daß die Rollen „Therapeut“ und „Klient“ in gleicher Weise relativ und also umkehrbar sind.
Vgl. Teutsch (1977).
Die Gesprächspsychotherapeuten pflegen unter „Prozeßvariablen“ lediglich „Prozesse im Verhalten des Klienten“ zu verstehen. Ich schließe mich dieser einseitigen Verwendung dieses Begriffes nicht an (vgl. II.).
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Walter, HJ. (1985). Was in der therapeutischen Ausbildung gelehrt und erfahren werden muß: 12 Antworten. In: Gestalttheorie und Psychotherapie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93521-2_10
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93521-2_10
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-12621-0
Online ISBN: 978-3-322-93521-2
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