Zusammenfassung
Bei Revolutionen — und die „industrielle“ macht da keine Ausnahme — stellt sich über kurz oder lang die Frage, nach einer Orientierung, gerade im Bereich des Überbaus, denn wenn ihr wichtigster Schritt die Umwälzung war, konnte das Neue und vor allem der „neue Mensch“ nicht als Fortsetzung des Alten entstehen; Traditionen waren nicht mehr benutzbar als Matrix, die eine Entwicklung nur zu füllen hatte.1
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Anmerkungen
Vgl. Rühle 1977; man darf dabei aber nicht vergessen, daß diese Notwendigkeit nur für die Zeit des Umbruches gilt. Die zur Macht gelangte Klasse oder Gruppe leitet dann in der Regel bald eine Konsolidierungsphase ein.
Vgl. auch Weber 19754 und 19722; Marcuse 1936; Weber 1920; Tawney 1946; Troetsch 1925.
Die methodistische Bewegung wurde Mitte des 18. Jahrhunderts von den Brüdern John und Charles Wesley gegründet, zunächst innerhalb der Anglikanischen Kirche, später wurde sie zur Selbständigkeit genötigt (Deklarationsurkunde 1784). Einen Überblick liefern: Nuelsen u.a. 19292; Sommer 1968.
Die Behandlung der Arbeitsdisziplin war durchaus nicht auf die Methodisten beschränkt, auch die evangelische Erweckungsbewegung und nonkonformistische Sekten hatten ihren Anteil (vgl. Thompson 1963, S. 358); diese besonders penetrante Form moralisierender Predigt hatten wir auch schon bei Baxter und Heywood kennengelernt (s. S. 138).
Mit dem Hinweis des Übersetzers, daß es sich hierbei um eine „weitläufige Auseinandersetzung“ über „allgemein bekannte Wahrheiten” handele (Ure S. 359, Fn. 2), sind diese Teile in der deutschen Übersetzung eigenartiger Weise weggelassen worden.
In diesem Zusammenhang gibt Thompson eine weitere treffende Charakterisierung von Ure: Er nennt ihn den „Richard Baxter von Cottonopolis“ (Thompson 1963, S. 362).
Vgl. Thompson 1963, S. 362.
Vgl. Thompson 1963, S. 364 f.
Thompson 1963, S. 366 ff.
Joshua Marsden, Sketches of the Early Life of a Sailor, ca. 1790.
Vgl. Bendix 1960, S. 101 f.
Bildung und moralisches Gefühl nehmen in den Fabriken täglich mehr zu als Früchte der Sonntagsschulen und anderer ähnlicher Einrichtungen,…“ (Ure 1835, S. 353).
Vgl. ausführlich dazu Ariès 19762; als ein Beispiel, wie man Erwachsenen Verhaltensregeln an die Hand gibt, diese Unterscheidung auch im Alltag wirksam werden zu lassen, s. z. B. Basedow (17933), Maßnahmen zur Unterscheidung von Kindern und Erwachsenen, in Rutschky 1977, S. 116 ff.).
Rutschky ( 1977, S. XL) warnt zu Recht vor der „konservativen Phantasie“ der Sozialität des Mittelalters, die Stück für Stück „zerstört” worden sei. Es ist ein gefährliches Mißverständnis, das später der Faschismus ausgiebig ausgebeutet hat, das Mittelalter als eine „heile Welt“ zu denken.
Sehr anschaulich dazu ist das Kapitel VII: Erziehung als Triebabwehr in: Rutschky 1977, S. 299 ff.
Ähnlich in den späteren,Philanthropinen’, der,Schule der Menschenfreundschaft’: wurde die körperliche Arbeit für die Kinder der,höheren Stände’ zum Teil als Strafe angesehen, so bildete sie für die Kinder des,großen Haufens’ einen wesentlichen Bestandteil ihrer Ausbildung. Für sie war im Tagesplan des Dessauer Philanthropins vorgesehen, daß sie von acht Stunden,sechs zur Leibesarbeit und zwei zur Schulzeit anwenden sollten’.“ (Monumenta Paedagogica 1970, S. 58).
Vgl. auch Monumenta Paedagogica 1970, S. 75.
Vgl. Koneffke in: Sextro 19682, S. XVIII f.
Koneffke charakterisiert die Aufgabe dieses Schultyps als das,,… Einüben der Beweglichkeit im Risikofeld, im Dispositionsspielraum künftiger Unternehmer.“ (Koneffke in: Campe 19692, S. LIX).
Im weiter entwickelten England schon seit Smiths „Untersuchung über den Wohlstand der Nationen“ (1776).
Dies vorausgesetzt, muß ich gern gestehen, daß ich keine andere Tugend kenne, welche ich unseren Tagen gepredigt und auf alle Weise befördert zu werden mehr verdiene als — Sparsamkeit, Fleiß, Industrie und wohlgeordneter Erwerbungstrieb“ (Campe 19692, I S. 4 ).
Mit dem traditionellen Normensystem ist unterm Begriff des,Fleißes’ die dem mittelalterlichem Denken verhaftete Lebensführung beschrieben: Privilegien aller Art, die Markt und Produktion regelten und schützten, waren auf das bescheidene, aber sichere Auskommen der korporierten Produzenten und ihrer Angehörigen abgestellt. Und eben die institutionell verbürgte Sicherheit begründete einen sehr wehrhaften Konservativismus, der das Gewohnte gegen die,Industrie zähe verteidigte. Die Gewohnheit scheint selbst dann noch verteidigt worden zu sein, als mit Privilegien und Korporationen ihre wirtschaftliche Sicherung schon zerbrochen war“ (Koneffke in: Sextro 19682, S. XXI).
Der weitblickende Bürger Sextro weiß natürlich auch, wo die Anstachelung zur Unzufriedenheit ihre Ende haben muß, nämlich wo die,,… Zufriedenheit mit dem Stande und der Arbeit…“ (Sextro 19682, S. 127) auf dem Spiele steht. Wir werden darauf noch zurückkommen.
Auf den folgenden Seiten schließt sich ein Beispiel an, wie man Menschen statt durch Verordnungen oder Drohungen mit solcherart Motivierung dazu bringen könnte, sich dem ungeliebten, für die kapitalistischen Verleger aber doch so notwendigen Flachsspinnen und -weben zu widmen.
Sextro 19682, S. 23 ff.; Campe 19692 I, S. 6 ff.
Vgl. auch Sextro 19682, S. 76 ff.
Genaue Disziplin, möglichste Stille und scharfe Subordination, Reinlichkeit und Accuratesse wird, auch mit Hülfe des Schulmeisters, durch allerley Mittel der Vorsicht und Klugheit, mit Güte und Strenge erhalten. Allgemeine Muße und Plauderey wird keinen Augenblick geduldet.“ (Sextro 19682, S. 79)
Vgl. Koneffke in: Sextro 19682, S. XXIII f. und in Campe 19692, S. LIX f.
Die Angst, die notwendige Erhöhung des Bildungsniveaus könnte aus dem Ruder laufen und systemsprengend wirken, bleibt und mündet in die Frage, wie nicht nur im jeweiligen Moment „… Wohlstand, Zufriedenheit, Gottvertrauen gehoben, sondern auch für die Zukunft allen gefahrdrohenden politischen und sozialen Umwälzungsversuchen durch Verstopfung der Quelle einer gegründeten Unzufriedenheit von vorn herein die Möglichkeit des Ausbruchs abgeschnitten werden könnte“ (Hunziker, zit. nach Monumenta Paedagogica 1970, S. 119). Und wo die Verstopfung solch einer Quelle nicht gelingt, da muß wenigstens die Unzufriedenheit lokalisiert und ihr Umwälzungspotential „berechnet” werden, wie wir bei den „Menschenbeobachtungen und Menschenkennern“ der INFAS-Studie lesen konnten (vgl. S. 30 ff.).
Die Berufung auf das allegemeine, das Interesse der Menschheit erweist sich im Fortgang der Geschichte als die Verschleierung des partikularen bürgerlichen Interesses am Vorteil der eigenen Klasse mit dem eingeschlossenen Interesse daran, daß den andern die Puppen bleiben.“ (Koneffke in: Campe 19692, S. XXXIV).
Wir werden unten sehen, wie sich ihm bald, gemäß dem Trend nach „Innen“ der „homo soziologicus” und der „homo psychologicus“ zugesellen.
Vgl. Koneffke in: Sextro 19682 und in: Campe 19692.
Vgl. Koneffke in: Sextro 19682, S. X und in: Campe 19692, S. LXI.
Siehe dort auch Fn. 76, S. 199 f. „Die Weltgeschichte bietet kein entsetzlicheres Schauspiel als den allmählichen, über Dezennien verschleppten, endlich 1838 besiegelten Untergang der englischen Handbaumwollweber. Viele von ihnen starben am Hungertod, viele vegetierten lange mit ihren Familien auf 2 1/2 d. täglich.“ (MEW 23, S. 454 )
Vgl. Rudé 1977, S. 34 ff., 162 ff.
Für 1663 ist der erste Maschinensturm belegt, für 1831 der letzte. (Rudé 1977, S. 67)
Rudé 1977, S. 67; Rühle 1971, S. 112.
McKendrick 1961, S. 52.
Rudé 1977, S. 73 ff.; Rühle 1971, S. 114 ff.
Rudé 1977, S. 64; Rühle 1971, S. 186; aufgehoben wurde dieses Verbot, mehr aus „Versehen“ 1821 (Rühle 1971, S. 191 ).
Vester 1970, S. 74.
Rudé 1977, S. 78.
Natürlich umfaßte die Palette der Mittel mehr als solche martialische Gewalt, sie konnte nach unten bis in die bekannte Subtilität abgestuft werden: In weniger zugespitzten Situationen begnügte man sich mit Deportation oder einfach mit Entlassungen. „Alle Arbeiter, die Verschwörungen anzetteln, oder ungesetzliche Verbindungen bilden, werden ohne Kündigung entlassen’, lautete noch 1833 eine Regel. Mehr verbreitet war jedoch die Aufstellung schwarzer Listen gegen solche Arbeiter, die die Ungnade ihrer Arbeitgeber erregten. Man hörte selbst in zeitgenössischen Klagen der Arbeiter wenig von ihnen, aber ihre Wichtigkeit sollte nicht unterschätzt werden: Mit zunehmender Machtfülle wird es in steigendem Maße offenbar, daß sie eine höchst wichtige Stütze dieses Schreckenregiments gewesen sind und in vielen Betrieben die Fabrikdisziplin aufrechterhalten halfen.“ (Pollard 1967, S. 172, vgl. Fitton/Wadsworth 1968, S. 238 f., s. auch oben S. 96 f.).
Vgl. Rudé 1977, S. 165 ff.; Rühle 1971, S. 197 ff.; Vester 1970, S. 334ff.; Köhler 1977, S. 45 f. und 189.
Vgl. Klingender 19762, S. 120 f.
Der Palast,,… war 554 Meter lang und 42 hoch. Der umbaute Raum betrug über eine Million Kubikmeter. Er bestand aus 2 300 gußeisernen Trägern im Gewicht von 3 500 Tonnen, 358 schmiedeeisernen Gerüsten im Gewicht von 550 Tonnen und 100000 Quadratmeter Glas.“ (Klingender 19762, S. 141).
Klingender illustriert das noch an folgendem Detail: „Ihre Arbeitsweise war so sorgfältig berechnet und das ganze Vorhaben so ausgezeichnet organisiert, daß in einer einzigen Woche achtzig Mann nicht weniger als 18000 Glasscheiben einsetzen konnten.“ (Klingender 19762, S. 141)
Vor 1830 gab es jedoch keine ernsthafte Diskussion über die Methoden, diese Disziplin aufrechtzuerhalten.“ (Pollard 1967, S. 173)
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Meyer, WH. (1982). Ideologische Absicherung und Gegenwehr. In: Arbeitszufriedenheit. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 53. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88641-5_8
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