Zusammenfassung
Aus sozialstrukturell-sozialpolitischer Sicht lässt sich die disziplinäre Eigenart der Sozialpädagogik/Sozialarbeit als institutionelles Ergebnis der industriellen Moderne rekonstruieren. Siegfried Bernfeld (1925, S. 49) hat Erziehung als „die Summe der Reaktionen auf die Entwicklungstatsache“ definiert. In Analogie dazu könnte man die Sozialpädagogik/Sozialarbeit durchaus als gesellschaftliche Reaktion auf die Bewältigungstatsache verstehen. Das heißt, Sozialpädagogik und Sozialarbeit sind historisch unterschiedlich gewordene, aber gleichermaßen gesellschaftlich institutionalisierte Reaktionen auf typische psychosoziale Bewältigungsprobleme in der Folge gesellschaftlich bedingter sozialer Desintegration. Zu dieser institutionellen Reaktion war und ist die moderne Industriegesellschaft strukturell gezwungen: Sowohl aufgrund ihrer latenten sozialstrukturellen Dauerkrise — die Spannung von Integration und Desintegration ist dem Wesen moderner Arbeitsteilung immanent — als auch wegen der strukturellen Notwendigkeit, die ökonomisch-technische Arbeitsteilung sozial reproduzieren und ausbalancieren zu müssen. Der sozialpädagogisch-sozialarbeiterische Interventionsmodus ist hierfür das strukturlogische Mittel. Da die Dauerkrise aufgrund ihrer strukturellen Bedingtheit gesellschaftlich nicht aufhebbar ist, muss sie in ihren Folgen für den und am Einzelnen behandelt, also pädagogisch transformiert werden. Das andere Mittel der Wahl wäre die ordnungsstaatliche Repression. Diese war noch charakteristisch für das Sozialwesen zu Ausgang des 19.
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Böhnisch, L. (2002). Lebensbewältigung. In: Thole, W. (eds) Grundriss Soziale Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91357-9_9
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